Einmal selbst DeLorean fahren!
Der DeLorean DMC-12 ist eines der mysteriösesten Autos der Gegenwart, und das nicht erst seit „Zurück in die Zukunft“. Im Straßenbild der Republik sieht man ihn so gut wie nie. Seine tragische Geschichte und sein Mythos sind schon viel zu oft erzählt worden, erwecken aber immer wieder den Wunsch, irgendwann einmal diesen Edelstahl-Exoten zu fahren. Ich habe das einfach mal gemacht. Kommt ihr mit?
Ja, der ist echt.
Drinsitzen. Ein- und Ausatmen mit etwas ungläubigem Blick auf die Instrumente vor mir, das ist tatsächlich ein DeLorean. Das Gefühl lässt sich mit dem vergleichen, was man hat, wenn man seine alte Jugendliebe wiedertrifft. Ganz aufgeregt, nervös, nicht so recht wissend was einen da eigentlich erwartet. Damals war man verliebt. Mehr als 30 Jahre nach dem Film, in dem er zum Kultauto wurde sitze ich endlich in einem DMC-12.
Die Geschichte um den ehemaligen GM-Manager, seine Konflikte mit dem Gesetz und seine Privatinsolvenz 1999 sind schon 100fach erzählt worden. Die über das eigentliche Auto und was es mit einem macht noch nicht, und wenn man irgendwann mal etwas darüber gehört oder gelesen hat verdampft es gleich wieder im Äther der Legenden – denn mal ehrlich, wer hat schon mal einen DMC-12 außer auf einem dieser Treffen, wo man nix anfassen darf, live gesehen oder bekam gar die Gelegenheit, ihm näher zu kommen? Parallel dazu könnt ihr HIER *klick* mal schauen was der Keil (oder jedes beliebige andere klassische Auto) beim Oldtimerspezialversicherer Hiscox in der Versicherung kosten würde.
Ein wenig Geschichtsunterricht
John Zachary DeLorean kündigt 1972 seinen gut bezahlten Job im GM Vorstand und beschließt, mit seiner eigenen Motor Company ein „ethisches“ Auto in Eigenregie zu bauen. Gemeinsam mit dem ehemaligen Pontiac-Ingenieur Bill Collins konzipiert er das „DeLorean Safety Vehicle“, die Karosserie lässt er 1975 von Giorgetto Giugiaro entwerfen. Der erste Prototyp ist 1977 fertig und mit vielen Sicherheitsaspekten bestückt – sogar Airbags sind drin. Aber der schlappe 102PS Motor vom Citroen CX erweist sich als ungeeignet und Ford lehnt eine Kooperation aus Angst vor Konkurrenz ab.
Der zweite Prototyp bekommt daher den 2,8 Liter V6-Motor von Peugeot/Renault/Volvo, der aber wegen seiner Klobigkeit aus dem ursprünglichen Mittelmotor-Konzept bricht und den Wagen in einen Hecktriebler mit dem PRV-Motor auf der Hinterachse verwandelt. DeLorean ist ungehalten und gibt sich, unter dem Druck der Investoren, nun noch zwei Jahre, um das Fahrzeug zur Serienreife zu bekommen.
Lotus sagt zu und lässt 1977-1978 zeitweise über 200 Mitarbeiter gleichzeitig an dem Projekt arbeiten. Aus Termingründen setzt man man die edelstahlbeplankte Kunststoffkarosserie auf ein an den Lotus Esprit angelehntes Fahrwerk und lässt den V6 tief im Heck. Obwohl die Zeit zu knapp für ausreichende Testfahrten und eine saubere Fehlerbeseitigung ist, gibt DeLorean 1979 den Startschuss für die Serienproduktion im irischen Dunmurry. In der dort mit Steuergeldern in einem Förderprojekt neu gebauten Fabrik beginnen hoffnungsvolle Arbeiter, das „ethische Auto“ zu bauen.
Das Interesse der Öffentlichkeit an dem immerhin 200km/h schnellen Edelstahlkeil ist zunächst sehr groß, die Bücher sind mit 20.000 Vorbestellungen gefüllt – obwohl der Wagen schon jetzt doppelt so teuer geworden ist wie anfangs mit 12.000 Dollar geplant (daher kommt die Modellbezeichnung DMC-12). Dramatische Fertigungstoleranzen bei den tragenden Glasfaserwannen machen eine manuelle und aufwändige Korrektur der Edelstahlplanken notwendig. Neben vielen zu spät erkannten Kinderkrankheiten zicken vor allem die Flügeltüren rum. Parallel entbrennt die größte Absatzkrise der Automobilindustrie nach dem zweiten Weltkrieg, und der Hauptabsatzmarkt in den USA bricht Anfang der 80er auf die Hälfte zusammen. DeLorean produziert auf Halde in der Hoffnung, die Krise überstehen zu können, doch dem jungen Unternehmen fehlt das nötige Rücklagekapital. Am 20. Oktober 1982, nach nur zwei Jahren und rund 9000 Fahrzeugen, endet die Reise in eine glorreiche Zukunft und die DeLorean Motor Company wird unter Konkursverwaltung gesetzt. Kreide weglegen, Tafel wischen, setzen. Danke.
Es ist ein DeLorean!
Um mich herum sieht alles ein wenig aus wie in einem mit Leder bezogenen Ford Escort, nur flacher und breiter. Wäre es kein DeLorean, man könnte das Interieur als „schlimme 80er“ verbuchen. Aber komisch, die Geschichte des Autos, der Film und seine sagenhafte Form lassen über Vieles hinwegsehen. Auch über die Kopffreiheit. Als 1.90 großer Norddeutscher muss ich die Sitzlehne noch ein wenig kippen und liege nun fast in dem Auto – jetzt fühlt es sich irgendwie gut an.
Ehrfürchtig drehe ich den Schlüssel, und der Sechszylinder erwacht zum Leben. Und klingt doch ganz cool, ich weiß gar nicht was die immer alle haben? Die erste Aufgabe heißt „rückwärts aus der Halle raus“, was wegen der nicht vorhandenen Sicht nach hinten gar nicht so einfach ist. Fenster? Nach Betätigung des knubbeligen Kippschalters auf der Mittelkonsole sirrt neben mir dieses kleine, rund 10cm hohe Fensterchen im Fenster runter. Mehr ging damals aus Stabilitätsgründen nicht, die Scheibe ist mit der Tür verklebt. Ich zirkel nach den Rückspiegeln aus der Halle.
Mit Edelstahl im Erzgebirge
Kuppeln, ersten Gang reindrücken und los geht’s. Der Weg führt durch das kurvenreiche Erzgebirge, das Ziel ist eine alte Bob-Bahn. Einmal auf den Lichtschalter drücken: Standlicht an. Nochmal auf den Lichtschalter drücken: Abblendlicht an. Im Nacken, direkt hinter dem Kopf brüllt der Motor seine Zündfolge. Man fährt straff gefedert und unfassbar tief auf der Straße liegend vorwärts, mit einem Blick durch die flache Scheibe wie durch Scheuklappen.
Ein DeLorean! Nach wenigen Kilometern habe ich mich an Schaltung und Kupplung gewöhnt und fahre den Keil agil durch die bewaldeten Bundesstraßen. Sechs analoge Zeigerinstrumente geben übersichtlich Auskunft über alle Befindlichkeiten. Der Tacho geht nur bis 85 Meilen, absurd, das sind gerade mal 140 Km/h. Das ist damals auch schon den Testern aufgefallen. Aber so schnell will ich heute sowieso nicht fahren.
Ein 80er Jahre Kunstwerk
Der große Motor unter der lamellierten Heckklappe sieht wunderschön aus, auch ohne Fluxkompensator und ähnlichem Humbug. Zwei Zylinderbänke, jede Menge Metall und Schläuche und unten kann man immer noch die Straße sehen.
Viel Platz für Gepäck ist vorn nicht, man fühlt sich wie mit einem sehr kantigen VW Käfer. Die 80er blitzen bei diesem Wagen aus jeder einzelnen Ecke, seien es die schwarzen Zierstreifen an den Flanken, die knubbeligen Plastikverkleidungen oder die Rücklichter, die sofort Assoziationen an Rubick’s Zauberwürfel aufpoppen lassen.
Aus heutiger Sicht KANN man diesem Auto gar nichts übel nehmen. Schon gar nicht, wenn es sich so gut fährt wie dieses Exemplar. Irgendwie, ich kann das nicht objektiv erklären, bezaubert der DeLorean. Es wird wohl seine Geschichte sein, und sie bezaubert kollektiv und nachhaltig. Kaum hat man sich an das Auto gewöhnt und fährt so vor sich hin fallen einem die Menschen am Straßenrand auf. Sie gucken mit großen Augen, zeigen auf den unlackierten Keil und blicken ihm mit offenem Mund nach.
Mit Blick in die Zukunft
Noch exotischer geht es kaum, aber selbst wenn ihr ein klassisches, aber weitestgehend bodenständiges Auto habt – schaut euch mal die Spezialtarife von Hiscox an. Vorausblickend in die Zukunft könnt ihr auch direkt schauen, was euer Fahrzeug euch im Jahr kosten würde. Den Versicherungsbeitrag für eine Hiscox Classic Cars Versicherung kann man vorher unkompliziert erfragen. Als ich nach über drei Stunden die Flügeltür wieder hochgleiten lasse bin ich ein anderer Mensch. Dieses Auto für sich genommen ist eine fahrbare Legende. Ein Groschengrab für Unwissende und ein bekennender Ersatzteil-Exot. Aber es ist ein Auto, es rollt, es riecht und es klingt. Und das alles gar nicht mal so schlecht. Schade, dass der Sports Almanach auf dem Beifahrersitz nur bis ins Jahr 2000 geht und Martys Landung in der „Zukunft“ inzwischen auch schon wieder fünf Jahre her ist…..
Sandmann
DeLorean DMC-12
Baujahr: 1981
Motor: 174 CID Engine / V6
Hubraum: 2849 ccm (174 cui)
Leistung: 97 kW (132 PS) bei 5500/min
Max. Drehmoment: 220 Nm bei 2750/min
Getriebe: 5-Gang-Schaltung
Antrieb: Hinterradantrieb
Länge/Breite/Höhe: 4216/1857/1140 mm
Leergewicht: 1268 kg
Beschleunigung: 0-100 in 11,0 Sek.
Top Speed: 198 km/h
Wert: 48.000,- EUR
Nochmal danke ans V8-Werk