
Porsche 356 A 1600 GT/GS Carrera Speedster
Es ist kompliziert
Wie viele Derivate es vom Porsche 911 aktuell gibt, das weiss wohl nicht einmal die gewiefte Porsche-Verkäuferin im entsprechenden Zentrum. Aber das hat ja Tradition bei den Stuttgartern, schon beim Ur-356 wurde es bald einmal unübersichtlich, Coupé, Cabriolet, ab 1954 der Speedster, dazu die unterschiedlichen Motorisierungen. Beim 356 A wurde es dann ab 1955 noch verwirrender, es gab teilweise fünf Karosserie-Varianten, dazu fünf Motorisierungen – und das alles dann selbstverständlich noch mit den Sport-Versionen. Denkbar waren so ziemlich alle Kombinationen, doch hier soll es die wahrscheinlich seltenste gehen. Zuerst einmal: Speedster, davon wurden beim 356 A immerhin 2910 Exemplare gebaut. Davon waren zwischen 1955 bis 1959 gerade einmal 151 als Speedster Carrera ausgeliefert. 90 davon kamen als GS/GT (das erklären wir gleich noch), wahrscheinlich nur gerade davon 56 erhielten auch noch einen «Leichtbau» mit diversen Alu-Teilen. 1959, im letzten Jahr dieser Porsche 356 A 1600 GT/GS Carrera Speedster, wurden anscheinend nur gerade 14 Stück gebaut.


Für Vortrieb sorgten bei den Carrera die berühmten Fuhrmann-Motoren (Typ 547), vier Zylinder, vier obenliegende Nockenwellen, vier Königswellen, Doppelzündung. Das begann mit 1,5 Liter Hubraum und 100 PS, aber es ging zusätzlich und über die Jahre schön in Fünfer-Schritten nach oben, 105, 110, 115 PS, dann gab es 1,6 Liter Hubraum und in den schärfsten Varianten bis zu 135 PS. Das Problem war so ein bisschen: Die Maschine war so richtig teuer schon in der Herstellung – und dann nicht besonders zuverlässig. Sie waren zwar wahnsinnig schnell, aber auch wahnsinnig schnell auch kaputt. Auch da wiederholt sich aktuell die Geschichte bei den gröbsten Varianten des 911er.








Beim Fahrzeug, das wir hier zeigen, einem von eben diesen 14, haben wir auch mal wieder eine dieser unheilvollen Porsche-Geschichten. Erster Käufer des Porsche 356 A 1600 GT/GS Carrera Speedster war ein gewisser William Lindner, Leutnant der US Army, 1959 stationiert in Deutschland. Chassis-Nummer 84939 wurde über Glöckler in Frankfurt im Mai 1959 ausgeliefert, Silber mit schwarzem Interieur. Lindner fuhr ein paar Rennen, hatte dann aber einen Unfall – im Kardex findet sich sich Bemerkung «Ersatzkarosse». Dabei soll es sich um ein Coupé gehandelt haben. Lindner, so glaubt man, reparierte aber den Speedster und verkaufte ihn weiter; die «Ersatzkarosse» kam wahrscheinlich auf ein anderes Auto. Dann, tja, genau dann gibt es ein tiefes Loch in der Geschichte, denn erst 1982 taucht #84939 wieder auf. Und kommt 1983 in die Hände des damaligen Präsidenten des Ferrari Club of America, Fred Leydorf. Die Restauration wird ein ewiges Projekt, es kommt irgendwann ein unnummerierter Typ-692/3-Motor in den Speedster, er wird auch in einer Ferrari-Farbe lackiert, Rosso Chiaro – und bei Gooding & Co. auf Amelia Island 2025 versteigert. Erwartet werden 900’000 bis 1’200’000 Dollar.




Schreiben wir es einmal so: Für einen Porsche 356 ist das richtig viel Geld. Für einen Porsche 356 in der falschen Farbe und ohne den originalen Motor ist das – tja. Für einen Porsche 356 mit einem ganz tiefen Loch in der Geschichte wäre es vielleicht noch wichtig, wenn Porsche, die Klassik-Abteilung dazu etwas etwas mitzuteilen hätte. Aber das vermeidet man in Stuttgart konsequent, leider. Für Vertrauen sorgt das nicht, siehe zum Beispiel: R7, S/T. Aber wir haben auch «gute» Porsche in unserem Archiv.
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