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Fiat Dino 2400 Coupé

Published in radical-mag.com

Lese(r)vergnügen (1)

Eine gute Idee, zugetragen von unserem Leser Christian Pachernigg: Leser beschreiben ihre Automobile. Er macht hier auch gleich – und sehr ausführlich – den Anfang. Falls Sie auch mittun wollen, melden Sie sich doch einfach bei ruch@pruductions.ch.

Ich möchte hier einen Fahrbericht schreiben, der den Leser wirklich den Dino „erleben“ lässt. Es soll nicht das übliche „nachschreiben“ von alten Testberichten sein, aber auch nicht eine Aufzählung von technischen Daten. Die technischen Daten sind heute, im Jahr 2020, im Vergleich zu zeitgenössischen Autos ja eher unspektakulär und jeder halbwegs motorisierte Kleinwagen erreicht heute Fahrleistungen, die besser sind. Aber darum geht es nicht. Es geht um das fühlen mit allen Sinnen, wenn man mit so einem „alten“ Auto fährt. Wenn man so auf das Auto zugeht, fällt einem auf, wie niedrig, grazil und fast klein es ist. Steht ein heute aktuelles Auto (z.B. VW Golf) daneben, dann wirkt der Dino fast wie ein Kleinwagen. Trotzdem „steht“ die Karosserie auf doch eher breiten (205mm) und grossen Reifen, obwohl die Felgen nur 14 Zoll Durchmesser haben. Für heutige Gewohnheiten aber eher klein. Der Eindruck wird eben durch die schmalen Posten, die das Dach tragen, die grossen Glasflächen und die schlanke Karosserie unterhalb der Fensterlinie geprägt. Geht man um das Auto herum, von schräg Vorne an den Seiten entlang, dann ändert sich der Eindruck immer wieder – das Auto erscheint mal kräftiger, mal „weicher“, mal aggressiver im Aussehen und in der Wirkung.

Man entdeckt auch viele Details, die heutigen Autos komplett fehlen und die aber bei der Dino – Karosserie gezielt zur Gestaltung eingesetzt wurden. Ich möchte hier nur ein paar Beispiele aufzeigen. Jeder, der die Gelegenheit hat, so ein Auto näher und länger anzusehen, sollte die Zeit nutzen, um auf „optische Entdeckungsreise“ zu gehen. Da wäre also die obere, vordere Motorhaubenkante. Sie ist so gestaltet, dass Sie die oberen Ränder der Doppelscheinwerfer schneidet und so den heute beliebten „bösen Blick“ des Gesichts entstehen lässt. Die Kante steht auch etwas über den Kühlergrill, um so ein wenig wie ein Haifischmaul anzumuten. Als nächstes fällt die geneigte und gleichzeitig im Grundriss gebogene Windschutzscheibe auf. Ein beliebtes Stilmittel der 1960er Jahre, und es soll so die Aerodynamik des Autos betont werden, obwohl der Dino nie einen Windkanal von innen gesehen hat. Ein weiteres Stilmittel ist die geschwungene Seitenlinie unterhalb der Seitenfenster, die dem Auto etwas von der Aggressivität nimmt und das Auto „weicher“ in den Formen erscheinen lässt, aber gleichzeitig die hinteren Kotflügel betont. Die seitlich weit herumgezogene, hintere Stossstange soll die Dynamik der Seitenlinie unterstreichen und das tut sie auch. Natürlich sind auch ein paar 1960er Attribute nicht zu übersehen, wie eine Dachrinne, Ausstellfenster in den Glasflächen der Türen und richtig ausgeformte Türgriffe – also Griffe im wahrsten Sinne des Wortes. Den meisten Menschen gefällt die äussere Form des Dino ganz gut (nach den Bekundungen zu schliessen). Im Vergleich zu heutigen Sportwagen, Coupé oder GT zeigt er aber eine Eleganz und Zurückhaltung, die so „stark“ ist, dass sie schon wieder auffällig ist.

An dieser Stelle öffnen wir jetzt die Fahrertür, am wie schon beschriebenen, gut sichtbaren Türgriff, indem wir einen Druckknopf mit dem Daumen kräftig drücken müssen. Kräftig drücken, weil es keine elektrische Fernbedienung zur Öffnung gibt, sondern mit dem Druckknopf muss ein mechanisches Gestänge betätigt werden. Die Türe schwingt weit auf und präsentiert den Innenraum – präsentieren im wahrsten Sinn des Wortes. Was einem jetzt als erstes auffällt, ist schwer zu sagen. Das hölzerne Lenkrad, der breite, an ein modernes Auto erinnernde Mitteltunnel, die Helligkeit durch die grossen Glasflächen oder das hölzerne Armaturenbrett. Die Innenanmutung ist von den Farben und Materialien so anders wie wir es heute gewohnt sind. Je nach Version der Aussenfarbe hat der Karosseriebauer Bertone damals den Innenraum auch farblich, sagen wir, speziell ausgestaltet. Natürlich wurde damals auch schon Plastik, Kunststoff und Kunstleder verwendet. Die ganze Anmutung ist aber nicht so wie heute, wo ein Innenraum fast gänzlich schwarz, grau oder beige ist. Mein Dino hat z .B. sandfarbene Sitzbezüge, Seitenteile der Türen und Konsolen und einen orangenen Fussbodenteppich, auf dem schwarze kleine Textilmatten im Fussbereich liegen. Die Oberfläche des Armaturenbretts und der Mittelkonsole ist mattschwarz.

Wir setzten uns. Ui, dass Gestühl ist aber ganz schön tief angebracht – fast wie bei heutigen Autos. Und der Sitz ist ganz schön hart. Also eher nicht so flauschig wie bei einem zeitgenössischem Mercedes oder Opel Kapitän. Also auch eher moderner als erwartet. Allerdings sind die Sitze keine solchen gepolsterten Schraubstöcke wie heute – seitliche, hochgezogene Sitzwangen für den Seitenhalt gibt es nicht. Hab ich schon was zum Geruch gesagt? Nein! Dann also ein kurzer Eindruck hierzu. Es riecht nicht nach Plastik, sondern nach einem Gemisch aus Benzin, Öl und altem Polsterstoff. Die Polster riechen wie früher eine alte Couch gerochen hat. Aber der Geruch stört eigentlich nicht, vielmehr lässt er die unvorbelasteten Mitfahrer ein wenig mit der Nase rümpfen, und gleichzeitig entsteht so eine Vorahnung, auf das was da bei der Fahrt dann auf einen zukommt. Gleiten wir mit den Augen über die Instrumente vor uns. Alle Instrumente sind mit weissen Zeigern ausgestattet, der Hintergrund ist Mattschwarz, Die Zeiger des Tacho und des Drehzahlmessers sind Pfeilen nachempfunden – richtigen klassischen Pfeilen mit Spitze und Schwanz. Die restlichen Zeiger sind gerade Balken. Die Schalter sind schwarz und als Kippschalter ausgeführt. Sie haben grosse, weisse eingravierte Symbole auf der Oberfläche, die fast selbsterklärend sind. Nur der Schalthebel sieht aus wie in einem zeitgenössischen Sportwagen. Der Schaft ist verchromt, mit einer schwarzen runden Kugel als Abschluss. Unten steckt er in einem schwarzen Kunstledersack. Das in die Kugel eingravierte Schaltschema ist auch eher ungewöhnlich. Der 1. Gang ist hinten links angeordnet. Hier muss man bei der Probefahrt ein wenig aufpassen, denn sonst hat man zum Anfahren einen falschen Gang eingelegt.

Jetzt bringen wir uns in Position. Unter dem Sitz ist ein Hebel, der die Arretierung für das Vor- und zurückschieben des Sitzes entriegelt. Seitlich, aussen befindet sich ein Drehknopf für die Verstellung der Rückenlehne – das war`s. Die Möglichkeiten der Sitzverstellung und Einstellung heute – na lassen wir das. Wenn man etwa 1,80m gross ist, kann man sich aber gut einrichten. Das Lenkrad steht etwas flach und, nein, es kann nicht verstellt oder eingestellt werden. Nun gut, man findet eine Sitzposition. Ach ja, mein Auto hat statische Sicherheitsgurten – besser als nix, ist aber beim Anlegen immer so ein Gefummel. Innenspiegel eingestellt, Aussenspiegel machen wir auch händisch, wenn sich der Motor warmläuft. Jetzt geht’s ans Starten. Auch hier ist die Technik anno 1970 zu berücksichtigen. Wir haben sechs Zylinder, die mittels drei Doppelvergasern gefüttert werden. Also jeder Zylinder hat seinen eigenen Vergaser! Damit aber das Paket noch runder wird, gibt es eine elektrische Benzinpumpe und eine elektronische Zündanlage. Unter dem Armaturenbrett zur Mittelkonsole hin rechts vom Lenkrad gibt es noch zwei spezielle Hebelchen. Einer ist der sogenannte Handgashebel und der andere Hebel ist für den Choke. Richtig, zum Vergaser „würgen“. Diese Hilfsmittel wollen nun richtig bedient werden. Gehen wir davon aus, dass der Dino „kalt“ ist, es aber trotzdem Sommer ist. Den Chokehebel brauchen wir unter diesen Umständen nicht zu ziehen, so wie es in der Betriebsanleitung steht. Er wird auch ohne „würgen“ anspringen. Den Hinweis aus der Betriebsanleitung, den Schalthebel in die Leerlaufposition zu bringen, beherzigen wir aber doch! Also treten wir die Kupplung, die sich nur Anfangs etwas schwer treten lässt, und nehmen den Gang heraus. Bremse und Kupplungspedal erneut treten und jetzt drehen wir den Zündschlüssel bis zur ersten Rastung und hören die Benzinpumpe anlaufen, die elektronische Zündanlage macht sich mit einem hohen Summton bemerkbar. Ebenso leuchten die Kontrolllampen für Öl und Batterie. Wenn das Pumpengeräuch (der Benzinpumpe) aus dem Fahrzeugheck leiser wird oder der Takt langsamer, so ist das das Zeichen, dass die Schwimmerkammern der Vergaser gefüllt sind. Jetzt treten wir dreimal das Gaspedal durch, um Sprit in die Ansaugtrichter der Zylinder zu bekommen. Dann drehen wir den Zündschlüssel in die Startstellung und tippen dabei das Gaspedal leicht an – und ja, er startet.

Jetzt aber ist der Fahrer, der heutige Autos gewohnt ist, voll gefordert. Das Motorgeräusch ist viel lauter als bei heutigen Autos, der Lauf ganz am Anfang ist extrem unruhig, man hat den Eindruck, dass noch nicht alle Zylinder „zum Dienst“ erschienen sind und man tut gut daran, mit dem Gaspedal ein wenig „zu spielen“, um den Motor zum geregelten Lauf zu animieren. Manchmal stirbt er auch trotz aller Spielerei und Kunst gleich wieder ab. Macht nix, beim zweiten Startversuch geht es dann besser, allerdings ohne vorheriges „pumpen“. Es ist also nicht so wie heute, rein, Schlüssel umdrehen und losfahren. Wenn der Motor jetzt läuft, merken wir das auch durch die Zuckungen der Zeiger der Instrumente. Denn die Instrumente zeigen quasi das Leben des Motors. Zuerst geht der Blick zum Öldruckmesser, der schon einmal zucken und bei kaltem Öl auch im Leerlauf etwa 5 bis 6 mWS anzeigen soll. Was? mWS, was soll das sein? Ja, das ist die alte Bezeichnung für den Druck, heute angegeben in bar – früher Meter-Wassersäule. Weiter schweift der Blick zum Drehzahlmesser, der jetzt etwa zwischen 800 und 1000 U/min anzeigt. Die Thermometer für Wasser- und Öltemperatur stehen jetzt auf Minimum und werden erst während der Fahrt wichtig. Die Kontrolllampen für Batterie und Öldruck sind erloschen. Noch ein „Schmankerl“ gibt es im Dino. Wenn der Öldruck nicht mehr vorhanden ist, weil der Motor nicht mehr läuft, wird auch automatisch die elektrische Benzinpumpe abgeschaltet. Für das Baujahr eine sehr fortschrittliche Lösung.

Wenn der Motor also so läuft, können wir per Hand den Innen- und Aussenrückspiegel noch einmal richten und den Gurt anlegen. Kupplung treten (geht nicht so schwer wie immer geschrieben wird), Gang einlegen und beim Anfahren Gas geben. Alles das, obwohl das Auto alt ist: bitte mit Gefühl. Apropos Gang einlegen – der erste Gang liegt, wie schon oben angemerkt, links hinten. Und es schadet nicht, vor dem Losfahren im Getriebe alle Gänge bei getretener Kupplung einmal einzulegen und so im Getriebe ein „wenig umzurühren“. Ein grosses Problem stellt also das Fahren erst einmal nicht dar. Nun kommt, was ja kommen muss, entweder man muss lenken oder in den zweiten Gang schalten. Bei beiden Tätigkeiten wird einem wieder das Alter des Fahrzeugs bewusst. Die Lenkung ist schwergängig – im Stand kann man nur lenken, wenn man entweder einen sehr gut trainierten Bizeps hat oder sich das Fahrzeug bewegt. Aber keine Angst, wenn der Dino fährt und vor allem wenn er schnell fährt, ist die Lenkung normal leichtgängig, wie die eines modernen Autos. Hatte ich schon erwähnt, dass es keine elektrische oder Servounterstützung der Lenkung gibt? Nein, aber jetzt wissen Sie es. Ähnlich verhält es sich mit dem Getriebe. Sie müssen den Gangwechsel schon wollen und Sie dürfen nicht wie bei modernen Autos erwarten, dass die Gänge nur so „hineinflutschen“. Oh nein, der Hebel will mit kräftiger Hand genau in der Schaltgasse geführt werden – hier „arbeitet“ schliesslich ein deutsches Getriebe der Firma ZF und hier gilt nicht italienische Lässigkeit, sondern teutonische Strenge. Wenn man es mit Lässigkeit versucht bringt man bei kaltem Getriebeöl den Gang nicht hinein, so einfach ist das.

Haben wir uns an das Schaltschema, die Geräuschkulisse und die sehr gute Übersichtlichkeit ein wenig gewöhnt, so müssen wir jetzt aufpassen, dass wir den Motor behutsam warm fahren. Dazu hilft uns der Drehzahlmesser und das Ölthermometer. Wir schalten bei 3000 U/min in den nächsthöheren Gang und versuchen mit diesen 3000 Umdrehungen die 12 Liter Motoröl „gemütlich“ anzuwärmen. Ach ja, 3000 U/Min bedeuten im 5. Gang etwa 80 bis 90 „Sachen“ Das dauert je nach Aussentemperatur unterschiedlich lange, ist aber für die vier oben liegenden Nockenwellen eminent wichtig! Wer`s nicht erwarten kann, hat bald eine gepfefferte Rechnung für neue Nockenwellen inkl. Steuerungseinstellung zu bezahlen – also immer schön sachte mit den Pferden. Da sind wir schon beim Thema. Jeder Motor hat „Pferdchen“, aber hier arbeiten keine Ackergäule, sondern die kleinen Schwarzen auf gelben Hintergrund und auch wenn 180 davon auf dem Papier heute eher „wenig“ sind, sie haben trotzdem genug „Bums“ – glauben Sie es mir. Unser Blick schweift nun vom Drehzahlmesser über den Öldruckmesser, die Öltemperatur und die Kühlwassertemperatur und wieder zurück zur Strasse, dann wieder über die Tankanzeige zum Drehzahlmesser und so weiter und so fort bis, bis sich der Zeiger der Öltemperatur aus dem blau hinterlegten Feld herausbewegt Richtung 100 Grad Celsius. Haben wir schon gebremst? Vielleicht, aber die Bremse ist unspektakulär und ist fast genauso wie wir sie von modernen Autos kennen, mit der Ausnahme, dass es kein ABS gibt. Dafür aber 4 innenbelüftete Scheiben, die dank Vakuumunterstützung sehr gut wirken. Das Fahrwerk ist ebenso wie die Bremse fast wie in einem modernen Auto. Zwar wird nicht alles so weg gedämpft wie heute üblich, aber von der Fahrdynamik her muss es 1970 schon ein sehr gutes Fahrwerk gewesen sein – ein verdammt gutes. Denn man fährt auf einer Landstrasse auch heute locker mit. Auch mit viel stärker motorisierten Autos. Zwar „spürt“ man die Strasse mit dem „Popometer“, man muss aber nicht Walter heissen, um den Dino auch einmal schnell durch ein Kurvengeschlängel zu bringen. Die grösste positive Überraschung des Dino Coupé dürfte das Fahrwerk mit der fast gleichmässigen Achslastverteilung (52% vorne, 48% hinten – unbeladen) sein.

Der Motor ist jetzt also warm, der Fahrer hat sich ein wenig an das Fahrzeug gewöhnt und jetzt bleibt nur zu hoffen, dass wir ein Stück freie Landstrasse finden, um das Auto richtig geniessen zu können. Klar, wir könnten auch auf die Autobahn fahren, aber das ist eher langweilig, weil auch dort „schwimmt“ der Dino locker mit. Dem Eigentümer treibt es aber auf der Autobahn immer abwechselnd den Zorn oder die Angst ist Gesicht ob der Verhältnisse und dem Verhalten vieler Autofahrer auf der „German Autobahn“. Ausserdem macht Kolonnenfahren, Stop-and-Go und LKW-Rennen auch mit einem modernen Auto keinen Spass und mit einem Oldie erst recht nicht – obwohl, alles schon probiert, der Dino lässt auch das über sich „ergehen“. Also doch lieber Landstrasse, mit Kurven, mit vielen Kurven. Ja, das ist gleich was ganz was anderes. Es kommt dann mit zunehmenden Kilometern immer mehr Vertrauen in das Auto auf. Schön zu beobachten ist, wie das Fahrzeug sich ganz leicht entweder mit dem Lenkrad oder dem Gaspedal lenken lässt. Je länger man fährt, umso mutiger wird man und erst jetzt merkt man, wie „modern“ das Fahrwerk ist – und wie so mancher Zeitgenosse in seinem hochmodernen Auto trotz vieler Mehr-PS nicht überholen kann, so zügig kommt der Dino „aus der Ecke“. Auch Überholen auf der Landstrasse ist kein Hexenwerk. Hat man eine grosszügige Überholstrecke zur Verfügung, reicht es auch im 5. Gang, einfach das Gaspedal soweit durchzudrücken, bis der für den Überholvorgang notwendige Geschwindigkeitsüberschuss hergestellt ist. Oder, man möchte „Grande Opera“ und schaltet zurück, kommt damit in Drehzahlbereiche, die den Motor dann schon eher so kreischen lassen, wie man das von Autorennen gewohnt ist. Nie werde ich die Besatzung eines Audi TT Cabrios vergessen, die ganz erschreckt die Köpfe nach links gerissen haben, als ich sie überholt habe – die dachten, jetzt landet ein Düsenjäger neben ihnen. Oder den Porsche 911 Cabriofahrer, der nach einiger Zeit auf der Landstrasse rechts rangefahren ist und mich vorbeigelassen hat, weil er merkte, dass ich mit dem Dino auf der Landstrasse einfach schneller fahren konnte – ein paar Monate später trafen wir uns zufällig in der gleichen Autowerkstatt und kamen ins Gespräch. Sein 911er ist aber wohlgemerkt 20 Jahre jünger und hat sicher mehr PS, aber er meinte, dass, als er hinter mir herfuhr, bei mir alles so leicht wirkte und er konnte oder wollte wirklich nicht schneller fahren. Genug der Anekdoten. Jetzt fahren wir zu einem Cafè, um dort denselben zu uns zu nehmen. Auto parken, Motor abstellen, aussteigen, kurz innehalten, puh, der Dino knistert und riecht nach einem Öl/Benzin/Gummigemisch wie ein Rennwagen. Na, gut, wird schon auskühlen. Mit der Kühlung des Motors gibt es kein Problem, auch nicht im Jahrhundert-Sommer 2018 – keine erhöhte Temperatur. Dagegen leiden im Sommer die Fahrgäste schon eher am Hitzestau. Solange man mit mindestens 70 km/h unterwegs ist und „alle Löcher“ offen hat, geht es. Aber wehe, man steht irgendwo. Da klettert das Thermometer dann schon ganz schnell. Er hat eben keine Klimaanlage! Gut, jetzt aber der Kaffee – möglichst schwarz oder doch eher ein Eiskaffee? Ein bisschen hinsetzten und die Szenerie vor dem Cafè beobachten. Der Dino „zieht“ die Passanten an, das ist ganz klar zu sehen. Fast jeder schaut hin oder macht sogar einen Abstecher zum Auto! Die Form ist also tatsächlich ein „Augenschmeichler“.

So, der Kaffee ist intus, und jetzt geht’s aber weiter. Rein in den Boliden und Achtung, jetzt, bei warmen Motor ist das Startprozedere aber etwas anders. Jetzt muss das Gaspedal ganz durchgetreten werden und dann wird der Zündschlüssel sofort in die Anlassposition gedreht – sonst springt er nicht an. Dann „kommt“ er aber auch und den Leuten vor und im Cafè ist jetzt klar, dass dieses vorher bewunderte Auto gestartet wurde – manch einer ist wohl auch erschrocken. Wie sagte einmal ein Mitfahrer zu mir nach dieser „Startvorstellung“: „Frisst der kleine Kinder zum Frühstück?“ Na, ganz so schlimm ist der Dino nicht. Jetzt fahren wir noch ein bisschen, freuen uns wieder über die gute Strassenlage und nähern uns der heimischen Garage. Es überkommt mich dann immer ein bisschen Traurigkeit – der Gedanke an das moderne, nüchterne und alles „verschluckende“ Auto, in das ich dann wieder steigen werde statt des Dino. Wenn er so knisternd vor Wärme in der Garage steht, kann ich nicht umhin, um mir noch eine „Nase voll Rennatmosphäre“ zu inhalieren. Schön war`s – ich bin schon jetzt wieder „heiss“ auf die nächste Fahrt. Tor zu, Schluss für heute.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu Wartung, Unterhalt und Gebrauch. Ja wieso zum Gebrauch? Der Dino ist kein Auto, um am Sonntag damit zum Bäcker „um`s Eck“ zu fahren, um Semmeln zu holen. Auch wenn man dort Aufsehen erregt, wird er diese Kurztrips nicht lange ohne Schäden mitmachen, siehe oben das Thema langsam warm fahren. Das Auto ist ein Grantourismo im wahrsten, ureigensten Sinne der Wortschöpfung. 500 km gehen schon, sofern der Fahrer aus dem entsprechenden Holz geschnitzt ist – es sind andere 500 km wie mit einem heutigen Auto. Und Sie müssen wohl, je nach Fahrweise auch bei etwa 400 bis 450 km tanken. Trotz 70 Liter Tankinhalt – den entsprechenden Verbrauch kann jeder selbst ausrechnen! Weiter zur Wartung. Ja, der Dino braucht Wartung und Zuneigung. Vor jeder Fahrt wird der Ölmessstab gezogen und der Ölstand kontrolliert – das ist ein Muss. Ausserdem sollte man regelmässig mit einer Taschenlampe den Motorraum und den Unterboden nach etwaigen Undichtigkeiten untersuchen. Dann steht einer schönen Ausfahrt bei einem regelmässig gewartetem Exemplar nichts entgegen. Auch kann ich Ihnen, sollten Sie sich so ein Auto zulegen wollen, nur den dringenden Rat geben, sich 1. um eine wirklich gute Werkstatt umzusehen, die mit solch einem Auto auch umgehen kann – und nicht nur den Motor beachten sondern das ganze Auto ist komplex. Und 2. die gleiche Summe wie den Kaufpreis als „stille Reserve“ zu haben, denn irgendwas ist immer und oft kostet es eben etwas mehr, denn es steht zwar Fiat drauf, aber es ist eben nicht immer Fiat drinnen! Zum Schluss noch – die Wartungsintervalle sind keine Empfehlungen, sondern sie müssen eingehalten werden! Auch wenn`s teuer ist. Und wenn er nicht gut läuft, spielen Sie nicht an den Vergasern herum – an denen liegt es eben meistens nicht, sondern am Zündverteiler oder wenn ihr Auto nicht mehr die originale Dinoplex-Zündung verbaut hat. In diesem Bereich kann man allein zur Einstellung schon einmal einen ganzen Tag verbrauchen. Aber wenn die Zündung und der Verteiler richtig eingestellt sind, dann „zieht“ er tatsächlich aus dem „Drehzahlkeller“ wie ein moderner Turbodiesel (auch ein Mechaniker ist da immer überrascht). Nur, dass er über 3500 Touren noch weiter zieht, während beim TD die „Luft raus ist“ – das ist der Unterschied. Soweit meine Beschreibung meines Dino 2400 Coupé, das ich jetzt seit 12 Jahren habe, fahre, hege und pflege. Der Bericht ist sicher etwas ausführlicher als sonst so üblich, aber ich habe wirklich versucht, dem Leser durch meine Beschreibung so ein bisschen das Auto näher zu bringen und zwar aus der Sicht eines Eigentümers.

Beschreibung FIAT DINO 2400 Coupé

Motor:Typ 135 C „Dino“, entwickelt von Ferrari, gebaut von Fiat im Ferrari-Werk Maranallo. Sechszylinder V-Anordnung, 65° Zylinderwinkel, 2418 cm², vier obenliegende, über Ketten angetriebene Nockenwellen, drei Weber Fallstrom-Doppelvergaser DCNF, original elektronische Zündanlage „Dinoplex“ (Formel1-Technik Anno 1969) ist noch eingebaut und voll funktionstüchtig. Motor vorne längs eingebaut. Leistung 180 (DIN) PS bei 6600 U/min, Drehmoment 220 Nm bei 4600 U/min, Beschleunigung 0-100 km in 9 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit über 205 km/h

Kraftübertragung und Fahrwerk: Hinterradantrieb, Fünfganggetriebe der Firma ZF, selbstsperrendes Differenzial mit 25% Sperrwirkung, Einzelradaufhängung und Scheibenbremsen (innenbelüftet) rundum, Reifengrösse 205/70 VR 14 Zoll ( z. B. Michelin XWX) auf Magnesium-(Elektron)-Leichtmetallfelgen

Karosserie: Design und Herstellung durch Firma Bertone (Giugiaro & Gandini), selbsttragende Stahlblechkarosserie mit vier Sitzplätzen. Elektrische Fensterheber vorne serienmässig eingebaut. Von 1969 bis 1972 wurden 2414 Autos gebaut, ca. 30% haben bis heute überlebt.

Neupreis 1969 25’000 DM (= 5 VW Käfer), Wert heute ca. 45’000 bis 15’000 Euro (Zustand gepflegt bzw. mässig). Die Karosserie des hier gezeigten Fahrzeugs wurde einmal restauriert und dabei auf Rot umlackiert. Das restliche Fahrzeug befindet sich im Originalzustand. Baujahr des Fahrzeugs 1970. Idee und Entwicklung des Motors durch Alfredo (Dino) Ferrari und Vittorio Jano. Dino Ferrari war der Sohn von Enzo Ferrari, der leider 1956 an Leukämie starb. Der Motor gewann u. a. 1967 sein erstes Formel 2 Rennen, 1958 und 1961 die Formel-1-Weltmeisterschaft für Ferrari und drei Mal in Serie die Rallye-Weltmeisterschaft, eingebaut im Lancia „Stratos“. Ach, zum Schluss bevor ich es vergesse. Ja, der Spider ist schneller, teurer, gesuchter und wird öfter beschrieben als das Coupé. Optisch sind beide Fahrzeuge eigenständig, aber in der Technik gleich.

Text und Bilder: Christian Pachernigg

Der Beitrag Fiat Dino 2400 Coupé erschien zuerst auf radicalmag.