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Audi S3

Published in radical-mag.com

Kleinsparer

Wir sind Freunde des Audi S3. Hatten sogar selbst einen, es dürfte beinahe zehn Jahre her sein. Erstes Modell, 210PS, schwarzer Lack und schwarze Leder-Recaros. Dazu ein Bose-Soundsystem, handgeschaltete sechs Gänge und Xenon-Scheinwerfer.

Er hat bloß ein Wechselgeld gekostet, für den Kaufpreis des ganzen (Gebraucht-)Wagens würde es heute nicht einmal 19-Zoll-Felgen und das Optionsnavi geben. Klar, er hatte schon eine Viertelmillion auf dem Tacho, aber der Fehlerspeicher war leer, der Ölverbrauch im Rahmen und auch sonst: er war sehr gepflegt und stand gerade deshalb noch bestens im Saft.

Man konnte richtig Freude haben mit dem S3. Besonders wenn das Wetter schlecht und die Geraden kürzer wurden. Denn als „hot hatch“ war er noch immer eine Ansage. Zusammen mit der ausgezeichneten Wohnqualität im Interieur wurde ein wirklich gutes Auto aus dem schnellen Ingolstädter.

Heute sind die Bedingungen ein wenig anders. Die Klassenbesten drücken heute mehr als das doppelte an Spitzenleistung ab. 421 statt derer 210 Pferde. Es ist irre. Da reicht dann auch ein angekoppelter Allradantrieb nicht mehr als Partytrick zum Traktionsgewinn. Zur Erinnerung: am Datum der Erstzulassung unseres S3s hatte nicht einmal ein Porsche 911 Turbo 421PS.

Vollgas scheint also auch in der heutigen Zeit noch – oder: gerade – das Mittel der Wahl. Entsprechend freudig erwarteten wir den Tuch-Zug vom neuen Audi S3. Schon das Standard-Modell ist ein guter Wurf. Auf Basis des optimierten MQB evo-Baukastens kann man per so wohl nicht viel falsch machen, doch gerade im Design hat es beim A3 endlich einmal wieder funktioniert. Er ist weder so überladen wie A4/5/6/7/8, noch so gar sehr kantig-plump wie der A1. Stattdessen kommt er: gut.

Muskulöse Schulterlinie, breite Backen, das Ganze funktioniert optisch trotzdem mit überraschend kleinen Rädern. Innen ist alles ziemlich sehr fahrerorientiert, es wirkt fast lamborghiniesque – und das im positiven Sinn. Die Touchscreen-Flächen sind mächtig, dennoch gibt es für Radio und Klima noch echte Knöpfe.

Die ideale Basis also für einen Audi S3

Der Gesichtsausdruck wenn der Schwindel auffliegt.

Es kommt dann: anders. Auf dem Datenblatt liefert er noch voll ab. 4,8 Sekunden für den Sprint auf 100km/h und damit auf Augenhöhe mit A35 und M135i. Bei 250km/h wird abgeregelt und wer es gemütlich angehen lässt wird mit 7,2l/100km belohnt.

Allerdings stellt man bei genauerem Studium des neuen Audi S3 fest, dass er eigentlich gar kein neues Auto ist. Der 310PS-Motor ist ebenso bekannt wie das 7-Gang-S-tronic-Getriebe und der quattro-Antrieb. Der gesamte Triebstrang baut noch auf der Generation EA888 3b auf. Das überrascht insofern, als das der VW Tiguan R nicht nur die Generation 4 mit dem deutlich moderneren Allrad bekommt.

Denn auch wenn die Pressemitteilung von einer hydraulisch variablen Momentensteuerung von Front zu Heck spricht: es ist kalter Kaffee. Die simple Haldex-Lösung ist seit Jahrzehnten bekannt und kein besonderer Fahrspass-Garant. Während in Wolfsburg nun endlich ein baugleiches System wie im alten Focus RS montiert wird, bleibt der Audi auf der Strecke.

Warum? Wir haben ehrlicherweise keine Ahnung. Die Modellstrategen werden sich etwas dabei gedacht haben, die Controller sowieso. Vielleicht wollen sie den Spannungsbogen aufrecht halten, bis der neue Audi RS3 erscheint. Der darf nämlich weiterhin mit fünf Zylindern wuchern, wird leistungsmäßig sicher auch die 421PS der AMGs schnupfen.

Hoffentlich dann aber mit dem bösen torque-vectoring-Allrad, denn der würde uns sicher als Gebrauchter mit einer Viertelmill wieder gefallen um 4.000 Euro…

Der Beitrag Audi S3 erschien zuerst auf radicalmag.