Test Renault Clio TCe 130
Fortgeschritten
Bei der Wahl des diesjährigen «Car of the Year» hatten wir den Renault Clio auf den zweiten Platz gesetzt, nur knapp hinter dem Peugeot 208. Es wäre wohl sogar umgekehrt gewesen, hätte der Peugeot nicht auch noch eine e-Variante im Angebot. Denn so rein von der Fahrfreude her, da ist der Clio dem 208 überlegen, die Lenkung ist viel präziser, das Fahrwerk nicht ganz so weich, ingesamt besser abgestimmt. Nicht wirklich geholfen hat dem Clio auch sein Äusseres: zwar ist er ein durchaus adrettes Automobil, aber das Design ist für unseren Geschmack zu nah am Vorgänger – da hätten Laurens van der Acker und sein Team schon etwas mutiger sein dürfen. Schliesslich ist die fünfte Generation des Bestsellers ja weit mehr als ein Facelift, der neue Clio steht auf einer komplett neuen Architektur. Und etwa am neuen Captur, der auf der gleichen Plattform steht, kann man ja schön sehen, dass da schon optische Möglichkeiten bestanden hätten, die moderneren Heckleuchten wären sicher auch am Clio durchaus angebracht gewesen.
Auch wenn die neue CMF-B-Plattform der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz eine eierlegende Wollmlichsau sein muss, alles tragen wird vom kleinen Verbrenner bis zum Voll-Stromer, so erscheint sie uns gerade beim Clio: gelungen. Man hat nicht das Gefühl, dass dies einfach ein Kompromiss ist, auch wenn CMF-B zu einem Synonym werden wird zum MQB der Volkswagen-Gruppe, das Fundament bilden muss für eine irgendwann ähnlich unüberschaubare Fülle von Modellen. Wir können das Fahrverhalten nicht genug loben. Unser Testwagen mit dem 1,3-Liter-Vierzylinder mit 130 PS und 240 Nm maximalem Drehmoment war ein kleiner Kurvenräuber, man hat wirklich Freud’ auf der Landstrasse – und diese wird vom sanft schaltenden 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe auch nicht getrübt. Einziger Fehler dieser Antriebseinheit, die in Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz entwickelt wurde: die Stopp/Start-Automatik arbeitet etwas ruppig – und zu langsam. Bis die Maschine wieder anspringt und ein Kraftfluss eintritt, vergehen gefühlt mehrere Gedenksekunden, mal noch so schnell über die Kreuzung ist nicht. Da fehlt es definitiv noch an der Feinarbeit.
Nichts zu beklagen gibt es dafür beim Verbrauch, mit einem Schnitt von 6,5 Litern blieben wir im Test nur knapp über der Werksangabe von 5,5 Litern; bei zurückhaltender Fahrweise ist es aber auch möglich, mit knapp über 5 Litern auszukommen. Es muss aber darauf hingewiesen sein, dass die 5,5 Liter nach Werk einen CO2-Ausstoss von 126 g/km bedeuten – also gut 30 Prozent mehr als die ab diesem Jahr angestrebten 95 g/km. Man fragt sich da schon, wie diese Vorgaben in absehbarer Zukunft erreicht werden sollen – und wo dann auch nur ein Hauch von Fahrspass bleiben wird? Ja, wir sind den neuen Clio-Hybrid schon gefahren, aber ob das jetzt die Lösung sein kann?
Erfreulich gut gelöst hat Renault seine Hausaufgaben beim Innenleben des neuen Clio. War der Vorgänger doch noch sehr Plastik-lastig, so sind jetzt schon in der Basis die meisten Oberflächen angenehm weich aufgeschäumt, wirkt die ganze Verarbeitung auf einem höheren Niveau. Uns stand das Top-Modell zur Verfügung, ein Initiale Paris, da ist das alles dann noch besser, schönes Nappa-Leder, beheizbare Sitze und ein beheizbares Lenkrad, überhaupt reichlich elektronische Spielereien inklusive dem grössten Touchscreen (9,3 Zoll). Das ist dann gerade im B-Segment sehr edel, da gibt es auch nicht mehr viel Konkurrenz, das können auch ein Audi und Mini nicht viel besser (aber sie können es: teurer). Um fast 30 Prozent vergrössert hat Renault das Kofferraumvolumen bei der fünften Generation des Clio, fast 400 Liter sind vorbildlich; schade, dass die Ladekante so hoch, schade auch, dass sich die hintere Sitzbank nicht verschieben lässt (was beim Captur möglich ist), schade ist schliesslich, dass der Knopf für die Kofferraumentriegelung viel zu weit unten angebracht ist. So sitzt man denn am besten vorne, geniesst den guten Seitenhalt der Sitze und den Ausblick auf ein schön gestaltetes Cockpit und einen doch gut eingepassten Touchscreen oberhalb der Mittelkonsole. Das Bediensystem Easy-Link ist allerdings nicht ganz so einfach zu verstehen, es braucht schon gut Angewöhnungszeit – und auch dann wird man sich fragen, warum es im Untermenu noch ein Untermenu braucht. Da freut man sich, dass man Heizung und Lüftung noch ganz klassisch über hübsche Drehknöpfe bedienen kann.
Der günstigste Clio V ist in der Schweiz mit nur gerade 14’900 Franken angeschrieben (75 PS, manuelles 5-Gang-Getriebe, keine Ausstattung); der Initiale Paris mit dem stärksten Motor und dem 7-Gang-EDC kostet dann ziemlich genau das Doppelte, also fast 30’000 Franken. Gut, auf zusätzliche Ausstattung kann man dann bestens verzichten (ausser der Metallic-Lackierung gibt es nicht mehr viel), als Schnäppchen würden wir den Franzosen in dieser Ausstattungsvariante aber trotzdem nicht bezeichnen. Andererseits ist dieser neue Renault Clio sein Geld unbedingt wert, er ist viel besser als sein Vorgänger – und der war schon besser als die meisten Konkurrenten…
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