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35 Jahre Renault Espace

Published in radical-mag.com

Verdammt lang her…

Was genau Philippe Guédon, damals technischer Leiter bei Matra, auf seiner Amerika-Reise Ende der 70er-Jahre alles gesehen hatte, das weiss man nicht mehr; den Ford Carousel wahrscheinlich nicht, ein Concept-Car von 1973, das man wohl als (geistigen) Vorläufer der modernen Mini-Van bezeichnen darf. Den wir hier gerne zeigen wollen, denn oft gesehen hat man den Carousel wohl noch nicht.

Doch Guédon sah sicher all diese Kleinbusse von GM, Chrysler, Ford – und hatte nach seiner Rückkehr die Idee, dass sich solch ein Konzept doch auf die europäischen Grössenverhältnisse anpassen lassen können müsste. Er beauftragte seinen Designer Antoine Volanis mit dem Entwurf eines solchen Wagens, 1979 standen mit den Prototypen P16 und P17 die ersten Entwürfe auf Rädern. Doch Guédon war nicht zufrieden, er verfeinerte das Konzept noch einmal, durchgehender Innenraum, höhere Sitzposition, längerer Radstand, ein wirklich futuristisches Design.

Diesen Prototypen, bezeichnet als P18, zeigte er 1982 dem damaligen Renault-Chef Bernard Hanon. Also, zuerst hatte ihn Guédon PSA gezeigt, doch dort sah man keine Absatzmöglichkeiten. Hanon erkannte das Potenzial anscheinend aber sofort: «Zu diesem Auto kommt man von selbst, wenn man alle automobile Eitelkeiten beiseite lässt», soll er gesagt haben. Und gleichzeit gab es noch grünes Licht für die Entwicklung zum Serienmodell, Renault übernahm die technischen Komponenten und den Vertrieb, Matra die Entwicklung und Fertigung. Und da war viel Vorarbeit nötig. Die Rohkarosse aus Stahlblech-Pressteilen wurde zuerst punktgeschweisst und dann feuerverzinkt; letzteres dient nicht nur als Rostschutz, sondern verbesserte auch die Stabilität. Darauf wurden dann die verschiedenen Karosserie-Teile aus Verbundwerkstoff angebracht; zu wenig Zeit für eine ausführliche Erprobung hatte man allerdings mit der Lackierung, praktisch alle frühen Espace sind heute ausgebleicht. Die sehr moderne Produktionsweise verhalf dem Siebensitzer, bei dem sich fünf Stühle ausbauen liessen, zu einem erstaulich niedrigen Leergewicht von 1200 Kilo. Was es wiederum zur glücklichen Folge hatte, dass vergleichweise bescheidene Motorisierungen verbaut werden konnten, zu Beginn reichte ein 2-Liter mit 110 PS.

Im März 1984 wurde der Espace dann auf dem Genfer Salon der Öffentlichkeit vorgestellt. Und zu Beginn machte es den Eindruck, dass die PSA-Chefs tatsächlich mehr Ahnung vom Auto-Geschäft hatten als Hanon von Renault – im ersten Monat gingen nur gerade neun Bestellungen ein. Und das, obwohl Renault die Werbetrommel doch ziemlich heftig gerührt hatte. So richtig durchstarten wollte der Espace, der mit den technischen Komponenten der Renault 21 und 25 aufgebaut wurde, im ersten Jahr noch nicht, nicht einmal 6000 Stück wurden verkauft. Und dies, obwohl die Fachpresse sehr positiv reagierte, nicht bloss die Platzverhältnisse, sondern auch das Fahrverhalten lobte («er lässt sich wie ein normales Auto um die Kurve dirigieren»). 1988 wurde der Espace überarbeitet, erhielt einen 2,2-Liter-Motor, später sogar noch Allradantrieb – und wurde endlich zum Verkaufsschlager. Von der ersten Generation des Renault Espace wurden bis 1991 stolze 191’674 Exemplare verkauft; Guédon und Hanon hatten Recht behalten.

Es folgten vier weitere Espace-Generationen, wobei das aktuelle Modell kein Mini-Van mehr ist, sondern: es weiss es wohl selber nicht so ganz genau. Von der zweiten Generation (1991 bis 1996) wurden über 315’000 Exemplare verkauft – und ein Exemplar, das von einem 3,5-Liter-V10-Formel-1-Motor mit 810 PS angetrieben wurde. Der Motor sass direkt hinter dem Fahrer und sorgte für extreme Temperaturen und gewaltigen Lärm im Innenraum. Am besten verkaufte sich die dritte Generation (1996 bis 2002), obwohl der Espace IV dann stolze 12 Jahre lang produziert wurde. Zum Klassiker wird wohl keines der Modelle werden, obwohl der Renault Espace die Auto-Industrie in manchen Bereichen revolutioniert hat.

Mehr Renault haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag 35 Jahre Renault Espace erschien zuerst auf radicalmag.