Chevrolet El Morocco
Fussnoten
Ruben Allender muss man nicht kennen, auch wenn man sich gut in der Automobil-Geschichte eigentlich gut auskennt; er ist das, was man als Fussnote bezeichnen darf. Allender war ein Millionär, wohnte in der Gegend von Detroit und kaufte sich 1955 ein Cadillac Eldorado Convertible zum stolzen Preis von fast 8000 Dollar; für dieses Geld hätte er in den Vorstädten von Detroit auch ein Einfamilienhaus erwerben können. Doch Allender schien eine soziale Ader gehabt zu haben, denn er träumte davon, es allen Amerikanern zu ermöglichen, ein Automobil zu fahren von der Schönheit und Qualität eines Cadillac, dies aber zum Preis eines Chevrolet. Auch einen Namen hatte er bald schon gefunden: El Morocco.
Nun war Allender aber nicht komplett von Sinnen, es war ihm auch klar, dass er das Rad nicht neu erfinden konnte, dass es schon Gründe gab, weshalb ein Cadillac mehr kostete als ein Chevrolet. Er engagierte einen gewissen Cyril Olbrich als Designer und Produktionsmanager – und machte sich daran, ein 56er Chevrolet Bel Air Cabriolet umzustylen. Es war ein wilder Mix aus noch so manchen Teilen, da gab es Lampen von einem 37er Dodge und Chromleisten von einem 55er Willys und Formen von einem 55er Ford; Olbrich gestaltete immerhin den oberen Teil der Front neu und verwendete dafür sogar Fiberglas. Auch die eindrücklichen Heckflossen wurden aus Kunststoff gegossen und mit den Heckleuchten eines 55er Dodge verziert. Auch wenn Allender und Olbrich nur mit kargen Mitteln arbeiten konnten, die Qualität soll ganz anständig gewesen sein. Die Verkaufszahlen waren es allerdings: Höchstens 20 dieser 56er Chevrolet El Morocco wurden verkauft.
Doch Allender gab nicht auf. Für 1957 hatte er gar noch ein höheres Ziel: eine bezahlbare Version des 13’000 Dollar teuren Cadillac Eldorado Brougham sollte es werden. Das Rezept war das gleiche wie im Jahr zuvor, etwas optisches Tuning mit Gebrauchtwagen-Teilen an einem Chevrolet Bel Air – und fertig war den El Morocco Brougham. Der sich allerdings noch schlechter verkaufte als sein Vorgänger, höchstens 16 Exemplare sollen entstanden sein, obwohl es den Brougham sowohl als Convertible wie auch als viertüriges Fixed-Head Coupé zu kaufen gab. Die Preise für die El Morocco waren übrigens tatsächlich ziemlich moderat, der Aufschlag zu einem Chevy Bel Air betrug zwischen 500 und 1000 Dollar. Insgesamt sollen noch sechs El Morocco existieren, zwei davon kommen bei den wirklich aussergewöhnlichen Auktion von Mecum.com Mitte Mai in Indianapolis unter den Hammer.
Mehr schöne Amerikaner finden sich immer in unserem Archiv. Und selbstverständlich qualifizieren sich die «El Morocco» locker für unsere Reihe «Die Aussergewöhnlichen».
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