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Die Zukunft von Harley-Davidson

Published in radical-mag.com

«Die LiveWire ist nur die Speerspitze»

Iwan Steiner, Country-Manager von Harley-Davidson Schweiz zur Saison 2018, den Tweets von Donald Trump, den EU-Strafzöllen, dem Durchschnittsalter seiner Kundschaft und dem CH-Verkaufsstart der ersten Elektro-Harley.

radical: Die Saisonverkaufszahlen sind Ende September jeweils zu 90 Prozent abgeschlossen, sind Sie zufrieden mit dem Verkaufsjahr 2018?
Steiner: Ich bin angesichts der Umstände sogar sehr zufrieden. Der für uns relevante Markt von Motorrädern mit mehr als 600 Kubik Hubraum war in diesem Jahr mit minus zwölf Prozent stark rückläufig, dennoch haben wir nur sechs Prozent verloren und sind unter den grössten Marken diejenige, die am wenigsten an Terrain eingebüsst hat. Damit konnten wir auch unseren Marktanteil um fast ein Prozent steigern. Hinzu kommt, dass für uns die Saison noch nicht vorbei ist. Erfahrungsgemäss verkaufen wir in den letzten drei Monaten mehr Motorräder als unsere Mitbewerber.

radical: Doch sind sie bei den Hersteller-Verkaufszahlen von Platz drei auf Platz vier abgerutscht, woran liegt das?
Steiner: Hier müssen wir klar unterscheiden, sie beziehen sich auf die allgemeine Motorradstatistik, wir betrachten allerdings den für uns relevanten Markt der Bikes mit mehr als 600ccm. Zudem, wie gerade schon angetönt, ist Harley-Davidson in den letzten drei Monaten des Jahres klassischerweise stärker als andere Marken. Deshalb gibt es keinen Grund zur Beunruhigung: Harley-Davidson wird in dem für uns relevanten Markt auch in diesem Jahr wieder auf Platz drei landen.

radical: Nachdem Harley Davidson im Frühling der Verlagerung der Produktion ins Ausland ankündigte, war die Marke vor allem durch die bitter bösen Tweets von US-Präsident Trump in den Schlagzeilen. Haben Sie das in der Schweiz zu spüren bekommen?
Steiner: Nein, nicht mehr als jeder andere Zeitungsleser in der Schweiz. Auf unsere Zahlen hat dies keinen Einfluss.

radical: Harley Davidson Schweiz ist vom zusätzlichen 25 prozentigen Strafzoll der EU für US-Motorräder ausgeschlossen. Konnten Sie davon in irgendeiner Form profitieren?
Steiner: Harley-Davidson hat sich entschieden, die Kosten, welche sich aus den zusätzlichen Strafzöllen ergeben, nicht an seine europäische Kundschaft weiterzugeben. So wurde verhindert, dass die Motorräder teurer wurden – natürlich zu Lasten der Harley-Davidson Motor Company. Daher haben die Strafzölle auch keine Auswirkungen auf die Verkaufszahlen in der Schweiz.

radical: Ganz generell kämpft aber Harley bereits seit Jahren im US-Heimmarkt gegen sinkende Absatzzahlen, weil die Stammkundschaft langsam aber sicher wegstirbt. Wie jugendlich ist die Schweizer HD-Kundschaft?
Steiner: Das Durchschnittsalter liegt in der Schweiz bei circa 45 Jahren, was man sicher noch als zumindest «jung geblieben» einordnen kann. Die Problematik der Überalterung ist nicht ein Harley-Davidson spezifisches Problem, sondern etwas, mit dem alle Marken zu kämpfen haben. Einerseits liegt die Überalterung an der demografischen Entwicklung, andererseits an den veränderten Bedürfnissen der jungen Menschen. Wie unsere Mitbewerber sind auch wir bestrebt, mit neuen Modellen ein jüngeres Publikum anzuziehen, was uns in der jüngsten Vergangenheit mit den neuen Sportster- und Street-Familien sowie Softailmodellen wie die Fat Boy oder die Street Bob auch bereits gelungen ist. Zudem haben wir für die nächsten zwei Jahre viele weitere Modelle in der Pipeline, welche zusätzliche Kundesegmente erschliessen werden.

radical: Wann kommt das Harley-Davidson-E-Modell LiveWire (Titelbild)  in die Schweiz und was versprechen Sie sich davon?
Steiner: Es ist geplant, dass die LiveWire schon 2019 in der Schweiz verfügbar sein wird. Das Echo der Testphase war sehr positiv – was nicht wirklich überrascht. Die Schweiz ist als umweltbewusstes und technikaffines Land sehr offen gegenüber der Elektrifizierung der Mobilität. Wie schlagkräftig die LiveWire und auch die weiteren Elektrobikes sein werden, hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Vor allem auch wie gut die Stromversorgung in der Schweiz abgedeckt wird. Die LiveWire ist ja nur die Speerspitze einer ganzen Serie von Elektrobikes, die Harley-Davidson lancieren wird. Was auf die LiveWire folgt, hat das Potential, den ganzen Stadtverkehr zu revolutionieren: Strombetriebene Bikes, die einfacher zu bedienen sind als Fahrräder – keine Kupplung, kein Schalten, leichtgewichtig und extrem wendig. „Twist and go“ sagen wir dazu – immer mit dem Harley Feeling verbunden.

Interview: Daniel Huber. Mehr Motorräder haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Die Zukunft von Harley-Davidson erschien zuerst auf radicalmag.