VW/Porsche 914
Familienbande
Vielleicht lag es ja tatsächlich in der Familie. Da waren Mitte der 60er Jahre der damalige VW-Chef Heinrich Nordhoff, der unbedingt einen Nachfolger für die auf dem Käfer basierenden Karmann-Ghia-Modelle suchte, und Ferry Porsche, der den 356er zu ersetzen hatte und wenig glücklich war mit den Verkaufszahlen des 912. Die Tochter von Nordhoff, Elisabeth, war verheiratet mit dem Neffen von Ferry, Ernst Piëch – man kann sich also gut vorstellen, dass sich die beiden hohen Herren auch privat kannten. Und so vereinbarten Nordhoff und Porsche, dass sich Porsche an der Entwicklung des sportlichen VW-Modells beteiligen würde – und dass beide Hersteller das Fahrzeug unter ihrem eigenen Namen vertreiben würden. «win-win», könnte man meinen. Doch dann starb Heinrich Nordhoff am 12. April 1968, kurz, nachdem der erste Prototyp des 914 vorgestellt worden war (am 1. März 1968). Der Nachfolger von Nordhoff, Kurt Lotz, der in keiner Weise mit den Familien Porsche und Piëch verbandelt war, soll den «Handschlag» nicht anerkannt haben, sondern war der Meinung, Porsche müsse sich mindestens an den Werkzeugkosten beteiligen. Was den Stuttgartern aber zu teuer war. Als Kompromiss wurde Anfang 1969 die «VW-Porsche Vertriebs GmbH» gegründet, die bald schon vom Stuttgarter Porsche-Gelände, wo sämtliche Entwicklungsarbeiten stattgefunden hatten, nach Ludwigsburg umzog.
Vorgestellt wurde das neue Modell dann am 11. September 1969 auf der IAA in Frankfurt. Es gab zuerst den VW-Porsche 914/4 mit dem 1,7-Liter-Vierzylinder, der auch den Volkswagen 411E antrieb, mit nicht gerade happigen 80 PS. Dieses Fahrzeug wurde bei Karmann in Osnabrück gebaut. Dann gab es aber auch noch den Porsche 914/6, der mit dem 2-Liter-Sechszylinder aus dem Porsche 911T ausgeliefert und in Stuttgart produziert wurde. Beiden gemein war der Übername «Volks-Porsche» (das war dann noch positiv) oder auch «VoPo» (das war dann eher unfreundlich, erinnerte es doch an die Volkspolizei der damaligen DDR). In Nordamerika verkaufte Porsche den 914 unter dem Namen Porsche, mit allen Insignien (obwohl die Vierzylinder-Variante im Typenschild als Volkswagen bezeichnet wird).
Der Porsche 914/6 war ein grober Reinfall. Im ersten Modelljahr konnten immerhin noch 2657 Stück verkauft werden, 1971 waren es dann noch 432 Exemplare, 1972 nur noch 229. Das war das schnelle Ende des 914/6, der zwar über 200 km/h schnell war, aber auch 19’980 Mark kostete, nicht entscheidend viel weniger als ein 911T, der sich aber noch ein bisschen flotter bewegen liess. Im Gegenzug bot VW ab 1973 auch einen 100 PS starken Vierzylinder an, die Modelle hiessen dann 914 1.7 und 914 2.0, die schwächere Variante kam aufgrund von verschärften Abgasvorschriften auf einigen Märkten auf noch 72 PS; wohl das schwächlichste Fahrzeug, das je mit der Bezeichnung Porsche auf den Markt kam. Die Bilder hier zeigen übrigens einen 74er Porsche 914 2.0, anscheinend dem einzigen Exemplar, das auf Kundenwunsch in «Eis-Grün Metallic» lackiert wurde.
Auch wenn der 914er gerne unterschätzt wird: Der unverwechselbare Zweisitzer mit dem feststehenden Targa-Bügel war der erste deutsche Mittelmotor-Sportwagen und bot – bietet heute noch – ein erstaunliches Mass an Fahrvergnügen. Und so schlecht verkaufte er sich auch nicht: Zwischen 1969 bis zum Ende der Produktion im Frühjahr 1976 wurden insgesamt 118’978 Einheiten produziert. Damit avancierte er zum bestverkauften Sportwagen seiner Zeit. Es gab aber ausserdem noch einige spannende Umbauten. Da war zuerst einmal der 914/6 R (besser bekannt als 914/6 GT), von dem 32 Stück im Werk entstanden sowie etwa 400 Umbau-Kits verkauft wurden. Der GT hatte massive Kotflügelverbreiterungen, einen zusätzlichen Olkühler vorne – und vor allem einen 2-Liter-Motor mit Doppelzündung. Noch potenter war der 916, von dem 1971 insgesamt 11 Stück produziert wurden, ganz einfach zu erkennen am festen Stahldach. Für die ersten drei Exemplare wurde der 2,4-Liter-Sechszylinder aus dem 911 S verwendet, der 190 PS schaffte und das knapp 1000 Kilo schwere Fahrzeug in etwa 7 Sekunden von 0 auf 100 km/h brachte. Der Rest der 916 erhielt gar den 2,7-Liter mit 210 PS aus dem Porsche 911 Carrera RS 2.7, die Fahrleistungen waren selbstverständlich noch besser. Und dann waren da schliesslich noch die zwei Exemplare des 914/8, die mit dem mindestens 260 PS starken 3-Liter-Achtzylinder aus dem Rennmodell 908/3 ausgestattet wurden. Unten gibt es noch ein paar schöne Bilder aus dem Archiv.
Ach ja: die Preise ziehen so langsam an für diese Fahrzeuge, auch für die schwächlicheren Varianten. Mehr Porsche und auch Volkswagen haben wir in unserem Archiv.
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