Die Geschichte von Lister
Was, noch nie den Namen «Lister» gehört?
«Lacking the long-awaited E-Type, Coventry’s hopes rest with the Lister Jaguar», titelte Stephen Wilder in «Sports Cars Illustrated» im Juli 1958 seinen Artikel zum damals wohl «sensationellsten englischen Rennsportwagen», dem Lister Jaguar. Was, noch nie den Namen «Lister» gehört? Oder gar die Bezeichnung «Lister-Jaguar»? Oder allenfalls «Knobbly»? Nein? (Beim weissen Fahrzeug in der Folge handelt es sich um den wohl berühmtesten Lister-Jaguar, den Prototypen des «Knobbly», Chassisnummer BHL EE 101.)
Gemach, alles mit der Ruhe. Es gilt keineswegs als Unterlassungssünde, diesen Namen nicht zu seinem Repertoire zu zählen. Denn insgesamt hat es gerade mal 60 Lister-Chassis gegeben, davon 23 Lister-Jaguar. Die allermeisten wurden kaum je auf die Strasse gebracht, sondern hatten vielmehr auf der Rundstrecke gegen andere Boliden jener Zeit gekämpft. Und dort gehörten sie zu den Stars der ausgehenden 50er Jahre. Die Lister waren jene Rennsportwagen, welche den Namen Jaguar hoch hielten, als sich die Firma im Herbst 1956 von der aktiven Teilnahme zurückgezogen hatte. Insgesamt haben alle Lister zusammengenommen zwischen 1954 und 1959 mehr als zweitausend Mal einen ersten oder einen Podiums-Platz herausgefahren, oder: mehr Rennen wurden mit Lister Jaguar gewonnen als mit allen C- und D-Type insgesamt. Allerdings, nie waren Lister in jenem prominentesten aller Sportwagenrennen, den 24 Stunden von Le Mans, erfolgreich. Hingegen auf den englischen Rundstrecken mit den klingenden Namen Silverstone, Goodwood, Brands Hatch, Mallory Park, Snetterton, Oulton Park, Crystal Palace, Aintree, und vielen mehr waren die ersten Plätze von Lister an der Tagesordnung. Doch warum haben wir dann so wenig von diesen Autos gehört, warum wissen auch ausgewiesene Jaguar-Begeisterte oft nur gerade den Namen und allenfalls noch das Wort «Knobbly»? Die Antwort liegt zum einen in den besonderen Verhältnissen auf den grossen Rennstrecken der 50er Jahre – und zum anderen in der für jene Zeit völlig ungewohnten Struktur der Firma Lister.
Die Firma George Lister & Sons war eine kleine, aber erfolgreiche Unternehmung an der Abbey Road in Cambridge, England (die Beatles lassen grüssen … ). Im Jahre 1890 gegründet befassten sich Lister, Flatters and Branch, so der Gründername, erst einmal mit einer weiten Palette von «Engineering»-Produkten, von schmiedeisernen Gartentoren zum Gebäudestahlbau, zum generellen Metallbau, zu Landwirtschaftsmaschinen wie Erntemaschinen, Garbenbinder und ähnlichem. Brian Lister, der Enkel des Firmengründers, wurde am 12. Juli 1926 in Cambridge geboren und befasste sich, kaum hatte er Lesen und Schreiben gelernt, vornehmlich mit automobiler Literatur. Der S.S.1 seines Onkels entzückte ihn seines rassigen Aussehens wegen, der von der Jugend geliebte MG P-Type wegen der spartanisch-sportlichen Note, wenn die Studenten damit um die Kurven der Stadt fegten, und das Renngeschehen der späten 30er Jahren wurden für ihn ein Teil seines Lebensinhaltes. Daneben hatte er aber noch eine ganze andere Faszination: Jazz. 1942, die grosse Zahl von uniformierten Amerikanern aus den in der Nähe gelegenen Militärunterkünften – «overpaid, oversexed, and over here» – hatten eine Musik mitgebracht, die ihn alsbald in ihren Bann zog. Rhythmus bedeutete für ihn weit mehr als die Schule oder die eben begonnene Lehre bei Lister & Sons. Als Drummer war er derart besessen, dass er bald einmal mit einigen Kollegen zusammen eine eigene Band «The Downbeats» gründete. Und sie waren damit erfolgreich, machten Schlagzeilen in der Lokalpresse und gewannen eine ganze Reihe von Preisen. Doch für seine spätere Laufbahn war wichtiger, dass Vater Lister darauf bestand, dass er seiner Lehre nach allen Regeln der Kunst mit Akribie nachging. So lernte er den Metallbau in allen Teilen, lernte auch die dazugehörigen Berechnungsmethoden, lernte Statik, Antriebstechnik und Betriebswirtschaft. So war es völlig klar, dass er einige Jahre nach seinem Eintritt in die Firma den Wunsch hegte, einen eigenen Rennwagen zu bauen.
Mittlerweile 27, als Chef im Agricultural Engineering Bereich bereits in einer guten geschäftlichen Position, wollte er sich diesen Traum verwirklichen. Man schrieb das Jahr 1953. Ein paar Jahre zuvor hatte er drei für den weiteren Lebensweg wichtige Leute kennengelernt. Der eine war ein tiefernster, schweigsamer Mann mit englischem Vor- und spanischem Nachnamen, John Tojeiro, der ein Leichtgewicht-Chassis mit einem V-Zweizylinder-JAP-Motor in seiner Garage in Little Gransden, einem «leaking shed», gebastelt hatte, das er gleich an Brian verkaufte. Eine nennenswerte Karosserie gab es nicht. Doch das Auto war schnell, lag überzeugend auf der Strasse und vergab praktisch jeden Fahrfehler. Es gelang Brian an einigen Club-Rennen, damit zu Erfolg zu kommen. Der zweite neue Bekannte, der ihn über viele, viele Jahre begleiten sollte, war Don Moore. Im Kriege zum Entschärfen von Bomben eingesetzt, führte er nun eine kleine Automobil-Reparaturwerkstätte in Cambridge und war gleich mit Enthusiasmus bereit, die technischen Aspekten beim Einsatz des Tojeiro-JAP Rennwagens zu übernehmen. Doch dann traf Brian jenen dritten für seine Zukunft so wichtigen Mann: Archie Scott Brown. Nur gerade 1.52 m gross, schien er geradezu bessessen davon, schneller als alle anderen um die Rennstrecke zu fahren. Sass er in Brians Tojeiro JAP, konnte er, leichtgewichtig wie er war, Zeiten erreichen, von denen jeder andere nur träumen mochte. Und im Beherrschen seines Fahrzeuges übertraf er alle Konkurrenten. Er hatte für sich eine Kurventechnik entwickelt, die heute bestenfalls mit Go-Karts nachzuahmen wäre; eingangs der Kurve den Wagen derart quer zu stellen, dass er kontrolliert im «Power Slide» durch die Kurve gleiten und sich ausgangs bereits in der richtigen Position für die Weiterfahrt befand. Es war aber nicht nur gute Fahrtechnik für jene Zeit, für ihn war es unumgängliche Notwendigkeit, auf diese Weise einarmig sein Fahrzeug beherrschen zu können. Wie das? Von Geburt an schwer behindert, war sein rechter Arm nicht viel mehr als ein Stummel, seine Beine waren arg deformiert und viel zu kurz, und doch: Archie war ein Sportsmann durch und durch. Er würde bald einmal zu einem der bedeutendsten Fahrer von Rennsportwagen in England werden.
Einen eigenen Rennwagen unter dem Namen Lister bauen? Ohne irgendwelche tiefere Erfahrung im Leichtbau von Automobilen, ohne nennenswerten technischen und wissenschaftlichen Hintergrund in Motorenbau, Fahrzeugdynamik, automobilen Herstellungstechniken, auch ohne das Gewicht einer grossen Marke hinter sich zu haben? Und doch, Brian fühlte sich berufen, glaubte an seine Fähigkeiten als Mechaniker und Ingenieur und hatte dieses «what the hell, let’s just try»-Gefühl, das ihm schon damals als Mitgründer seiner Band auf den richtigen Weg geholfen hatte. Hatte nicht sein Freund Tojeiro so angefangen, hatte mit bescheidensten Mitteln einen aussergewöhnlichen kleinen Rennwagen zusammengebaut und war jetzt daran, grössere Autos anzugehen? Und im Gegensatz zu Tojeiro hatte er, Brian, ein Unternehmen im Hintergrund, das über eine grosse Zahl von Ingenieuren und hervorragenden Mechanikern verfügte, nicht eine Hobbywerkstatt oder einen Hinterhof-Schuppen, wie von so manchem «Bricoleur» benutzt. Auch wusste man bei Lister & Sons, wie man ein Projekt angehen und es durchführen musste, um zum gewünschten Erfolg zu gelangen, wie man Pläne zeichnen, die Aufträge formulieren und die Kosten und Zeiten kontrollieren musste. Noch wusste er es nicht, aber es würde zum entscheidenden Schritt für ihn und – für eine ganz kurze aber geradezu grandiose Zeit – auch für die englische Autowelt werden. Mit einem Budget von 1’500 Pfund und mit sechs Monaten Zeit, die ihm der Vater zugesprochen hatte – von beidem allerdings etwas mehr gebrauchend – stand im Frühjahr 1954 BHL1 (für Brian Horace Lister Nr. 1) auf Rädern. Die Form, im Grundsatz von Brian selbst skizziert, war von der in der Nähe von Cambridge-ansässigen Firma Wakefields umgesetzt worden.
Die Struktur des Chassis aber bildete das Entscheidende: Brian Lister hatte seine Ideen durchgesetzt. Ein Rohrrahmen, bestehend aus zwei starken Rohren, mit Querverstrebungen, sowie einem gekröpften Rahmen im Heckteil bildete die Grundstruktur. Neuartig damals, später von vielen kopiert (als ein Beispiel die Monteverdi-Chassis). Die Vorderradaufhängung bestand aus zwei Querlenkern mit Schraubenfedern, Girling-Trommelbremsen sorgten für die Verzögerung, die Zahnstangenlenkung wurde kurzerhand einem Morris Minor entnommen – eine Tradition, die sich durch alle Lister-Modelle durchziehen sollte. Beinahe eine Sensation für damals bildeten hintere Aufhängung und Antrieb, eine echte, sozusagen dem Lehrbuch entlehnte DeDion-Achse mit innen liegenden Bremsen. Zum Triebwerk wurde ein zurechtgemachter 1,5-Liter-Motor eines Morris 10 erkoren. Wichtig aber war: Dies war professionelle Ingenieursarbeit, aufs Sauberste und mit grösstem Bedacht ausgeführt. Der Erfolg blieb nicht aus. Schon 1954, im ersten Rennen, war Archie Scott Brown mit BHL1 erfolgreich – man erkennt, sie hatten ihre Rollen gefunden, Archie als brillanter Fahrer, Brian und ihm zur Seite, Don Moore, als Konstrukteure, Hersteller, Manager, Rennmechaniker, Planer, PR-Leute und Logistiker. Eine Zusammenarbeit, die für die nächsten, entscheidenden Jahre so beibehalten wurde. Nur selten in der Automobilgeschichte gab es eine Symbiose zwischen Fahrer und Designer/Rennstallbesitzer, wie sie in diesen Jahren zwischen Brian Lister und Archie Scott Brown entstanden ist, vielleicht wären da noch W.O. Bentley und Woolf Barnato zu nennen, oder später noch Colin Chapman und Jim Clark. Brian baute die Autos für Archie, Archie fuhr sie erfolgreich für Lister. Man liess nun – in erster Linie wohl aus Haftungsgründen – unter Brians Führung eine Tochterfirma entstehen, firmierend unter dem Namen «Brian Lister, Light Engineering Ltd., Abbey Road, Cambridge». Die Erfolge häuften sich und dringend wurde erkannt, dass das wirkliche Handikap beim Triebwerk lag. Bald schon wollte man nicht mehr in der «Unterklasse bis 1500 ccm» starten, sondern es drängte sie nach Höherem.
Es bot sich ein Motor an, der – wen erstaunt es – als das Beste bis 2000 ccm galt, der Bristol-Motor. Entstanden als Lizenz des BMW-Triebwerks, das vornehmlich in den späten 30er Jahren dem 328er zu grössten Erfolgen verholfen hatte (inkl. dem Sieg in der Mille Miglia 1940). Wie Bristol zu seiner Lizenz kam, sei hier nicht weiter erörtert – wichtig für uns ist die Tatsache, dass auch Mitte der 50er Jahre ein mittlerweile zwanzig Jahre alter Motor noch immer als einer der Besten erkannt wurde. Mitte 1954 entstand bei Lister ein neues Chassis, stark dem ersten, kleineren nachempfunden, aber mit Platz genug, um den Bristol Motor aufzunehmen. Die Karosserie, gebaut bei Wakefields of Byfleet, sah recht hausbacken aus, doch auf der Rennstrecke wurden die Lister-Bristol wieder zum durchschlagenden Erfolg. Vier weitere Siege und eine ganze Reihe von Podiumsplätzen hatten sich herumgesprochen. Als im Spätherbst das Rennjahr 1954 zur Neige ging, gaben sich eine ganze Zahl potenzieller Kunden die Klinke an der Abbey Road in die Hand. Sie wünschten sich für die kommenden Saison einen Lister-Bristol. Ein Ingenieur der Cambridge University, Thomas Lucas, wurde verpflichtet, einen neuen Body-Design zu entwerfen. Nunmehr begann die Aerodynamik eine wesentliche Rolle zu spielen. Obschon der so entstandene Lister-Bristol in keiner Weise den späteren Modellen in der Ästhetik die Stange halten würde, war sein Luftwiderstandskoeffizient auf ein annehmbares Mass gesunken. Don Moore, nach wie vor der engste Mitarbeiter von Brian, kümmerte sich um alles Technische. Er konnte dabei wahre Wunder bei der Erhöhung von Leistung und Zuverlässigkeit vollbringen und wurde damit zu einem gewiegten und unentbehrlichen Motorendoktor, nach und nach auch zum technischen Allrounder.
Nicht überraschend entpuppte sich 1955 zu einem sehr guten Jahr für den dem Säuglingsalter entrückten Rennstall. Die Dinge schienen sich für Brian und Archie vorteilhaft zu entwickeln, ihre Symbiose versprach zu einem dauerhaften Erfolgsrezept zu werden. Siege häuften sich und sowohl in Fachkreisen wie in den englischen Sportgazetten war Lister nunmehr zum Begriff geworden. Dann kam 1956. Der Bristol-Motor war mittlerweile älter geworden. Alles Tuning konnte ihm keine zusätzlichen Pferdestärken mehr entlocken. Eine mit viel Hoffnung begrüsste alternative Variante mit einem Maserati A6GCS-Motor führte ins Nichts. Auf den ersten Blick zeigte sich der Maserati zwar als ein herrliches Triebwerk – aber nur dann, wenn es seinen Dienst tat. Das aber war höchst selten. Lag es am Motor selbst, lag es an der Wartung, gar am Öl, oder war es die Art und Weise, wie mit ihm auf der Piste umgesprungen wurde? Die DNFs [= did not finish] häuften sich in geradezu katastrophaler Weise. Und damit auch die Kosten. Dringend wurde ein neuer Motor benötigt, doch dieser war nirgends in Sicht. Coventry Climax hatte zwar schon lange eine 2,5-LIter-V8-SOHC-Maschine mit dem Codenamen «Godiva» versprochen, die für Lister eine mögliche Lösung gewesen wäre. Doch im Laufe einer internen Überprüfung durch das CC-Management wurde «Godiva» gegenüber der Konkurrenz als «stark unterlegen» eingestuft und kam so nie über den Stand eines Prototypen heraus. Im Rückblick äusserst bedauerlich, denn die Weiterentwicklung hätte höchstwahrscheinlich zu einem Triumph für die Leute aus Coventry geführt; die in der Untersuchung ins Feld geführten Mehrleistungen bei Ferrari und Maserati entpuppten sich am Ende als journalistische Seifenblasen ohne Substanz. Aber da war es zu spät. (Mit BHL EE 101 machte jemand ein heftiges Verlustgeschäft: 2013 wurde der Lister-Jaguar für fast 2 Millionen Dollar verkauft – ein Jahr später gab es noch 1,1 Millionen… .)
Gerade als im Herbst 1956 das für Brian Lister jammervolle Jahr seinen Tiefpunkt erreichte, wurde ihm der Ausweg aus dem scheinbar unlösbaren Dilemma auf dem Silbertablett serviert. Und dies von keinem geringeren als Sir William Lyons selbst. Für den Historiker ein Meilenstein, für die sportsbegeisterten Anhänger der Marke ein Tiefschlag und Moment der Trauer. «Jaguar to suspend racing», lautete der Titel der Ankündigung, die Jaguar am 13. Oktober der Presse übergab. Lyons war stets ein Mann der kühlen Berechnung. Er war sich bewusst, dass die siegreiche Zeit der C- und D-Type zu ihrem ruhmvollen Ende gekommen war; aus der erreichten Top-Position konnte es nur nach unten weitergehen. Am fernen Horizont, gleich einem Donnergrollen, zeichnete sich die Zeit der leichten, kleinvolumigen Mittelmotorrenner ab, Cooper als einer, Lotus als ein anderer, Porsche als ein Dritter – und sein Spürsinn meinte, dass Ford bald ein vierter sein könnte. Die Zeit der grossen Frontmotor-Sportwagen beugte sich sachte der Vergangenheit zu. Wohl waren für die kommenden Jahre noch die Aston Martin, Ferrari, Maserati und andere Grosse der Rennsportszene am Drücker, doch irgendwann würde der Durchbruch zu den kleinen, flinken, agilen Rennwagen kommen. Zudem, Jaguar würde alsbald alle verfügbaren Kräfte auf den zukünftigen Sportwagen zu richten haben, der auf dem Zeichenbrett Gestalt annahm. Weit weniger für die Rennstrecke als für die private Garage gedacht, warf der E-Type seinen langen Schatten voraus.
Die einstigen Sponsoren für die Jaguar-Rennaktivitäten, BP gemeinsam mit Shell-Mex, sahen sich auf einmal damit konfrontiert, sich einen neuen Rennstall suchen zu müssen. Bryan Turle, der verantwortliche Manager des Sponsoring-Kartells, sah seinen Ausweg bei Lister. Er war es denn auch, der für Brian den Weg zu F.R.W. «Lofty» England und schliesslich Sir William Lyons anbahnte. Was anderen zuvor verwehrt geblieben war, hatte eine unerwartete Wendung genommen: Jaguar war auf Anhieb generös. Man offerierte gleich eine D-Type Maschine samt zugehörigem Getriebe für einen Preis, der weit unter den Kosten liegen musste. Aber dies bedeutete auch, dass bei Lister für 1957 ein neues Chassis, eine neue Hinterachse, eine neue Karosserie und viele der Zutaten zu entwickeln waren. Würden sie es zeitgerecht schaffen? Auf einmal versprach der kommende Winter für Brian Lister, Don Moore – nunmehr gleichenteils technisches Gewissen und persönlicher Berater – und den nur gerade etwa 20 Mitarbeitern (von einem Total von etwa 200 George Lister & Sons Firmenangehörigen), welche direkt für die Tochterfirma Light Engineering Ltd. tätig waren, heiss zu werden. Die Lichter in den wenigen Konstruktionsbüros würden abends lange brennen. Richtig so, wollte man zu Beginn der kommenden Saison bereit sein, so war eine geradezu unglaubliche Arbeit zu leisten. Die Ärmel wurden hochgekrempelt und reihum wurden Arbeiten vergeben.
Was an dieser Zusammenarbeit vom Winter 1956/57 zwischen Lister und Jaguar auffällt, ist die von den zuständigen Historikern immer wieder berichtete, ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Brian und Lofty. Die beiden scheinen sich auf Anhieb als Sinnverwandte und Gleichdenkende getroffen zu haben, wobei eine Aussage dabei besonders im Raume steht: Lofty liebte eine klare Sprache ohne Windungen und Schnörkel, kein «Bullshit», wie der moderne Angelsachse es zu nennen pflegt. Brian Lister ist ebenso ein geradeaus wirkender Mensch. Im persönlichen Gespräch ein liebenswürdiger, zuvorkommender Gentleman, aber in seinen Worten und Handlungen klar und die Dinge beim Namen nennend. Und es kam zwischen den beiden eine Abmachung zustande, die wohl nur unter besonders befreundeten Partner möglich gewesen ist: Die D-Type Motoren wurden im Leasing an Lister abgegeben und jeweils für wesentliche Wartungsarbeiten an Jaguar zurückgebracht. Erst als Lister begann, Autos nach den USA zu verkaufen, mussten jene, die einen Jaguar-Motor wünschten, dafür auch ihre Dollar hinlegen.
Brian Lister, Don Moore und ihre Crew hatten es geschafft: Mit dem Beginn der 57er-Saison stand der Lister Jaguar bereit, und am 31 März unterging er nur gerade 40 Meilen von Cambridge, in Snetterton, den ersten Test. Fahrer selbstverständlich war Archie Scott Brown. Und es war ein Rennen, wie es in jedermanns Wunsch nicht besser sein könnte. Alles, was in England Rang und Namen hatte, stand am Start, Dick Protheroe in einem Tojeiro-Jaguar, Peter Blond und Henry Taylor im D-Type-Jaguar, Peter Whitehead auf Aston Martin DB3S. Archie stand auf der Pole Position. Bei seinem Lister-Jaguar, registriert MVE 303, klemmte gleich nach dem Start die Kupplung, und es vergingen gerade mal sechs Runden, bis das Problem behoben war. Doch dann kam eine noch kaum je gesehene Aufholjagd. MVE 303 hielt, was er versprach. Schnellste Runde folgte auf schnellste Runde – kein Platz auf dem Podium, aber für alle klar ersichtlich, dass hier Fahrer und Auto für erste Plätze destiniert waren. Das zeigte sich dann eine Woche später im Oulton Park. Ein klarer Sieg. Und sie waren alle da mit kritischem Blick, Bryan Turle von BP / Shell-Mex, Lofty England und Bill Heynes von Jaguar. Schon im Training konnte Archie den Aston Martin Cunningham’s um drei Sekunden auf den zweiten Platz verweisen, ebenso den anderen Aston-Fahrer Roy Salvadori. Es wird berichtet, dass der sonst geradezu phlegmatisch ruhig wirkende Lofty England seine Begeisterung kaum zurückhalten konnte. Und so lief es durch den ganzen Sommer. Von 14 Starts vermochte W. A. Scott Brown auf dem Lister Jaguar deren 12 zu gewinnen. 1957 war ein hervorragendes Jahr geworden.
Wie aber sollte 1958 herauskommen? Nach den Erfolgen der vergangenen Saison bedeutete es für Brian einen klaren Auftrag, für das folgende Jahr noch Besseres zu schaffen. Brian Lister Light Engineering Ltd. war mit dem Bau schneller Sportwagen nach und nach zu einem eigenen Geschäftszweig der Mutterfirma George Lister & Sons geworden. Keineswegs einträglich, aber sicherlich eine weit ausstrahlende PR-Aktivität für das Unternehmen als Ganzes. Technisch gesehen war in diesem Winter vieles aufzuholen. Die «Knobbly»-Karosserie brauchte wesentliche Anpassungen. Vorab musste aber das wichtigste Problem gelöst werden, die Bremsen. Girling hatte keine gute Arbeit gemacht. Für Lister waren lediglich die für den Triumph TR3 vorgesehenen Bremsen geliefert worden. Es war Jaguar’s Bill Heynes, der zu Hilfe kam und Girling in unmissverständlichen Worten dazu brachte, die für Aston Martin vorgesehen Bremsen auch an Lister zu liefern. Zudem verhinderte das eng umschlingende Aluminiumkleid eine sichere Kühlung der Bremsen. Die Lösung kam von Frank Costin, der jetzt eine Beraterfunktion für verschiedene Konstrukteure ausübte. Frank war lange Jahre für De Havilland in der Flugzeugindustrie tätig gewesen und wurde mit den Jahren zum Spezialisten für alle aerodynamischen Anliegen in Renn- und Sportwagen geworden. Er würde bald noch umfassendere Arbeiten für Lister ausführen und ab Spätherbst 1958 zum internen Mitarbeiter werden. Später, anfangs der Sechziger Jahre stiess er zu Lotus, kreierte für sie einige der schönsten und windschlüpfrigsten Designs, Lotus 11, Lotus Elan, etc., und gab schliesslich der von ihm gegründeten Marke Marcos einen Teil seines Namens; so wie sein Bruder Mike Costin, der von ihm 1958 zusammen mit Keith Duckworth gegründeten, wohl erfolgreichsten Rennmotorenschmiede aller Zeiten, Cosworth, einen Teil seines Namens gab. Frank Costin fand Wege, die Kühlung der Lister-Bremsen zu verbessern. Der 1958er «Knobbly» hat entsprechend zwei grosse Einlassöffnungen vorne und ein ganzes System von Lufteinlässen und Auslässen am Heck – es kann schon mal vorkommen, dass jemand einen Mittelmotor vermutet. Das Gewicht und die Stirnfläche konnte für die neue Saison dramatisch gesenkt werden. Eine traurige Rolle sollte später die bei Scott Brown’s Auto VPP 9 verwendete Magnesium-Legierung «Elektron» spielen. Das Gewicht der ohnehin schon leichten Aluminiumhaut wurde gewiss um 40% gesenkt, aber möglicherweise wurde zuwenig bedacht, dass damit das Feuerrisiko im Falle eines Unfalls gewaltig ansteigen würde. Es wurde glücklicherweise nur ein einziges Fahrzeug damit versehen.
Road & Track titelte dann auch im May 1958 «Lister Jaguar, lower, lighter and more in demand». Weiter wurde die Aufhängung graduell verbessert, sodass man von einer ungeheuren «stickability» (zu deutsch wohl «Klebrigkeit»), zu sprechen begann. Tatsächlich, der 58er Lister Jaguar klebte förmlich auf der Strasse. So nicht erstaunlich, wenn immer es zu kurvenreichen Strecken kam, hatte der Lister-Jaguar die Nase vorne. Und so begann das neue Jahr besser als alle – ohnehin schon hohen – Erwartungen. Viele Fahrer hatten begonnen, Rennen in Lister-Jaguar zu bestreiten, so etwa Stirling Moss, Roy Salvadori, Yvor Bueb, Masten Gregory. Kein Wunder: Lister-Jaguar waren den damals vorherrschenden Rennsportwagen Aston Martin DBR/1 und DB3S, Maserati Tipo 60 und 61 «Birdcage», Ferrari 250, und natürlich den vielen in Europa verbleibenden Jaguar D-Type, zumindest ebenbürtig. Aber da waren noch die HWM, Tojeiro Jaguar, auch ein Cooper-Jaguar, die alle neuere oder ältere XK-Motoren verwendeten. Doch Doug Nye setzt in seinem Buch «Powered by Jaguar» eine deutliche Aussage in den Raum: «Listers were simply the best.» Wie nicht anders zu erwarten, war wiederum W.A. Scott Brown der tonangebende Meister. Bereits im Januar nahm er an verschiedenen Rennen in Neuseeland teil, allerdings noch mit dem Vorjahresmodell, MVE 303. Auch hier einige sensationelle Resultate. Dann folgten ab März wieder die «üblichen» Veranstaltungen in England, die Archie wiederum alle gewann. Es war geradezu zur Selbstverständlichkeit geworden: Standen Archie mit dem Lister-Jaguar am Start, würden sie auch gewinnen. Ist es da erstaunlich, dass man ab 1958 Lister-Jaguar vermehrt auch in den Händen konkurrenzierender Rennteams sah. Besonders fällt dabei die Ecurie Ecosse auf, die mit dem unscheinbaren, aber, wenn ihm das Glück hold war, aussergewöhnlich schnellen Masten Gregory sich in den Rennen der späteren 50er Jahren profilieren konnten. Allerdings wollte Besitzer David Murray auf sicher gehen und setzte ebenfalls einen Tojeiro-Jaguar (341 SG / RSF 301) ein – wir erinnern uns gerne des schweigsam-ernsten Freundes, dessen Tojeiro-JAP Brian zur Rennpiste geführt hatte. Im Lister Team startete nun neben Archie auch Yvor Bueb, der zusammen mit Mike Hawthorn im verhängnisvollen Le-Mans-Rennen von 1955 Sieger auf Jaguar D-Type geworden war. Andere waren Stirling Moss, Bruce Halford, Peter Whitehead, die beiden Amerikaner Briggs Cunningham sowie sein erster Pilot, Walt Hansgen, die sowohl in Europa wie in den USA für den weiss-blauen Rennstall mit grossen Erfolgen an den Start gingen. Lister Jaguar war damit auf den englischen und amerikanischen Rennpisten zur dominierenden Marke geworden. Für Brian und seine Light Engineering Ltd. bedeutete dies einen äusserst verheissungsvollen Start ins neue Jahr. Was einst 1953 in äusserst bescheidenem Rahmen begonnen hatte, begann nun seine entscheidenden Früchte zu tragen.
Mitten in diesem Höhenflug kam: die Katastrophe. Am 18. Mai 1958 traf sich in Belgien, was auf Rennsportwagen Rang und Namen hatte. Der Spa Francorchamps Sports Car Grand Prix war eines der wichtigsten Sportwagenrennen in Europa, entscheidend für die Ausmarchung zwischen den besten der besten. Doch Francorchamps wurde damals als gefährliche Strecke gefürchtet; im Gegensatz zu englischen Pisten gab es dort nirgends Auswege, die einen Fahrfehler verzeihen könnten. Einige Jahre später publizierte Paul Frère in seiner Autobiographie eine geradezu vernichtende Kritik an der Sicherheit auf jener Strecke – aber gleichzeitig auch eine Spitze gegen allzu kämpferisches und rücksichtsloses Duellieren unter Spitzenfahrern unter solch unfallträchtigen Umständen [Paul Frère, «From Starting Grid to Chequered Flag», Batsford, 1962]. Zudem, typisch für Spa, pflegten die Wetterverhältnisse höchst unsicher zu sein, bildeten oft eine trickreiche Situation: An einer Stelle herrschte strahlender Sonnenschein, an einer anderen Stelle des Rundkurses regnete es in Strömen. Und so war es denn auch an diesem 18. Mai: Archie Scott Brown im Lister Jaguar VPP 9 (BHL 3) verpatzte den Start, holte aber schon in der ersten Runde auf und überholte nach weiteren zwei Runden seine vor ihm liegenden Konkurrenten, Paul Frère auf Aston Martin und Carroll Shelby im D-Type. Ab Runde drei lag er in Führung, knapp vor Masten Gregory auf dem Lister-Jaguar der Ecurie Ecosse (BHL 104). Während auf Start- und Zielgeraden völlig trockene Verhältnisse herrschten, prasselte in der Seaman Kurve gerade ein Schauer nieder. Es war in der 5. Runde. Archie verlor die Bodenhaftung, schleuderte gegen eine falsch platzierte Signaltafel, die Vorderräder wurden weggerissen, der Lister drehte sich und kam schliesslich an einer Böschung zum Stehen. Benzin strömte aus und entzündete sich. Die an diesem Wagen verwendete Elektron-Haut fing also gleich Feuer und brannte lichterloh, als die Helfer angerannt kamen. Trotz mutiger und rascher Hilfe bei der Bergung des Fahrers durch Polizei und Marshalls, waren seine Verbrennungen derart, dass keine Hoffnung mehr bestehen konnte. Am Abend des nächsten Tages starb W. A. Scott Brown im Alter von gerade 31 Jahren, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Ein ausserordentlicher Rennfahrer war dahin gegangen. Obwohl er mit schweren Behinderungen geboren worden war, waren seine sportlichen Leistungen und Erfolge derart, dass in jenem Zeitpunkt bei Sportwagenrennen ihm nur wenige ebenbürtig waren. Die grossen Piloten der ausgehenden 50er Jahre, Fangio, Moss, Frère, Bueb, Halford, Gregory, Salvadori, Hawthorn, Collins, Brooks, Hansgen, Blond, Clark, McLaren, Flockhart, und wie sie alle hiessen, zollten ihm höchste Ehre.
Für Brian Lister war es ein ausserordentlicher Schlag. Im ersten Augenblick wollte er alles hinwerfen, aufgeben, sich von den Renntätigkeiten zurückziehen. Aber da waren seine Kunden, erst die Fahrer, die mit seinen Autos ihre Erfolge erzielten, die Rennställe, welche Bestellungen in Auftrag gegeben hatten und vor allem seine Mitarbeiter bei Light Engineering resp. der George Lister & Sons. Vor ihnen konnte er sich nicht einfach davonstehlen, auch wenn es ihn persönlich noch so sehr schmerzen sollte. Brian Lister erkannte, dass er seine überwältigende persönliche Trauer hintan stellen und wieder einer Zukunft entgegensehen musste. Tatsächlich, die begonnene Erfolgsserie ging weiter. Auch ohne Archie. Yvor Bueb hatte als Werksfahrer übernommen. Geht man durch die Annalen der Rennsaison, wird man bei den weiteren Rennen immer wieder in den vordersten Rängen auf Lister-Jaguar stossen. Hervorzuheben etwa die Siege von Stirling Moss in Silverstone, von Ivor Bueb in Brands Hatch, Snetterton und Oulton Park.
Langsam begannen die Mitarbeiter und auch Brian sich vom schweren Schlag zu erholen. Was bei Light Engineering die Stimmung wieder stärken sollte, waren vor allem die nach den USA exportierten Lister-Jaguar. Briggs Cunnigham hatte auf Grund seiner bisherigen Erfahrungen auf den europäischen Pisten für den Einsatz in den USA nicht weniger als drei Autos bestellt – und diese zum Teil bereits mit grossem Erfolg eingesetzt. Ende 1958 las sich eine Zusammenfassung der Siege der wichtigsten amerikanischen Rennen wie ein Palmares für Briggs, seine Fahrer und die Lister-Jaguar. Neu war, dass für 1959 sowohl von Briggs und Carroll Shelby und einigen anderen bekannten Namen, Lister für den Einbau von Corvette-Motoren und Getrieben geordert wurden. Ein Corvette «Small Block» Motor (283 ci = 4,6 Lt.) konnte bis zu 500 PS – heute noch einiges mehr – entwickeln, wenn von Experten getunt, allenfalls auch aufgebohrt. Die amerikanischen Regeln erlaubten da eine grosse Vielseitigkeit der Ausrüstungen und des Tuning. Cunninghams technischer Guru, Alfred Momo, Momo Corporation, durfte in dieser Hinsicht ruhig ein Genius genannt werden. Auch im reglementarisch freizügigen amerikanischen Theater brachte er Pferdestärken und Drehmomente zustande, von denen andere nur träumten. Wichtig ist dabei, dass von 1958 an die Unterscheidung Lister-Jaguar und Lister-Chevrolet notwendig geworden war. Cunningham, Carroll Shelby und auch Kjell Qvale, British Imports, dem an der ganzen Westküste bekannten Spezialisten für englische Autos an der Van Ness Avenue in San Francisco, begannen nun zu planen, Lister in grösseren Zahlen zu importieren. Gedacht für ihre eigenen Rennteams wie auch für andere Interessierte, erhofften sie sich eine neue Aera von Rennerfolgen mit britischen Autos. (In der Folge zeigen wir einen Lister-Chevrolet, BHL 122, zuerst vor der Restauration.)
Während von 1959 an Cunningham mit Momo zusammen ganz auf Chevrolet-Corvette-Motoren setzten, war Shelby eher den Jaguar-Triebwerken zugeneigt, spekulierte aber auch auf Maserati-Motoren, allerdings den 1956 angekündigten V8 (nicht etwa ein A6-Derivat). Kjell Qvale wollte den beiden in nichts nachstehen und sah Lister-Jaguar als Grundpfeiler eines eigenen Rennstalles. Fahrer waren für Cunningham Walter Hansgen, Ed Crawford und Fred Windrige, bei Qvale Jack Flaherty. Die amerikanischen Erfolge erscheinen im Nachhinein wie ein spätes Aufbäumen der grossvolumigen Frontmotorautos, so etwa wie in den späten 20er Jahren die grossen Bentley 4 ½ Litre und Speed Six auf den Rennstrecken Siege errangen, während in Molsheim und Milano die Siegerautos der dreissiger Jahre vorbereitet wurden. Lister schien schicksalhaft als der Standartenträger für eine sachte auslaufende Generation erkoren worden zu sein. Was damals an beinahe jedem Sportwagenrennen an Ost- und Westküste zu beobachten war, kann auch heute noch an historischen Rennen in Europa und den USA festzustellen sein. Wo Lister an den Start gehen, wird es spannend – und mit grosser Sicherheit kann je nach Rennklasse ein Sieg eines Lister-Chevrolet oder Lister-Jaguar vorausgesagt werden, auch wenn sich sehr gute Fahrer mit Autos wie D-Type, Aston Martin, Ferrari, Maserati, AC Cobra und Allard mit ihnen messen.
Die Geschichte der Lister scheint gerade dann nochmals einen drastischen Wandel zu vollziehen, als sich alles wieder in relativ ruhigen Bahnen zu bewegen begann. Trotz Archie’s Tod waren die Lister erfolgreich geblieben. Die enge Symbiose zwischen Brian und seinem Fahrer war ein Ding der Vergangenheit, aber man fühlte sich jetzt aufgrund der Rückmeldungen aus allen Teilen Englands und der USA stark genug, um mit einem gesunden Selbstvertrauen die Weiterentwicklung für das nächste Jahr, 1959, an die Hand zu nehmen. Mit dem schon im Vorjahr beteiligten Frank Costin eröffnete sich nun eine noch weit engere Zusammenarbeit. Er gehörte nun mit Brian Lister und Don Moore zum innersten Zirkel der Light Engineering Ltd. Der Aerodynamiker hatte erkannt, dass die Karosserie zwar eine denkbar kleine Stirnfläche besass, hoffte aber, den Luftwiderstandsbeiwert Cw noch weiter zu senken. Zudem glaubte er, das Gesamtgewicht reduzieren zu können. So entstand für 1959 eine neue Form, später als Lister-Costin bekannt. Beinahe voll verschalte Räder hinten und auch vorne, so etwa wie ein Lotus 11 – der Kenner sei daran erinnert, dass Frank Costin ab 1960 für diese Firma tätig wurde. Costin änderte die Chassisstruktur erst nur wenig. Einige Monate später, gegen Herbst 1959 folgte ein echter Spaceframe-Rohrrahmen, wie wir ihn beispielsweise vom C-Type her kennen, allenfalls auch den «Birdcage»-Maserati. Mit diesem erreichte er eine wesentlich höhere Verwindungssteifigkeit, veränderte aber vieles im Kurvenverhalten des Autos. Wie heute ausgewiesene und erfahrene Lister-Experten, so etwa John Harden, Vintage Connection, aus Oklahoma City, berichten, übernehmen beim «Knobbly» die dicken Doppelrohre mit der ihnen eigenen Flexibilität einen bestimmten Anteil an der Federung. Nicht aber beim Costin. Die vorerwähnte «Klebrigkeit» wird somit reduziert und bedarf einer veränderten Federkennung und einer anderen Kurventechnik des Fahrers. Der Lister-Costin war nun wahlweise mit dem bewährten D-Type- und dem Chevrolet-Motor erhältlich. USA-Auslieferungen wurden in der Regel ohne Motor und Getriebe an Briggs Cunningham geliefert und dort von Alfred Momo mit den leicht erhältlichen Komponenten der Corvette ausgerüstet. Dabei erforderte die Anpassung auch Karosserieänderungen an Haube und Schwellen, um den je nach Vergasertyp wesentlich höheren Motor und dessen beidseitige Auspuffrohre aufzunehmen. Alles in allem 5 Lister-Jaguar und Lister-Chevrolet gingen so direkt an Cunningham. Es kursieren Gerüchte – sind sie wahr oder nicht? -, dass Carroll Shelby gerne auch Lister «amerikanisiert» hätte, möglicherweise mit Ford-Aggregaten, was aber Cunningham zu verhindern wusste. Shelby importierte selbst zwei «Knobbly»-Lister-Jaguar und zwei Lister-Costin mit Jaguar-Motor. Blieb ihm schliesslich der Ausweg, die noch immer mit BMW/Bristol-Motoren dahinserbelnden AC mit dem 289 ci Ford V8 zu bestücken und dies dann «AC Cobra» zu nennen.
Programmgemäss tauchten zu Beginn der Saison 1959 die Lister-Costin auf den Rundstrecken auf. Sie waren gut, keine Frage, aber sie waren den nach wie vor erfolgreichen «Knobbly» keineswegs überlegen. Waren sie gleich ausgerüstet und konnten die Fahrer als etwa gleichwertig beurteilt werden, so waren auch die Resultate entsprechen ambivalent. An sich war Brian enttäuscht. Er hatte sich vom neuen, mit viel Aufwand gebauten Auto merkliche Vorteile erhofft. So hatte man in der Entwicklung weit mehr berechnet und geprüft, hatte sich in die Konstruktionen anderer Rennwagenbauer vertieft, hatte mehr Probefahrten unternommen also zuvor, und jetzt war dies nur gerade so-so herausgekommen. Und doch, ganz drinnen war er auch heimlich erfreut. Der mit geringem technischen Aufwand erbauten und auf Anhieb geradezu unglaublich erfolgreichen «Knobbly» von 1957 und 1958, die bald einmal in der Presse als «the fastest english racing car» betitelt worden waren, gingen alleine auf ihn und Don Moore’s Werk zurück. Sie beide, sozusagen als Amateure, hatten fertig gebracht, was ein fachlicher Experte und Berater anderer Konstrukteure nicht besser konnte. Es gab unhöfliche Worte mit Frank Costin, was mit zu seinem Ausscheiden im Laufe des Sommers führte. Was aber von vielen damals hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurde und wir heute leicht nachvollziehen können, ist das Aussehen der beiden Modelle. Der «Knobbly» wurde damals als «schön“»empfunden, ohne jeden Abstrich, heutzutage oft sogar in höchsten Tönen hervorgehoben, z.B. Classic Cars, Juli 2005, die den «Knobbly» als zweitschönstes aller Villa d’Este-Exponate bezeichnete. Das Aussehen des Lister Costin mit seiner (angeblich) aerodynamischen Perfektion wird zumal als «aufgeblasen» oder als «fischartig» bezeichnet, allenfalls gar einer Qualle gleichgesetzt.
Und im Februar 1959 kam von Jaguar-Seite die Stimme Malcom Sayer’s in einem an Bill Heynes gerichteten Memorandum. Malcom war nicht begeistert. Er fand die Form an sich gut, lobte auch die Space-Frame-Technik und die damit erreichte Einsparung von 70 Pfund – und damit die Halbierung des Gewichts des Rahmens, aber er hegte Zweifel an der Aerodynamik. Er kritisierte rundheraus, dass im Laufe der Entwicklung keine Windtunnel-Versuche durchgeführt wurden, ein Faktum, das tatsächlich eher erstaunlich ist, beachtet man doch die Herkunft von Costin. Was ihn wirklich störte, waren die zahlreichen Öffnungen, die zur Kühlung von Fahrer und Bremsen als notwendig erachtet wurden, welche die Linie und damit die Strömung störten. Und schlimmer noch als Malcom’s verhaltene Kritik war Stirling Moss’ Verdikt, das er in seiner eigenen, direkten Art nach dem Rennen in Sebring an Brian Lister weitergab: «Geh zurück zum «Knobbly», der Erfolg wird dir sicher sein». Und richtig, Briggs Cunningham im Vorjahresmodell hatte das Rennen gewonnen, wo er sich mit Stirling duelliert hatte, dieser aber war mit dem Lister-Costin unterlegen geblieben war.
Schliesslich kam das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Dieses Jahr wollte man es wirklich wissen. Zwei Lister-Costin wurden vorbereitet, beide gemäss dem CSI-Reglement mit der 3-Liter-Version der D-Type-Maschine. Man merke: Die 2’986-ccm-Version war ein «künstliches» Produkt, das im nachhinein basierend auf dem 3,4-Liter-Block mit gleicher Bohrung, 83 mm, und kürzerem Hub, 92mm (statt 106 mm) sowie einer Kompression 10.25:1 entwickelt worden war, alleine um der nun seit 1958 geltenden Rennformeln zu entsprechen. Gemäss dem bestehenden Motoren-Leihvertrag mit Jaguar lag es in Coventry’s Verantwortung, die entsprechenden Anpassungen auszuführen. Schon vor Jahren aufgekommene Probleme mit dem 3-Liter Triebwerk sollten nun behoben worden sein und Don Moore hatte berechtigte Hoffnungen, dass diesmal die Maschinen durchhalten würden. Und doch, nach 4 ½ Stunden, brach am einen Auto von Hansgen und Blond einer der Connection-Rods und durchbrach den Sumpf. Nach etwa 9 Stunden an vierter Stelle liegend, am Auto von Bueb und Halford: das gleiche Problem. Damit waren die Lister ausgeschieden, der Traum Le Mans war zu Ende. Später, 1963, wurde es nochmals versucht, leider auch da mit keinem Erfolg. Der Spaceframe-Lister-Costin wurde durch die Fahrer Sargent und Lumsden nach Le Mans gebracht, nun als Coupé neu aufgebaut, und war schnell. Doch dann brach schon in den frühen Stunden ein Kupplungsbolzen und liess auch diesen Versuch als «Did Not Finish» enden. (Unten jetzt noch einmal BHL 122, jetzt aber nach der Restauration.)
Es dauerte nur gerade einige wenige Wochen, dann kam das Ende der Lister-Produktion: Am 23. Juli 1959 übergab Brian Lister der Presse ein Memorandum getitelt: «Lister’s withdrawing from Motor Racing». Angegebene Gründe waren: Die andauernde Änderung der Regeln durch die Internationalen Sportkommission; die Konkurrenzierung durch immer finanzkräftigere Rennteams; die generelle Unsicherheit, in welcher sich die technischen Spezifikationen entwickeln würden; und letztlich der grosse Eingang von Aufträgen aus dem Landwirtschaftsbereich bei George Lister & Sons und die daraus resultierenden notwendigen Mehrinvestitionen in einen modernisierten Maschinenpark. Mit ein wesentlicher, nicht angegebener Grund mag auch sein, dass kurz zuvor praktisch gleichzeitig eine Reihe von Unfällen mit Fahrern geschah, mit denen Brian eng befreundet gewesen war: Yvor Bueb, der mit seinem Borgward-Cooper in Clermont-Ferrand tödlich verunglückte, Jean Behra, der auf der Avus in Berlin starb, und Peter Blond, der in einem Lister-Costin einen schweren, aber nochmals glücklich abgelaufenen Unfall in Brands Hatch erlitt (der Autor hat Peter vor zwei Jahren persönlich getroffen – und fand mit grosser Genugtuung, dass er sich auch im Alter in bester Verfassung befindet). In den USA hatte Listers Rückzug aus der Renntätigkeit keine unmittelbaren Folgen. Das Cunningham Team war weiterhin erfolgreich; Walt Hansgen gewann am Jahresende erwartungsgemäss zum zweitem Mal die SCCA-Meisterschaft (Sports Car Club of America) auf einem der Cunnigham-Lister-Jaguar. Eine Ersatzteil-Sorge gab es für die weiter existierenden Teams keine. Die Firma George Lister & Sons bestand weiter, hatte ohnehin als einen Grund zur Aufgabe ihre besonders zukunftsträchtige Auftragslage für ihre anderen Produkte vorgewiesen. Sie existiert heute noch als Engineering Services Company in Cambridge. Jahrzehnte nach dem Ende der Renntätigkeit erst wurde das Ersatzteillager aufgelöst. Es fand einen Käufer in John Harden, Vintage Connection, Oklahoma City, USA. Er gilt weltweit als einer von den zwei, höchstens drei, massgebendsten Lister-Kennern und -Restauratoren. Im Laufe der Entstehung dieses Berichtes hat John gegenüber dem Autor gerne auf seine noch immer bestehende enge Beziehung zu Brian Lister hingewiesen.
Im Zuge des hundertjährigen Bestehens von George Lister & Sons wurden im Jahre 1990 im Lister Werk in Cambridge vier neue «Knobbly»-Lister-Jaguar mit Chassis Nummern BHL 146 bis BHL 149 unter der Bezeichnung «Centenary Edition» aufgebaut. Die Triebwerke sind dabei keine D-Type-Wide-Angle-Motoren, sondern XK-3,8-Liter-Motoren, die Karosserieform ist jene der 57er-Modelle. Diese Autos existieren heute noch alle und sind öfter bei Rennen anzutreffen. Sie zählen für den Kenner aber nicht als eigentliche Lister. Kürzlich kam BHL 149 in den USA zur Auktion, es wurde dafür die respektable Summe von über 200’000 Dollar geboten, was dem Verkäufer aber zu wenig war.
Der heutige GT Rennstall «Lister Storm» hat nur soweit eine direkte Beziehung zur Firma George Lister & Sons, Cambridge, als man sich das Recht zur Verwendung der Namen Lister und Light Engineering erworben hat. Laurence Pearce, der leitende Ingenieur des Storm GT Projektes, hatte in den 80er Jahren eine sehr gute persönliche Beziehung zu Brian Lister aufgebaut, insbesondere 1990 den Centenary Edition «Knobbly» BHL 149 erworben und an Rennen eingesetzt (z.B. GP Barcelona). Er hatte die Lizenz für den Namen «Lister» und später die juristisch Papier noch bestehende «Firma Light Engineering Ltd.» erworben. Ab 1991 konstruierte er daraufhin seinen eigenen «Supercar» und gab ihm den Namen «Lister Storm». Unter dieser Bezeichnung nahmen diese Autos an einer Zahl von wesentlichen Langstreckenrennen teil, inklusive drei Starts in Le Mans. Eine direkte Beteiligung von Brian Lister – mehr als die persönliche Bekanntschaft – ist aber nicht. Brian Lister verstarb am 16. Dezember 2014.
Der im Titel dieser Geschichte zu sehende (grüne) Lister-Jaguar BHL 16 wurde im November 1958 von Kjell Qvale aus England importiert. Die Chassis-Nummer wurde wie bei anderen Lister-Autos aus steuerlichen Gründen nicht wie aus der logischen Abfolge richtig mit BHL 116 bezeichnet, sondern mit der Nummer eines sehr frühen, völlig anders gebauten und schon in jenen Jahren lange nicht mehr existierenden Chassis eines Lister-Bristol, BHL 16, eingestanzt. Die Literatur jedoch gibt sich konsequent: Sie gibt die an sich korrekte Nummer, BHL 116, an (BHL für Brian H. Lister). Qvale hat das Auto unmittelbar nach Erhalt an den bekannten Rennsportwagenfahrer, Jack Flaherty aus Salinas, Kalifornien, weitergegeben, wir vermuten lediglich für Rennzwecke ausgeliehen, denn Qvale war es daran gelegen, sich selbst ein Competition Department – so etwas wie seinen eigenen Rennstall – aufzubauen. Während der nächsten vier Jahre wurde der Lister-Jaguar sehr aktiv in Kalifornien an Rennen eingesetzt. Ein zweiter Fahrer von BHL 16 war Chuck Howard. Er muss das Auto zu Beginn der Jahres 1960 von Flaherty übernommen haben. Ob er dazu im Rahmen von Kjell Qvale’s Competition Department beauftragt wurde oder ob er das Auto gekauft hatte, ist heute nicht auszumachen.
Die Zeit nach 1961 ist kaum mehr zu überblicken. Während 5 Jahren schien das Auto „verschollen», tauchte aber im Jahre 1966 wieder auf. In der Zwischenzeit hatte es zumindest einmal die Hand gewechselt, gelangte zuletzt im Besitze eines Jack Edward Capehart. Aus nie klar geworden Gründen kam er in jenem Jahre zu Tode – nicht etwa bei einem Autounfall, sondern eher in einer Streitigkeit mit einem Konkurrenten. Die Mutter, Minnie Capehart, überliess das unerwünschte Erbgut seinem Schicksal. In einem Obstgarten im hinteren Teil ihrer bescheidenen kleinen Farm im südlichen Oklahoma blieb er liegen, der allmählichen Verrottung preisgegeben. Und dann die Rettung: Hätte nicht im Spätherbst 1973 ein High-School-Student, der sich sein Schulgeld als Angestellter in einem Ersatzteile-Lager verdiente, von einem «old racing car on some farm» gehört. In der July 1994 Ausgabe der amerikanischen Zeitschrift «Automobile» wird die Auffindung dramatisch geschildert. Der junge Mann radelte mit seinem Fahrrad während einem halben Jahr durch die Gegend, um möglicherweise einen Hinweis auf einen verlockenden Fund zu erhaschen. Und wurde im April 1974 fündig. Nicht nur fand er ein einen Rennsportwagen einer ihm damals nicht bekannten Marke, stark verwittert und durch die Unbill der Natur arg in Mitleidenschaft gezogen, doch recht komplett erscheinend. Unweit davon einen Motor, der sich später als Wideangle-D-Type Triebwerk entpuppte. In einer in der Nähe liegenden Scheune entdeckte er weitere Einzelteile. Nach Verkauf seines Motorrades und anderer Besitztümer konnte er zum Kaufe schreiten, benötigte allerdings als 17-Jähriger zwei autorisierende Unterschriften. Als er auf einem Hänger nach Hause brachte, was an sich ein vollständiger Lister-Jaguar war, wurde er von seinem Vater – gelinde gesagt – unsanft empfangen.
Er solle erst seine Studien beenden und «etwas werden», bevor er sich an die Wiederinstandstellung wagen würde. Was der junge David Reynolds damals als Undank der Welt empfunden haben mag, fügte sich Jahre später als echter Glücksfall. Als er finanziell auf eigenen Füssen stand und eine aufwendige Restauration ins Auge fassen konnte, war es acht Jahre später. Er machte sich auf die Suche nach einem geeigneten Fachmann, der es alles richten sollte. Auf Anraten seines Bruders sollte er sich einmal in Oklahoma City umsehen, damals, wie er sich heute erinnert, für ihn das Zentrum der Welt. Jemand würde dort Sportwagen in Ordnung bringen, wurde ihm berichtet. Er fuhr hin und traf auf John Harden. Erst wollte der wenig von der Restauration eines alten Automobils wissen. Doch als ihm ein Foto des Objekts gezeigt wurde, soll er, so David, einen Augenblick still geworden sein. Dann erhellten sich seine Züge und alles andere lief im Eiltempo ab. Er solle den die Teile des Lister, welche hinter dem elterlichen Haus unter einem Tarpolin geschlummert hatten, möglichst rasch herbringen und ja, man könne sich einigen, so nach und nach das Auto fachgerecht zu restaurieren, zeitmässig seinen jeweiligen pekuniären Verhältnissen angepasst. Es war ein unglaublicher Zufall und doch wahr: Wenngleich nicht gerade in einem automobilhistorischen Mekka situiert, gilt John Harden weltweit als der beste und bekannteste Restaurator der Marken Allard und Lister, vielleicht mit Ausnahme von einem oder zwei Engländern.
Was über die Jahre entstand, ist wohl aus fachmännischer Sicht der am besten restaurierte Lister-Jaguar überhaupt. Der Fortschritt sei langsam gewesen, berichtet Reynolds, nicht wegen John’s Fähigkeiten, sondern weit eher auf Grund der Verfügbarkeit seiner finanziellen Mittel. Alle Komponenten sind original geblieben: Original-Chassis, originaler Motor, so wie er gefunden wurde (mit der Einschränkung, dass der ursprüngliche Block in den frühen 60er Jahren durch einen ausgebrochenen Pleuel zerstört worden ist und durch einen damals neuen Jaguar-Block von wiederum 3.8 Lt. ersetzt wurde), Original Wideangle-D-Type-Kopf, Original Weber 45DC03 Vergaser, Original-Instrumente, Original-Getriebe, Hinterachse, Lenkung, und so weiter.
Was an Karosserie-Teilen nicht mehr verwendet werden konnte, wurde ersetzt, die weggeschnittenen Teile sorgsam aufbewahrt und dem heutigen Besitzer (in einer von einem einzigen Manne tragbaren Kartonschachtel) übergeben. Nach Ende der Restauration im Jahre 1992 wurde der Lister-Jaguar BHL 16 wiederum auf die Rennstrecke gebracht. An den historischen Rennen von Laguna Seca im August sollte eines der grossen Erlebnisse des wiederauferstandenen Lister-Jaguar werden. Loris Tryon, Hauptorganisator des Concours d’Elegance von Pebble Beach, wählte ihn als jenes Schaustück aus, das traditionsgemäss am Sonntag der automobilen Tage von Monterey an die grosse Show gebracht werden durfte, um dort einen begehrten Preis in Empfang nehmen zu können. Einige weitere Rennen in Laguna Seca folgten, dann war Reynold’s Bedarf an sportlichen Ereignissen solcher Art gedeckt. Von da weg schlummerte der Lister wieder vor sich hin, diesmal jedoch wohlbehütet in einer sicheren Garage in Fair Oaks Ranch, Texas. Einige Jahre später, im Juni 2003 entschloss sich David Reynolds, seine Sicherheits-Ausrüstungsfirma auszubauen und benötigte zu diesem Zweck eine kräftige Kapitalspritze. Der Verkauf des Lister war für ihn der am besten geeignete Weg. Allerdings sah er eine Trennung nach 30 Jahren von seinem geliebten zum Glanzstück mutierten Kulturgutes nur unter der Bedingung, dass sich ein gutes und geeignetes neues Zuhause finden würde. Und so endet die Geschichte in der Schweiz.
Wir bedanken uns für diesen hervorragenden Artikel gerne bei: Christian Jenny. Die Bilder stammen von Patrick Corminboeuf. Und andere nette Briten finden Sie in unserem Archiv (nein, Jaguar hat es dort keine).
Der Beitrag Die Geschichte von Lister erschien zuerst auf radicalmag.