Test Skoda Kodiaq
bigger is better
Raum. Neben Zeit ist Raum der wahrscheinlich grösste Luxus der Neuzeit. So gesehen ist der Skoda Kodiaq ein Fahrzeug der Luxus-Klasse, denn das Platzangebot des MQB-Tschechen ist irgendwie: ein Wunder. Auch wenn vorne der 1,90-Meter-Mann am Lenkrad sitzt, so bleibt den hinteren Passagieren so viel Beinfreihet wie in einer S-Klasse. Und dahinter hat es dann noch 720 Liter Kofferraum; bei abgeklappten Rücksitzen sind es über 2000 Liter. Das schafft sonst nicht einmal ein Klein-Transporter. Man steht da, schaut in den Wagen – und mag es kaum glauben. Und das auf Basis von MQB (also Golf), mit 4.7 Metern Länge und 1,67 Metern Höhe nicht einmal komplett unförmig oder formal adipös, sondern einfach nur: gut. Wenn schon SUV, dann genau so; wenn schon MQB, dann genau so (oder vielleicht als Superb…). Was uns aber gefehlt hat, und wir hätten es gleich mehrfach brauchen können: der 7-Sitzer. Man fragt sich sowieso, wieso der Kodiaq nicht immer sieben Plätze zur Verfügung stellt, denn, eben: Platz genug ist da alleweil.
Nachteil der grossen Fuhre: Obwohl weniger ausladend als etwa ein Touareg – so richtig übersichtlich ist der Kodiaq nicht. Man ist froh um die ganze Piepserei, gerade vorne hat man so ziemlich gar keine Ahnung, wo der Wagen denn aufhören könnte. Womit wir dann auch schon mitten im Thema Design wären. Aber eigentlich gar nicht so recht wissen, was wir dazu schreiben sollten, die ganz grossen Emotionen weckt dieser Skoda nicht, weder im positiven noch im negativen Sinne. Ein nicht wirklich kundiger Betrachter meinte: «Für einen BMW ist der reichlich langweilig». Davon kann man jetzt halten, was man will, ist es ein Lob für den Skoda, mit einem BMW verwechselt zu werden, oder traut man BMW nicht mehr mehr zu? Es ist halt so, und das machen die Tschechen bestens: form follows function. Und wo der Kodiaq-Bruder Tiguan aussieht wie ein aufgeblasenes Brathähnchen (ganz besonders in der beliebten R-Line), da bleibt der Skoda sauber und sachlich, mehr so in Richtung: Kühlschrank.
Das Innenleben des Skoda kennen wir von anderen Skoda und noch ganz vielen anderen MQB-Produkten, und man müsste das schönschreiben, wenn man behaupten möchte, der ist hübscher, jener cleverer, und schliesslich dieser irgendwas; bis auf Details sind sie alle gleich, wir können diese Fahrzeuge in finsterster Nacht und auch bei beginnender geistiger Umnachtung bedienen. Was man aber unbedingt als Lob verstehen soll: es ist alles logisch, es ist alles klar, das Bediensystem ist idiotensicher, die Hebelchen und Schalterchen genau da, wo man sie erwartet, mit genau den Funktionen, die ergonomisch und überhaupt Sinn machen. In Sachen Verarbeitung ist der Skoda auf Augenhöhe mit den Volkswagen, sprich: auch mit den Audi. Für einmal hatten wir nicht die Top-Version, sondern mehr so Brot-und-Butter, mit Stoffsitzen und ohne beledertes Armaturenbrett, und, oh Wunder: es geht bestens auch so, man vermisst gar nichts. Was es aber schon zu schreiben gilt: so richtig modern wirkt das MQB-Innenleben halt nicht mehr, da hat Peugeot mit dem 3008 die Latte schon deutlich höher gelegt. Dafür hat der Skoda halt noch so manche dieser «kundenfreundlichen» Detaillösungen, den Eiskratzer beim Tankdeckel, der Türschutz (schamlos von Ford kopiert), etc. – es wundert doch heftig, dass andere Hersteller dafür nicht auch ein bisschen Hirnschmalz investieren wollen.
Auch unter der Haube ist es bei unserem Probanden eher ruhig. Der bekannte 1,4-Liter-TSI mit seinen 150 PS versieht seinen Dienst unaufgeregt – und sorgt halt auch beim Piloten nicht gerade für Herzklopfen. Selbstverständlich reicht das alles locker für die Verhältnisse in der Schweiz, obwohl doch fast 1,7 Tonnen zu bewegen sind. Aber gut 10 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 sprechen halt andererseits auch eine deutliche Sprache – wir wussten gar nicht, dass es noch zweistellige Zahlen gibt beim Paradesprint. Das 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe aus den tiefen VW-Regalen sorgt hingegen dafür, dass die 250 Nm maximales Drehmoment, die schon ab 1500/min zur Verfügung stehen, gut verwendet werden; dieses DSG ist bleibt Benchmark, auch was die sauberen Schaltvorgänge betrifft. Erstaunt hat uns der tatsächliche Verbrauch aber dann trotzdem, 7,6 Liter waren es im Schnitt (7,1 Liter gemäss Werk), das ist ganz anständig, denn so ein Kodiaq ist ja jetzt nicht der Weltmeister in Sachen Aerodynamik, leicht ist er auch nicht, und ja, die 150 Pferde verbringen nur selten eine ruhige Minute.
Nicht so richtig überzeugen konnte uns allerdings das Fahrverhalten – der grosse Wagen ist schon eine Schaukel. Sowohl die Schräglagen wie auch die Wankbewegungen erinnern so ein wenig an ein Schiff. Die Lenkung ist ok, der Komfort auch – es ist uns auch nicht so ganz klar, weshalb dieses MQB-Produkt so weich erscheint. Klar, die «Dynamic Chassis Control» war halt nicht inbegriffen, da fehlt wohl schon etwas. Aber vielleicht war es auch, weil unser Testwagen keine massiv aufpreispflichtigen 20-Zöller montiert hatte, sondern mit 18er auskommen musste?
Ab 34’470 Franken ist so ein Skoda Kodiaq mit 150-Benziner-PS, Allradantrieb und DSG zu haben. Da kommen dann schon noch ein paar Franken dazu, damit das Leben einigermassen angenehm wird, doch im Vergleich zu anderen MQB-SUV (VW Tiguan und Audi Q2; der Seat Ateca läuft auf dem gleichen Niveau wie der Skoda, bei deutlich geringeren Abmessungen) bleibt das alles sehr vernünftig; im Vergleich zur französischen und asiatischen Konkurrenz stehen die Tschechen aber preislich längst nicht mehr so gut da wie noch vor wenigen Jahren. Gut, der Kodiaq ist noch nicht so richtig auf dem Markt angekommen, aber vom Tiguan wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres in der Schweiz fast 3500 Stück verkauft, vom Seat Ateca doch auch noch mehr als 1500 Exemplare, und sogar der unsägliche Audi Q2 (1248) rangiert noch vor dem Skoda (1069) – erwarten die SUV-Kunden vielleicht mehr als «nur» viel Platz? Für uns wäre die Wahl unter den MQB-Produkten klar, aber es müsste dann schon der 7-Plätzer sein…
Mehr Skoda haben wir in unserem Archiv. Ach ja, wir hatten da andernorts einmal einen grossen Vergleich aller vier MQB-SUV geschrieben, den gibt es: hier.
Der Beitrag Test Skoda Kodiaq erschien zuerst auf radicalmag.