Test Renault Twingo GT
Hummel
So richtig wild verkauft sich der Twingo von Renault nicht mehr, im vergangenen Jahr blieb er mit nur 531 abgesetzten Exemplaren in der Schweiz sogar hinter seinem technischen Bruder, dem optisch so unsäglichen Smart Forfour, zurück. Das ist so ein bisschen eine Tragödie, denn die erste Generation des Twingo (1993-2007) war grossartig, wohl eines der cleversten Autos aller Zeiten – weder die zweite Generation und schon gar nicht das aktuelle Modell konnten je wieder auch nur annähernd an den Verkaufserfolg des Ur-Twingo anknüpfen. Wir wollen ja nicht bös‘ sein, aber es war dies irgendwie absehbar, der Twingo II war schlicht öd‘, der Twingo III (seit 2014) mit seinem Heckmotor ist vom Konzept her etwas schwer verständlich, auch in Sachen Design wird er wohl kaum als ein Meisterwerk von Laurens van den Acker in die Automobilgeschichte eingehen. Der GT nun, das ist doch deutlich besser, hübscher, was sicher auch an den 17-Zöllern liegt.
Dass die Kundschaft nun den Renault-Händlern für den Twingo GT die Bude einrennen wird, muss nicht befürchtet werden. Dabei hätte der kleine Franzose durchaus mehr Beachtung verdient, dies nicht allein, weil er links seitlich einen zusätzlichen Lufteinlass hat und mit «orange magma» in einer sicher aufsehenerregenden Farbe lieferbar ist. Denn er macht auf jeden Fall Spass – 109 PS auf 1100 Kilo, das ist nämlich absolut ok. Wir hatten die handgeschaltete Variante im Test – und so wird der Twingo GT zu einem ganz fröhlichen Spielzeug. Gut, 9,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 182 km/h sind heute eher dürre Zahlen, das kann jedes kompakte SUV locker auch, doch es geht beim Autofahren, wie dort draussen im richtigen Leben, weniger um das Wieviel als mehr um das: Wie.
Der 0,9-Liter knurrt schön, tönt nach mehr, so ein bisschen wie eine Hummel. Das Turboloch ist vorhanden, aber absolut erträglich, das maximale Drehmoment von immerhin 170 Nm steht schon bei 2000/min zur Verfügung. Die Gasannahme ist feinst, der kleine Franzose dreht schön hoch – und obwohl nur fünf Gänge zur Verfügung stehen, sind die Anschlüsse bestens, gerade dann, wenn man ihn etwas höher dreht. Als GT ist der Twingo alles andere als eine Sänfte, vielleicht ist er sogar ein bisschen zu hart abgestimmt, doch genau das schätzt man dann, wenn man ihn flott durch die Kurven zwingt. Das macht er dann ausgezeichnet, die Agilität ist immer wieder überraschend (rekordverdächtige 8,59 Meter Wendekreis), man muss fast ein wenig aufpassen, dass man die Biegungen nicht zu eng nimmt. Uns erinnert das alles ein bisschen an das Fahren eines Oldtimers, man darf noch arbeiten, man kann den Wagen ans Limit bringen, ohne dass man sich schon in jenseitigen Geschindigkeitsbereichen befindet – der Renault ist dabei kinderleicht zu beherrschen. Irgendwann schiebt er dann schon über die Vorderräder, aber dann hat der Pilot wohl einen Fehler gemacht – oder die Gesetze der Physik zu überwinden versucht.
Uns hat die Lenkung gefallen (präzis, leichtgängig), uns haben die Bremsen gefallen (ausdauernd, gut dosierbar), uns hat die Sitzposition nicht so besonders gefallen: man sitzt irgendwie wie auf einem Thron. Das Innenleben ist irgendwie etwas gar modernistisch, etwas viel Plastik, aber die Übersicht bleibt gewahrt; das R-Link-System von Renault ist simpel und einfach verständlich, macht aus dem Twingo GT einen Klon des Smartphones, das man ja sowieso mit dabei hat. Gefallen hat uns auch die Verarbeitungsqualität – man darf ja nicht vergessen, dass so ein Twingo GT nicht bloss zu den ganz wenigen potenten Kleinstwagen gehört, sondern noch unter 20’000 Franken kostet. Gut, man kann da dann schon noch etwas drauflegen in Sachen Sonderausstattungen, aber grob wird es trotzdem nie. Ob man das Doppelkupplungsgetriebe, das 1300 Franken Aufpreis kostet, wirklich braucht, können wir nicht beurteilen.
Ja, das Raumkonzept des Twingo. Das Kofferräumchen ist halt winzig, 188 Liter bei ganz zurückgeschobenen Rücksitzen, darunter arbeitet ja auch noch der Motor. Da wird halt wohl manche potentielle Kundin erschrecken, wenn sie die Heckklappe öffnet und dort nur ein etwas überdimensioniertes Handschuhfach vorfindet. Klappt man alles Mögliche ab, dann sind es fast 1000 Liter, das ist dann wieder ok. Und auch hinten sitzt man anständig, gut sogar im Vergleich zu manchen Konkurrenten; man könnte diese Sitzreihe ja auch als Ablage/Kofferraumerweiterung nutzen, doch irgendwie klappt das halt nicht, die jungen, urbanen Frauen wollen sich als Klientel einfach nicht einstellen.
5,2 Liter soll der Twingo GT nach Werksvorgabe schlucken. Das schafft man auch, wenn man einfach so ein bisschen hin- oder herrollt. Wir brachten es aber auch auf über 8 Liter – wenn so eine «downsizing»-Maschine etwas intensiver gefordert wird, dann steigt der Verbrauch leider auch überproportional an. Und es ist halt beim Twingo GT schon so, dass man ihn gern mal einen Berg hochtreibt. Und dafür braucht man nun wirklich keinen riesigen Kofferraum.
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