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Lucid Air

Published in radical-mag.com

Erleuchtet

Es geht in dieser Geschichte um Lucid, einen neuen E-Auto-Hersteller aus den USA. Es geht in dieser Story aber auch um Tesla – und darum, wie weit abgeschlagen die europäischen Hersteller hinter den Amerikanern zurückliegen. Denn schon Lucid liegt Lichtjahre vor VW, Benz und Co. – und wird wahrscheinlich trotzdem keine Chance gegen Tesla haben.

Doch beginnen wir beim Lucid Motors Air, wie das neue Gerät heisst, das 2018 auf den Markt kommen soll. Es ist so etwas wie ein Model S, aber grösser, luxuriöser – ein E-Auto, das alle Vorteile eines E-Autos auch wirklich nutzt, also: mehr Platz und Luxus bietet. Aussen wie innen ist der Air grossartig, er ist im Vergleich zum Tesla ein bisschen wie First Class gegen Holzklasse auf einem Langstreckenflug. Der Touchscreen ist noch einmal 25 Prozent grösser, die Bedienung soll extrem einfach sein, dafür die Materialien so, wie man sich das bei einem 150’000-Dollar-plus-Auto vorstellt. Die Top-Version soll über eine 130-kWh-Batterie verfügen, also etwa 1000 PS und eine Reichweite von über 600 Kilometer; es wird das alles auch günstiger geben.

Selbstverständlich soll der Lucid auch autonom fahren können. In der ersten Vorserien-Produkten sind sechs Radargeräte und eine Unmenge von Kameras montiert, dazu nutzt man die Software von LiDAR. Das ist heute «state of the art», noch fortschrittlicher als Tesla – doch wie sieht das 2018 aus? Tesla hat hier den grossen Vorteil, dass seine Software jetzt schon auf der Strasse ist, dass die Kunden die Versuchskaninchen sind – und dass die Up-Dates quasi täglich passieren. Das Konzept von Tesla ist hervorragend: am meisten lernt man im Alltag, denn das wahre Leben können auch die besten Ingenieure nicht simulieren. Alle Hersteller, die jetzt mit echten Autos für richtige Menschen auf die Strasse gehen, also Tesla, Ford und Volvo, werden in ein, zwei Jahren eine dermassen grossen Vorteil haben vor dem Theoretikern, dass sich dieser kaum mehr aufholen lässt. Ob Lucid Motors auch dazu gehören wird, muss sich noch weisen.

Was Lucid nicht haben und was auch allen Herstellern noch so richtig Kopfzerbrechen bereiten wird: die Infrastruktur. Da hat sich Tesla mit seinen Superchargern einen derart grossen Vorteil verschafft, dass es fast schon beängstigend ist. Einen so grossen Vorteil, dass es sich die Amerikaner sogar erlauben können, für das «Tanken» in Zukunft Geld zu verlangen (und damit dann auch Geld zu verdienen). Zwar haben sich Mercedes, Ford, BMW und VW jetzt zusammengeschlossen, um schon ab 2017 ein eigenes Netz von «charging stations» aufzubauen, doch: da springen sie reichlich spät auf den Zug auf. Zu spät, die Kosten werden immens sein – und der Vorsprung von Tesla eigentlich nicht mehr aufholbar. Ganz besonders nicht, weil in einer ersten Phasen nur gerade 400 Stationen geplant sind; Tesla wird weltweit bis Ende 2017 stolze 7200 Supercharger in Betrieb haben. Und wer glaubt, dass die Amerikaner aus Fairness-Gründen nicht mehr weiter aufrüsten werden, der glaubt auch noch an den Osterhasen.

Der Lucid Motors Air ist trotzdem eine feine Sache. Und er wird auf der Strasse sein, wenn die bekannten Hersteller immer noch die Euros zählen, die sie investieren wollen. Und nein, wir gehören definitiv nicht zu den Tesla-Jüngern. Mehr spannende Zukunftsvisionen haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Lucid Air erschien zuerst auf radicalmag.