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Supertest 2016-4

Published in radical-mag.com

Audi R8 plus

Bislang war unsere Wertschätzung für den Audi R8 ja eher gering; ja, «radical» hat schon ziemlich massiv über dieses Fahrzeug gelästert. Doch die Begegnung nun mit der neuen Generation beim #supertest2016 war deutlich erfreulicher, eigentlich sogar dergestalt, dass richtig Freude aufkam. Zwar wollen und können wir den Audi weiterhin nicht als den ultimativen Sportwagen sehen, doch das Ding ist: richtig gut. Klar, wie eigentlich immer bei Audi hätten wir da schon noch ein paar Fragen zum Design und auch zu Aufpreispolitik, doch da wollen wir uns jetzt doch einmal zurückhalten und uns darauf konzentrieren, auf was es ankommt.

Der R8 mit der internen Bezeichnung 4S ist ja nun quasi ein Lamborghini Huracan. Das schadet ihm nicht, der Gen-Pool ist nun deutlich sportiver als vorher – was man auch am geringeren Gewicht und dem deutlich geschärften Fahrwerk verspürt. Dass es den R8 nur mit dem 5,2-Liter-V10 gibt, da schadet ihm sicher auch nicht; unser Proband war ein «plus», also mit 610 PS bei 8250/min und einem maximalen Drehmoment von 560 Nm bei 6500/min. Der grösste Fortschritt ist aber sicher das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, die vorherige R-Tronic, also ein automatisiertes Schaltgetriebe, war ja wirklich ein übler Kerl, der Tod sämtlicher Fahrfreude. Auf dem Papier ist der Audi der brünstigste Hirsch unter den Konkurrenten, zumindest in Sachen Kraft: die versprochenen 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und die 330 km/h Höchstgeschwindigkeit machten ihn denn auch zu einem Favoriten auf dem Salzburgring.

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Und dann sagt dort der Wendlinger Karl: «Könnte deutlich mehr Leistung vertragen». Naja, 610 PS, mehr hat ja keiner hier auf dem Platz. Gut, eigentlich ist das ja ein Lob, denn dem ehemaligen Formel-1-Piloten gefällt so vieles am Audi, Lenkung, Bremse, Getriebe, Sitze, Ergonomie. Bei der Höchstgeschwindigkeit wünscht er sich mehr Stabilität, und: «Für so einen flachen Mittelmotor-Supersportler mit Allrad, der noch dazu so wild und Rennauto-mässig aussieht, fehlt mir das Rennauto-Gefühl, das mir signalisiert, dass ich voll attackieren kann». Am Ende wird der Audi auf dem Salzburgring nur Dritter, mit doch überraschend deutlichem Abstand zum Sieger. Wobei, das ist einfach so ein Richtwert, man muss ihm im «auto revue»-Supertest nicht den gleichen Wert zumessen wie bei andere Vergleichen, in denen um die letzte Rille gekämpft wird, die Tausendstel zählen.

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Wendlinger sagt dann noch etwas, was wir schöner, präziser auch nicht ausdrücken könnten: «Der Audi braucht Aufmerksamkeit, um wirklich schnell sein zu können». Und genau das mögen wir am neuen R8: er ist jetzt nicht mehr der Tolpatsch unter den Sportlern, sondern schon so ein geschärftes Gerät, das mit der nötigen Achtung behandelt werden will. Natürlich kommt «radical» nicht so wirklich in die Nähe des Wendlinger’schen Fahrkönnens, doch genau das spüren wir auch: er kann dann, wenn er gefordert wird, sehr, sehr viel. Aber man muss halt schon genau wissen, was man dann tut, sonst ist es dann vorbei mit der Gemütlichkeit. Doch bis dorthin ist man schon sehr, sehr schnell (für Normalsterbliche) – oder hat etwas komplett falsch gemacht. Und das kann man weiterhin, Mittelmotor ist Mittelmotor, das muss mit dem nötigen Respekt behandelt werden.

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Unser Ding ist ja mehr der Berg als die Rundstrecke, und ebendort macht er es schon edel. Weil er so geduckt einherkommt (Höhe nur 1,24 Meter), erscheint der Audi länger als er tatsächlich ist. Mit nur 4,43 Metern Länge macht er trotz beachtlicher Breite von 1,94 Meter aber halt auch im engen Geläuf eine sehr gute Figur, ist erfreulich agil, erstaunlich wendig – und bringt seine Kraft halt auch wirklich souverän auf die Strasse. In der Lenkung verspürt man eigentlich keine Einflüsse des Allradantriebs, die Bremsen haben mit den doch 1,6 Tonnen keinerlei Schwierigkeiten, auch wenn man sie bergab richtig fordert – und ja, dann ist der Sound auch noch um Welten besser als beim Vorgänger. Gut, wir wissen jetzt auch nicht, was die Italiener dem Lamborghini Huracan noch ins Essen schütten, denn der brüllt noch wilder, aber der Audi macht das auch gut, sehr gut sogar, er ist kein Prolo wie der Jaguar, aber röhrt schon sehr selbstbewusst. Ach, was werden wir diesen Lärm vermissen, wenn wir dann nur noch in E-Autos den Berg hochstromern; wir geniessen jetzt jede Sekunde. Und ja, ihn so über breite, geschwungene Landstrassen fliegen zu lassen, das ist dann ganz grosses Kino, da könnte man gut noch die eine oder Tankfüllung; auf dem Papier ist er übrigens der durstigste Kontrahent, 12,3 Liter im Schnitt sollen es sein. Wahrscheinlich sind es in der Realität deutlich mehr – und trotzdem: was haben anständige Sportwagen noch vor zehn Jahren verbraucht, das Doppelte, mindestens.

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Wie erwähnt: viel zum souveränen Fahrgefühl trägt das 7-Gang-DSG bei. Man kann da auch noch an den Fahrmodi rumdrehen, aber «Sport» ist ok, dann von Hand eingreifen, wenn es nötig ist, die ruhigeren Phasen der Elektronik überlassen – dann hat man das Vergnügen. Ob man in einem Sportwagen jetzt wirklich ein virtuelles Cockpit braucht, das wissen wir jetzt auch nicht, aber die Darstellung ist schon sehr edel. Wie es die Ergonomie überhaupt rundum ist. Und die Verarbeitung sowieso, da ist Audi halt führend – und da steckt im R8 auch viel Liebe zum Detail dahinter. Das darf man bei einem Basispreis von 239’000 Franken allerdings erwarten.

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So richtig vergleichbar ist der Audi R8 mit den bisher aufgetretenen Protagonisten in diesem #supertest2016, dem Camaro und dem Bentley, ja nicht, da muss die werte Leserin und der liebe Leser noch warten auf den Porsche 911 Turbo S. Aber wir verleihen ihm hier schon den Titel für den zivilisiertesten Sportwagen unter den 10 Probanden, weil er sehr gut auch ganz angenehm kann, gleiten, vor dem Kaffeehaus eine gute Figur machen. Gepäck kann er nicht so gut, aber man ist ja in einem Audi R8 plus dann früher da, dann kann man auch etwas länger shoppen, so gleicht sich das wieder aus. Ja, er könnte da und dort noch ein bisschen zugespitzter sein, dann wäre er auf dem sportlichen Niveau seines Bruders von Lamborghini; aber die beiden sind sich ja schon Konkurrenz genug.

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Mehr Audi haben wir in unserem Archiv. Was wir schon hatten in Sachen #supertest2016:

Der Beitrag Supertest 2016-4 erschien zuerst auf radicalmag.