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„Doppelter Triumph“

Published in 1001cars.de

Im letzten November ging eines Tages plötzlich mein Handy und am anderen Ende der Leitung war ein guter Bekannter aus der Düsseldorfer Classic Remise. Dieser teilte mir dann kurz & knapp per Telefon mit, dass sich zwei sehr seltene Fahrzeuge in der Remise befinden würden und ob ich diese für Ihn fotografieren könnte. Um was für Fahrzeuge es sich letztendlich handeln sollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Da ich bei klassischen Automobilen aber eh nur sehr schlecht Nein sagen kann, habe ich also kurzerhand zugesagt.

Schon am nächsten Morgen habe ich mich auf den Weg nach Düsseldorf gemacht, nichts ahnend was mich dort für automobile Kostbarkeiten erwarten würden. Umso größer war meine Überraschung, als ich einen ersten Blick in die Event-Halle der Remise werfen konnte. Dort standen wahrlich und leibhaftig zwei superseltene Triumph TR S. Zwei von nur vier jemals gebauten Fahrzeugen und ich hatte einen Foto-Termin mit diesen Schönheiten. Mein erster Gedanke in diesem Moment: „Der liebe Gott muss ein Auto-Liebhaber sein!“

Knapp zwei Stunden später waren die Fotos auch schon im Kasten und ich dachte an dieser Stelle doch ernsthaft, dass ich nun die meiste Arbeit schon hinter mir hätte. Doch weit gefehlt! Bei der Recherche zu Daten und Informationen über diese vier Triumph-Werksfahrzeuge bin ich schier verrückt geworden. Zum ersten sind die Informationen sehr rar, darüber hinaus auch noch gut über das gesamte Internet verteilt und außerdem reden wir hier über automobile Zeitgeschichte von vor knapp 68 Jahren. Sind diese vier Fahrzeuge doch zum ersten Mal am 31.03.1960 überhaupt offiziell zugelassen worden. Das Internet war damals Zukunftsmusik, der Buchdruck stand noch hoch im Kurs und so mancher Landstrich auf Mutter Erde wurde gerade erst von der Eisenbahn erschlossen. Kurzum, der Worst Case für eine ordentliche Recherche im Jahr 2018.

Zu guter Letzt konnte ich aber dann doch ein paar Infos zusammentragen und diese möchte ich Euch an dieser Stelle auch nicht vorenthalten:

Im Januar des Jahres 1960 begann man im Standard Triumph’s Competition Department mit dem Bau von vier Triumph TR S, welche an den 24 Stunden-Rennen in Le Mans 1960 & 1961 teilnehmen sollten. Geliefert wurden die Roh-Karossen vom Fletch North Experimental Department und die Aufsicht für das gesamte Projekt oblag Ken Richardson, dem Chef des Competition Departments. Ziel war es, bei allen verbauten Teilen so nah wie möglich an der Serie zu bleiben und doch das Beste herauszuholen.

Letztendlich blieb dies jedoch ein frommer Wunsch und so ist es auch nur wenig verwunderlich, dass viele Bauteile speziell nur für diese Fahrzeuge hergestellt werden mussten. Zum Beispiel die Kurbelwellen, diverse Schwungräder, alle Kolben, viele Gehäuse, Ventilstangen usw. Die einzigen Standardartikel sind die Benzinpumpe, die Wasserpumpe und der Verteiler. Na ja, zumindest der Plan war gut …

Keine Kompromisse wollte man auch bei den Motoren eingehen, weshalb alle vier Fahrzeuge mit 2.0 Liter Twin Cam Renn-Motoren – ironisch „Sabrina“ genannt – ausgestattet wurden.

Der Name „Sabrina“ – und dafür steht wohl auch das „S“ in der Bezeichnung TR S – geht zurück auf ein in den 1960ern sehr populäres Model und Kino-Sternchen aus England. Deren körperliche Vorzüge im Bereich ihrer Oberweite sahen wohl gewissen Teilen bei den verbauten Motoren ähnlich. Letztendlich ein launiger Witz der Motorbau-Ingenieure bei Triumph.

Nettes Detail am Rande: von den 2.0 Liter Twin Cam-Motoren wurden auch nur 10 Stück jemals gebaut!

Zum ersten Mal bei einem Rennen angetreten sind drei dieser Fahrzeuge dann am 25. Juni 1960 auf dem Circuit des 24 Heures in Le Mans, wo auch gleich erste Erfolge eingefahren wurden. So richtig erfolgreich verlief aber erst das 24-Stunden-Rennen von Le Mans am 10. Juni 1961. Dort standen drei TR S am Start und auch drei Fahrzeuge überquerten erfolgreich die Ziel-Linie. Leichte technische Probleme hatten dies ja im Vorjahr verhindert. Von diesem Moment an war der Marke Triumph und dem TR S aber ein Platz in der Geschichte von Le Mans sicher.

Zur besseren Unterscheidung der drei Rennwagen während des laufenden Rennens, waren diese an der Front mit farbigen Schürzen versehen worden.  Der Triumph mit der Reg.-Nr. HP 926 war an der Front weiß lackiert, der HP 927 war rot lackiert und die Fahrzeuge HP 928 & HP 929 waren mit einer gelben Front versehen worden. So waren die Fahrzeuge bei allen Licht- und Witterungsverhältnissen stets gut im Fernglas auseinanderzuhalten. Man darf schließlich nicht vergessen, dass wir hier über das Jahr 1960 reden. Damals stand noch nicht in jeder Kurve eine TV-Kamera und Telemetrie-Daten wurden auch nicht im Millisekunden-Takt an die Crew in der Box übermittelt. Die Rennfahrer damals waren noch echte Handwerker und ein Stück weit auch todesmutige Helden, die scheinbar ohne jede Spur von Angst Runde um Runde absolvierten.

In den darauf folgenden Jahren tauchten die Fahrzeuge dann auch immer mal wieder bei dem einen oder anderen Renn-Event auf und überzeugten dort mit Zuverlässigkeit, guten Durchschnittsgeschwindigkeiten und mehreren Erfolgen.

Leider verlieren sich in den darauffolgenden Jahrzehnten ein wenig die Spuren und Hinweise auf den Verbleib und Zustand dieser vier Fahrzeuge und eine weitere Recherche gestaltete sich von daher extrem schwer für mich.

Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, dass der Triumph TR S mit der Registrierungsnummer HP 927 vor ein paar Jahren durch fachkundige Händen komplett restauriert worden ist und sich nun in der Classic Remise in Düsseldorf befindet. Dort wird dieser TR S zurzeit von der Firma „Movendi – The Spirit Of Classic Cars“ zum Kauf angeboten.

Was so ein Auto heute kostet? Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Eines weiß ich aber ganz genau; hätte ich das Geld dafür, ich würde den TR S sofort kaufen. Man kann mit Worten und Bildern gar nicht beschreiben, was einem durch den Kopf geht und was man fühlt, wenn man plötzlich hinterm Lenkrad dieser automobilen Legende sitzt. Man berührt das Lenkrad, den Schalthebel, die Knöpfe und Schalter auf den Armaturen und überlegt sich, welche berühmten Rennfahrer hier wohl ebenfalls schon gesessen haben. Kurzum – ein Traum für jeden Auto-Liebhaber!

 

Weiterführend Links:

[1] Triumph Motor Company (Wikipedia)

[2] The Le Mans 1960 Triumph (Sabrina) Twin Cam Preparation

[3] TRS Comm. no. X654 restoration PROJECT

[4] Triumph TR4 (TRS) – 1961 Le Mans 24hrs (10th June 1961) @ YouTube

Der Beitrag „Doppelter Triumph“ erschien zuerst auf 1001 Cars.