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Test Opel Ampera-e

Published in radical-mag.com

Was Chali meint

(Leider arbeitet ja Markus Chalilow nicht mehr für www.radical-mag.com. Aber hin und wieder fährt er doch noch einen Testwagen. Und anscheinend war er vom Opel Ampera-e so angetan, dass er gleich auch noch in die Tasten gegriffen hat. Was wir unseren Leserinnen und Lesern selbstverständlich nicht vorenthalten möchten.)

Einige mögen sich noch an die erste Generation des Opel Ampera erinnern. Ein sehr futuristisch gestyltes Auto, einer der ersten Plug-in-Hybriden, der in den USA auch unter dem Namen Chevrolet Volt angepriesen wurden. Vielleicht war es das sehr spezielle Design oder die sehr komplex erscheinende Antriebstechnik – der erste Ampera war in unseren Breitengraden nicht sonderlich erfolgreich. Klar, die rein elektrische Reichweite war nicht betörend, und wenn der rappelnde Vierzylinder im Bug zugeschaltet wurde, kam nicht wirklich Ressourcen-Sparstimmung auf. Dabei war das Plug-in-Hybridpaket durchaus durchdacht – halt einfach nicht für jeden Einsatzzweck. Aber: es nahm den Petrolheads die Reichweitenangst, mit dem Ampera konnte man nicht stehenbleiben. Ausser der Benzintank und die Batterien waren gleichzeitig leer. Aber mit leerem Tank bleibt man auch mit jedem anderen Auto stehen.

Nun kommt der Ampera-e – und Opel hat all die Innovation auf den ersten Blick über Bord geworfen. Das Design des Wagens – in der Grösse des alten Opel Meriva – ist zwar nett, aber weit von der Avantgarde des alten Ampera entfernt. Und es ist ein reines Elektroauto – aber immerhin eines, das es in sich hat. Opel redet von einer Reichweite von über 500 Kilometern pro Ladung; da werden selbst Tesla-Fahrer ins Grübeln kommen. Wir mögen diesen Wert natürlich nicht glauben und haben ihn im Test auch nicht erreicht. Aber, und jetzt kommt das grosse Aber: 350 Kilometer sind eigentlich immer drin, selbst dann, wenn man öfters auf der Autobahn unterwegs ist.

Wir erinnern uns gut, als wir damals, in grauer E-Mobil-Vorzeit, mit dem Mitsubishi i-MIEV unterwegs waren. Schon als der Wagen das Schild in Richtung Autobahn erkannte, sank die Batterieladung um 50%… Und nun: Dem Ampera-e ist das zwar nicht egal, aber es stört ihn nicht wirklich. Wir haben eine theoretische Reichweite von 240 Kilometer bei reiner Autobahnfahrt mit 125 km/h errechnet – denn im Schnitt braucht der Ampere E ca. 24 kW/h pro 100 Kilometer. Im Alltagsbetrieb schafft es der Opel – der in den USA als Chevrolet Bolt angeboten wird – deutlich mehr. Wer sehr feinfühlig mit dem Fahrpedal umgeht, wird 400 Kilometer schaffen. Ja, echt, wir konnten es ja auch nicht glauben, aber es ist so. Die Rechnung ist einfach: 60 kW/h ist die maximale Kapazität der Lithium-Ionen-Zellen, im Schnitt haben wir pro 100 Kilometer 14,5 KW/h pro 100 Kilometer verbraucht – ergibt eine reale Reichweite von 414 Kilometern. Nun ja, das ist leider graue Rechentheorie: Denn der Ampera-e lässt sich nicht zu 100 % aufladen, er lässt immer eine Lücke von 10 Prozent, damit allfällige Energie vom Rekuperieren aufgenommen werden kann. Und angesichts der Tatsache, dass niemand mit dem Opel mit leerer Batterie stehen bleiben möchte, kommen wir auf unsere Durchschnittsreichweite von gut 350 Kilometern.

Und es kommt noch besser: der Stromer geht richtig gut. 150 kW (also 204 Pferde) schafft der Opel, das maximale Drehmoment liegt bei 360 Nm. Bei 80 km/h voll auf den Pinsel treten, das Ding zischt aber so was von ab – und das bei nahezu fehlender Geräuschkulisse. Wer es mag, wird glücklich damit; wer es nicht mag, wird sich eh nie in so ein Ding setzen. Also: Antrieb, Leistung und die Reichweite überzeugen – wir sind ziemlich erstaunt und sogar ein wenig begeistert. Zumal der Preis von ab 41’900 Franken für die gebotenen Leistungen, die auch den neusten Stand von Connectivity und überhaupt Assi-Systemen umfassen, doch als fair bezeichnet werden darf.

Aber es gibt natürlich auch Dinge, die wir nicht so mögen. Die Lenkung zum Beispiel. So zielgenau wie bei einem Go-Kart – mit Plattfuss. Und die Lenkeinfüsse. Die über 200 PS und 360 Nm rupfen heftig am Volant, ist die Fahrbahn noch ein bisschen übel, muss man den Stier ziemlich an den Hörnern packen. Und da ist dann noch dieser Innenraum, Plastic Fantastic, hier hätte man durchaus etwas mehr auf edel machen können. Doch wahrscheinlich musste man einfach Gewicht sparen, denn mit den 1620 kg Leergewicht ist der Ampera-e nicht gerade ein Winnertyp beim Weight-Watchers-Treffen. Dafür rollt er ziemlich anständig ab, ist durchaus komfortabel und im Gegensatz zu seinem Vorgänger richtig geräumig. Der Ampera-e ist eigentlich ein Schritt in die richtige Richtung – wenn man denn E-Autos als die richtige Richtung betrachtet. Der Autokäufer wird entscheiden, ob Opel mit dem Stromer eine Chance hat – einen genauen Blick hat er auf jeden Fall verdient. Und dies – den Fahrleistungen und dem Fahrzeugkonzept sei es gedankt – nicht nur für alt 68er und Energiewende-Bundesrätinnen.

Mehr Opel und auch mehr E-Autos haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Opel Ampera-e erschien zuerst auf radicalmag.