Shelby GT-H
Rent a Racer
Zuerst aber: der Blick zurück.
1965 hatte Ford den Autovermieter Hertz übernommen. Dort gab es ein hübsches Kunden-Programm, den «Hertz Sports Car Club», da konnte der sportliche Geschäftsmann eine der 200 Corvette mieten, wenn es ihm mal nicht nach einer drögen Limo war. Aufnahme in den «Club» fand quasi jeder, man musste einfach mindestens 25 Jahre alt sein und eine Runde auf dem Parkplatz ohne grösseren Landschaden hinter sich bringen.
Nun ging Hertz, Ford und Corvette natürlich gar nicht. Es musste also so schnell wie möglich Ersatz her, und weil es sich grad begab, dass der ehemalige Hühnerzüchter Caroll Shelby noch nach weiteren Absatzmöglichkeiten für den erst gerade entwickelten Shelby 350GT (die Geschichte haben wir auch schon erzählt, hier) suchte, traf man sich im September 1965. Der Plüschetage von Hertz gefiel die Idee, man stellte einen Auftrag über 100 Fahrzeuge in Aussicht, aber wollte zuerst einmal einen Testwagen haben. Nach einer Ausfahrt hatte der Autovermieter weitere Wünsche: ein Radio sollte eingebaut werden. Und die Wagen sollten in Schwarz lackiert werden, mit goldenen Streifen. Und die Bezeichnung musste in GT350H geändert werden. Und man wollte auch eine Automatik-Variante.
Shelby bastelte in Los Angeles, verfrachtete die beiden Fahrzeuge nach New York ins Hauptquartier von Hertz – und erhielt am 23. November den Auftrag. 85 GT350H mit manuellem Getriebe, dazu 15 mit Automatik. Und zwei Wochen später wurde schon aufgestockt, nochmals 200 Stück in beliebigen Farben. Ab Ende November wurde produziert, und Hertz lancierte das Fahrzeug mit einer grossen Werbekampagne. Für 17 Dollar am Tag (oder 70 Dollar die Woche) plus 17 Cents für jeden Kilometer konnten die Hertz-Kunden einen echten Rennwagen, denn nichts anderes war der 350GT, mieten. Kurz vor Weihnachten wurde die Bestellung weiter aufgestockt, nochmals 800 Exemplare kamen dazu.
Doch kaum lief das Programm, kamen auch schon die ersten Reklamationen. Die Bremsen funktionierten nicht; es gab schon in den ersten Tagen einige Kaltverformungen der Mustang-Front. Die Analyse ergab: die Hertz-Kunden hatten keine Ahnung, was für ein Gerät sie da unter ihrem Hintern hatten. Denn dass die Sinter-Rennbremsbeläge des Shelby ein wenig Temperatur brauchten, um ihre Arbeit verrichten zu können, war den Amateuren nicht bewusst. Trotzdem war Shelby bereit, einen Bremskraftverstärker nachzurüsten. Bloss, es war schwierig, auf die Schnelle einen Lieferanten zu finden. Ein Hersteller für Landmaschinen konnte dann aushelfen, doch es gab immer wieder Lieferengpässe und Qualitätsprobleme, so dass nicht alle Hertz-Geräte aufgerüstet werden konnten. Aber alle erhielten einen Kleber auf dem Armaturenbrett, die den Fahrer vor dem Problem warnten.
Im Januar 1966 wurde die Bestellung noch einmal umgestellt. Alle 800 zusätzlichen Fahrzeuge sollten in Schwarz/Gold lackiert sein. Und sie mussten alle das Automatik-Getriebe erhalten. Denn man hatte schnell festgestellt, dass die Hertz-Kunden von der Rennkupplung völlig überfordert waren, die Shelby mehr in der Werkstatt als auf der Strasse standen. Und dann war da noch das Problem mit der Handbremse, die oft nicht gelöst wurde, was dann zu Ärger mit den hinteren Bremsen und Achsen führte. Man wollte eine Warnlampe einbauen, doch auch da fand man keinen geeigneten Lieferanten.
Aber damit noch nicht genug: es gab anscheinend Kunden, die den Shelby-Motor ausbauten und in ihrem eigenen Rennwagen verwendeten – so mal schnell übers Wochenende. Andere bauten schnell für das Renn-Weekend einen Käfig ein, um ihn dann am Montag wieder demontieren. Und besonders gern wurden die grossen Vergaser als Souvenir mitgenommen, dafür durch normale Mustang-Serienprodukte ersetzt.
Hertz, heisst es, soll ziemlich froh gewesen sein, dass Programm nach einem Jahr auslief und Ford die heissen Mustang zu einem vorher vereinbarten Preis zurückkaufen musste. Die Gebrauchtwagen sollten dann über das Ford-Händlernetz losgeschlagen werden, was sich aber als schwierig erwies, denn niemand wollte so einen ehemaligen Mietwagen; Ende der 70er Jahre lag der Preis für so einen 350GT-H bei 2000 Dollar. Das hat sich unterdessen aber heftig geändert, ganz besonders bei den manuell geschalteten Exemplaren.
So, genug Historie jetzt, denn Ford und Hertz haben ja jetzt eine Fortsetzung angekündigt (wie übrigens schon einmal, 2006 war das, zum 40. Jubiläum). Zum 50. Geburtstag des Shelby GT350H gibt es wieder einen Mietwagen bei Hertz, den GT-H. Der Kenner merkt gleich schon: da fehlt etwas. Zwar hat Shelby von neuen Mustang ja auch schon den heissen GT350 im Angebot, dazu den noch schärferen GT350R, aber die schwarz-gold lackierten GT-H sind ganz bescheidene 5-Liter mit etwas optischem Pimp; schade eigentlich. 140 Stück wird es geben, leider wohl nur in Amerika.
Mehr Ford haben wir in unserem Archiv.
Der Beitrag Shelby GT-H erschien zuerst auf radicalmag.