Sternendeuter, Fahrbericht Infiniti Q30-1763
Fahrbericht Infiniti Q30
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Selbstverständlich hat Infiniti mit dem neuen Q30 ein hübsches Automobil geschaffen, Design können sie, das haben sie mit diversen Concept-Cars in den vergangenen Jahren bewiesen; da darf man sich auch wirklich auf die zukünftigen Modelle freuen (derer zwei kommen 2016 neu, mindestens). Und dass sie jetzt erstmals im C-Segment antreten, wird die Marktperformance von Infiniti in Europa entscheidend verbessern - was allerdings auch nicht besonders schwierig ist, in den vergangenen 12 Monaten wurden 16'474 Fahrzeuge verkauft, 9 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum in den Vorjahren, doch das ist halt nicht einmal ein Tropfen auf einem kalten Stein. Da muss bald einmal mehr kommen, sonst dürfte Carlos Ghosn, der Chef der Renault/Nissan-Allianz und damit auch von Infiniti, die Geduld verlieren, sind ihm doch rote Zahlen ein Greuel, auch wenn sich Infiniti mit seinen vier Händlern und drei Service-Partner in der Schweiz noch im Aufbau befindet.
Um es klar und deutlich zu schreiben: der Q30 ist eigentlich ein Mercedes. Er basiert auf dem Frontantriebsbaukasten aus Stuttgart, er ist quasi ein Zwillingsbruder des GLA. Das geht erstaunlich weit, auch beim Innenleben - inklusive des Multifunktionshebels - wird so manches vom Stern übernommen. Natürlich gibt es andere Linien, andere Trims, die sind schön gemacht, definitiv auf Premium-Niveau. Mit den Sitzen kamen wir aber nicht wirklich klar. Und da sind wir eigentlich sonst nicht besonders empfindlich, aber irgendwie war die Sitzposition immer zu hoch, der Seitenhalt nicht gerade begeisternd, alles irgendwie zu hart und doch zu schwammig. Was selbstverständlich ein sehr subjektives Gefühl ist. Objektiv gut sind das anständige Kofferraumvolumen von 368 Liter und überhaupt die Platzverhältnisse, trotz kompakten Aussenmassen sitzen auch die hinteren Passagiere im 5-Türer sehr angenehm.
Auch in Sachen Antrieb bleibt Mercedes der Hauptlieferant. Es gibt drei Benziner, ein 1,6-Liter-Turbo mit 122 oder 156 PS und den 2-Liter-Turbo mit 211 PS sowie den 2,2-Liter-Diesel mit 170 PS, die alle aus Stuttgart stammen; von Renault kommt ein 1,6-Liter-Dieselchen mit 109 Pferden, doch der wird in der Schweiz beim mindestens 1,4 Tonnen schweren Wagen wohl kaum eine Rolle spielen. Es gibt dazu alle nur erdenklichen Antriebsvarianten, nur Front-, aber auch Allradantrieb, manuelle und Doppelkupplungs-Schaltereien. Am meisten überzeugen konnte uns, wen wundert's, die stärkste Version, genannt «Sport», auch wenn das 7-Gang-DKG diese Sport-Thematik nur teilweise unterstützt; auch manuell bedient dauern die Schaltvorgänge irgendwie zu lange.
Nichts zu kritteln gibt es am Fahrverhalten. Zwar baut der 4,43 Meter lange Q30 doch 1,5 Meter hoch (als «S» sind es 2 Zentimeter weniger), doch die Abstimmung lässt trotz sehr gutem Komfort kaum Wankbewegungen zu, und das ist erfreulich.
Ebenfalls aussergewöhnlich: es gibt nicht nur unterschiedlich ausgelegte Fahrwerke bei Premium und Sport, auch werden sie dem Gewicht des Wagens angepasst, die schwereren Varianten sind etwas straffer ausgelegt. Auch die elektronisch unterstützte Lenkung gefällt durch ihre Präzision. Überzeugend schliesslich die Ruhe, die im Fahrzeug herrscht - und die viel zu einem guten Gesamteindruck des in England gebauten Japaners beiträgt.
Erhältlich ist er ab 31'900 Franken mit dem schwächsten Benziner - und das ist im Vergleich zum GLA von Mercedes doch um ein paar Tausend Franken günstiger. Womit dann auch gleich, neben dem Design, das beste Argument für den ab Januar 2016 in der Schweiz erhältlichen Infinti Q30 erwähnt ist. Es muss dabei aber auch erwähnt sein, dass sich die Preise bei den stärkeren Modellen immer mehr angleichen, der Infiniti den GLA gar überholt; ein Vergleich in Sachen Ausstattung gestaltet sich allerdings schwierig, bei der Nissan-Tochter ist schon viel in Serie verbaut, was bei Mercedes dann noch Aufpreis kostet.
Aber am Schluss bleiben da halt doch mehr Fragen als Antworten. Die schwerwiegendste ist: weshalb kuschelt sich Infiniti so eng an Mercedes? Da gibt es doch im eigenen Haus den Qashqai, der nicht nur ein gutes, sondern auch sehr erfolgreiches Modell ist, ebenfalls in Sunderland gebaut wird. Oder: was ist mit dem neuen Mégane? Irgendwie wäre es doch logischer gewesen, hätte sich Infiniti sich im eigenen Haus bedient, auch in Sachen Antriebe, es würde doch dann wohl auch mehr Geld liegenbleiben. Und dann: warum ist der Q30 nicht eigenständiger? Ja, von aussen ist er deutlich anders, eleganter als der GLA, doch das gesamte Package ist sich schon sehr - ähnlich. Wir verstehen nicht so ganz genau, warum dem so ist; wir wissen aber, dass wir uns von Infiniti mehr Eigenständigkeit, nun, ein aussergewöhnlicheres Fahrzeug erwartet hätten.
Mehr Infiniti gibt es in unserem Archiv (und dort unter: Nissan).