Sportwagen statt Schokolade: So versüßt uns die PS-Branche die Osterfeiertage
Die Autobranche feiert ihre Osterparty und legt uns in New York ein paar ganz besonders bunte Eier ins Nest. Die richtig großen Überraschungen sucht man im Jacob Javits-Center zwar vergebens. Schließlich stehen dafür in Detroit oder Genf die besseren Bühnen. Doch befreit von der krampfhaften Verkündung tiefsinniger Botschaften und der Inszenierung politisch korrekter Visionen lassen die PS-Bosse in Manhattan dafür ganz ungehemmt die Muskeln spielen und bekennen sich lässig wie nie zu Lust und Leistung. Nicht Kleinwagen oder Öko-Autos stehen deshalb bei der Autoshow am Hudson River im Rampenlicht und auch keine Familienkutschen oder die allgegenwärtigen SUV. Sondern passend zum frühlingshaften Wetter und der guten Laune fahren die Aussteller hier neue Cabrios und Roadster, Coupés und Sportwagen auf die Bühne.
Für den Spaß auf der Straße braucht es aber gar keine Leistungsexzesse, sagt Nobuhiro Yamamoto und zieht zum Beweis dieser ungewöhnlichen These das Tuch vom MX-5 RF, der das Roadster-Feeling auf ein neues Niveau heben soll. Denn allen, denen die Version mit Softtop dann doch ein bisschen zu puristisch ist, bietet er mit seinem versenkbaren Hardtop und den fixen C-Säulen ein kommodes Targa-Gefühl und geht mit gerade mal 160 PS trotzdem um die Ecke wie Schmidts Katze, verspricht Yamamoto. Mit dieser eher moderaten Sportlichkeit ist der MX-5-Projektleiter aber nicht alleine. Sondern zwei Stände weiter dreht sich bei Toyota mit dem frisch gelifteten GT-86 ebenfalls ein Sportwagen im Rampenlicht, der sich an die breite Masse wendet.
Weil man auf der linken Spur aber trotzdem nie genug Leistung haben kann, gibt es in New York auch genügend Neuheiten vom anderen Ende der Skala. So zeigt Chevrolet auf der Messe den Camaro ZL1, der mit seinen 640 PS zur stärksten Version des Musclecars in seiner mehr als 50jährigen Geschichte wird. Nissan gönnt dem mittlerweile zehn Jahre alten GT-R nochmal ein Update, zeichnet die Front agressiver und tunt den V6-Turbo auf 570 PS. Und Audi setzt die Schnellfahrer jetzt wieder mit einem offenen R8 an die frische Luft: 540 PS stark und 318 km/h schnell, will der V10-Bolide ab dem Sommer auch die stärkste Föhnwelle auf die Probe stellen.
Während Mutterkonzern VW einen ungewöhnlich leisen Auftritt pflegt und die Messe wie eine Pflichtübung abhandelt und Porsche auf seinem noch immer wichtigsten Markt als einzige Neuheit einen Macan mit dem in Amerika kaum verkäuflichen Vierzylinder zeigt, geht Mercedes in die Vollen und schreibt das nächste Kapitel seiner Traumwagen-Offensive. Gleich fünf Weltpremieren melden die Schwaben, wenngleich viele davon nur Motorvarianten oder von AMG Kommen. So gibt es das V6-Triebwerk aus Affalterbach nun mit dem 401 PS starkem E 43 auch in der neuen E-Klasse und mit 367 PS im GLC 43. Und im neuen C-Klasse Cabrio montieren die schnellen Schwaben gleich den V8-Motor der 63er-Familie mit bis zu 510 PS. Dazu gibt es als Petitesse noch ein Facelift für den CLA und als einzig echte Weltpremiere das GLC Coupé, das nach den Sommerferien die Verfolgung des BMW X4 aufnehmen soll.
Die einzig interessanten Volumenfahrzeuge auf der Messe kommen in diesem Jahr aus Asien. So enthüllt Kia den neuen Luxusliner Cadenza, Subaru zieht das Tuch vom nächsten Impreza, bei Toyota steht der Prius nach dem Generationswechsel zumindest als Kleinserie jetzt auch wieder mit Plug-In-Technik ins Rennen und der noble Honda-Ableger Acura zeigt den neuen X5-Gegner MDX.
Die amerikanischen Hersteller dagegen haben sich in Detroit und Chicago offenbar so verausgabt, dass für New York nur Petitessen bleiben – etwa neue Varianten des Jeep Grand Cherokee oder ein gewaltiges Sechs-Meter-Showcar von Lincoln, das die Zukunft des Navigator aufzeigen soll. Ford dagegen hat gar nichts neues zu bieten und bei den Volumenmarken von GM zieht der Buick Encore das Facelift des Opel Mokka nach.
Zwar steht das Auto bei den Amerikanern höher im Kurs als je zuvor und ein Ende des Booms ist kaum abzusehen. Doch die Branche ausgerechnet zur Messe in New York so eine PS-Party feiert, ist ein bisschen Paradox. Nicht nur, weil die Stadt ständig im Stau steht und man eigentlich nur der U-Bahn flott ans Ziel kommt. Sondern vor allem, weil die New Yorker lange nicht so auto-affin sind wie der Rest der Bevölkerung – jeder zweite hat schließlich nicht mal einen eigenen Wagen.