Seit heute werden die Tage leider wieder kürzer. Der gestrige längste Tag des Jahres kam mir allerdings schon erschreckend kurz vor. Als ich nämlich gegen 16 Uhr mit einer Reparatur anfing, hätte ich wohl nicht gedacht, daß bei Fertigstellung die Sonne schon untergegangen sein würde. Auch wenn allgemein bekannt ist, daß der Tausch der sogenannten Türfangbänder eine sehr langwierige Frickelei sein kann, sind ganze sechs Stunden für nur eine Türe allerhand.
Die Türfangbänder (oder Türhalter) sind...
Seit heute werden die Tage leider wieder kürzer. Der gestrige längste Tag des Jahres kam mir allerdings schon erschreckend kurz vor. Als ich nämlich gegen 16 Uhr mit einer Reparatur anfing, hätte ich wohl nicht gedacht, daß bei Fertigstellung die Sonne schon untergegangen sein würde. Auch wenn allgemein bekannt ist, daß der Tausch der sogenannten Türfangbänder eine sehr langwierige Frickelei sein kann, sind ganze sechs Stunden für nur eine Türe allerhand.
Die Türfangbänder (oder Türhalter) sind dafür zuständig, die Türen in zwei mechanisch vorgegebenen Öffnungswinkeln zu arretieren und am unkontrollierten Zufallen zu hindern. Bei älteren Sternenkreuzern (auch dem W201 Babybenz oder der 124er E-Klasse) neigen diese mit zunehmendem Alter zum Knarzen und Quietschen, was nicht nur eine akustische Zumutung darstellt, sondern auch eine weitaus unangenehmere Folge haben kann: irgendwann geht die betroffene Türe nämlich auch mit Gewalt nicht mehr zu, weil das altersschwache Fangband nach dem Öffnen in seiner Fangposition blockiert.
Bei den Fondtüren des Nautikblauen bestand diese Gefahr schon deutlich hörbar seit längerem. Zeit also zum Handeln! Die “Do-it-Yourself”-Reparatur lohnt in jedem Fall, denn auch ein erfahrener KFZ-Meister würde für diese Instandsetzung wohl bis zu 20 Aufwandseinheiten abrechnen. Grund der Plackerei: die gesamte Türverkleidung muß abgebaut und sogar die Türfolie stellenweise entfernt werden!
Zunächst war ich vor dem Austausch des Türfangbandes hinten links an einer festgebackenen Schraube kläglich gescheitert. Trotz intensiver Behandlung mit Caramba und großer Geduld blieb die unterste Befestigungsschraube der linken Armlehne bombenfest. Sehr zum Verdruß hatte ich meinen Akkuschrauber nicht zur Hand, mit dessem höheren Drehmoment ich vielleicht doch noch erfolgreich hätte sein können.
So widmete ich mich erst einer einfacheren Maßnahme, und zwar dem Einstellen der Spaltmaße am Heckdeckel. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich rechts ein größerer Spalt als links. Ein unerträglicher Zustand!
Jochen Kleiner rettete mir seinerzeit (wieder einmal) den Tag, indem er mir erklärte, wie einfach dieses Übel zu beseitigen ist. Lediglich das Türschloß muß ein Stück nach links versetzt werden um die Schließposition der Heckklappe zur rechten Seite hin auszukorrigieren. Die metallene Lasche rechts läßt sich nach Anlösen der Muttern in einem Radius von etwa einem Zentimeter zu beiden Seiten ganz einfach verschieben. In Extremfällen muß auch die Öse links mit verschoben werden, sonst läßt sich die Klappe aufgrund des zu großen Versatzes nicht mehr Schließen. Das geht jedoch alles kinderleicht und mit wenigen Handgriffen!
Das Spaltmaß am Heckdeckel sollte laut MB-Spezifikationen etwa 4mm betragen. Nach einigem Probieren ließ sich das auch präzise erreichen. Hier ein Vorher-Nachher-Vergleich (Auf großem Bild besser zu erkennen, dazu Rechtsklick -> "Link in neuem Fenster öffnen")
Und ja, Ihr habt richtig gesehen! Trotz des Eintrags "Wegfall Typkennzeichen" in der Datenkarte des 560SEL stellt dieser seine Dosierungsangabe nun seit neuestem doch auf dem Heckdeckel zur Schau. Und das ohne die Originalausstattungsangaben damit zu verletzen. Möglich macht's eine Magnetfolie, die das darauf aufgeklebte Typenzeichen temporär am Heckdeckel hält und es mich bspw. für's Waschen, Wachsen oder schlicht für's Understatement jederzeit wieder entfernen läßt.
Nun aber zur eigentlichen Reparatur des Tages: den Fangbändern der Fondtüren. Nachdem ich links gescheitert war, nahm ich mir die andere Seite vor. Diese Türe hatte es - dem markerschütternden Geräusch beim Öffnen nach zu urteilen - auch noch weitaus nötiger.
Gleich zu Anfang bei solchen Arbeiten empfiehlt es sich, die Türkontakte stillzulegen, damit die Ausstiegsbeleuchtung nicht permanent zu Lasten der Batterie brennt. Die Schalter lassen sich ganz einfach aus der B-Säule entnehmen und abtrennen. Alternativ kann man auch die weißen Türkontakte aus dem 190er (W201) einbauen - ebenfalls ein heißer Tipp von Schraubergott Jochen Kleiner, der das bei seinen 126ern so gemacht hat.
Dann geht es ans Schraubenlösen. Einerseits die an der Chromeinfassung des Türschlosses...
...und meistens gibt es auch noch eine an der Türunterkante. Die beigen Streifen sind übrigens aus Filz und eine wirksame Abwehrmaßnahme gegen das berüchtigte Kunststoff-Knarzen eines jeden Altmercedes. Seit ich die aufgeklebt habe, ist nahezu sakrale Stille während der Fahrt - wie es sich gehört für eine S-Klasse! Die Streifen sind freilich nur aus der Froschperspektive sichtbar. Man erhält sie als Stuhl- bzw. Tischbein-Filz in jedem Baumarkt oder Bastelgeschäft.
Als nächstes muß die Kunststoff-Griffmulde unterhalb des Chromhebels vorsichtig mit einem Uhrmacher-Schraubendreher oder ähnlichem herausgehebelt werden, um an die Schraube darunter zu kommen. Vorsicht: die hat noch einen kleinen Sprengring darunter, der nicht verlorengehen sollte.
Nun läßt sich die vordere Kunststoffverkleidung zur B-Säule hin herausziehen, ebenso die Einfassung der Bedienelemente rechts. Also immer seitlich herausziehen, dann geht es fast ohne Widerstand und die Gefahr einer Beschädigung.
Dann werden die Schalter von ihren Kontakten gelöst. Ein Foto wie dieses hilft übrigens am schnellsten dabei, sie später für den Einbau wieder in ihrer richtigen Reihenfolge anzubringen :-)
Bei gezogenem Türhebel läßt sich die Kunststoffeinfassung ausreichend weit nach vorne ziehen, um die schaumstoff-ummantelte Schraube dahinter freizulegen. Sie ist die oberste Befestigung des Hartschaum-Türgriffs (Armlehne) und muß ebenfalls herausgedreht werden.
Danach läßt sich die mit mit noch zwei weiteren Schrauben befestigte Armlehne endlich entfernen.
Bis hierhin war es einfach, aber die eigentliche Frickelei steht ja erst noch bevor!
Nicht zu vergessen: die Ausstiegsleuchte muß ebenfalls herausgezogen und von ihrem Kabel getrennt werden. Dies ist sehr leicht, da die Leuchte nur eingeklipst ist und sich mit einem kleinen Schraubendreher widerstandslos heraushebeln läßt.
Der beleuchtete Ascher darüber hat ebenfalls noch eine zu trennende Kabelverbindung, die aber meist erst beim Anheben der Türverkleidung zum Vorschein kommt.
Die Türverkleidung (hier schon entfernt) wird einfach gleichmäßig nach oben geschoben, da sie nur eingehängt ist. Es ist natürlich drauf zu achten, daß an der Oberseite nichts mehr blockiert, wie bspw. die breite Fenstereinfassung zur C-Säule hin (rechts im Bild). Dazu einfach die Türverkleidung an dieser Stelle und auch im Bereich des Türhebels ein Stück von der Tür wegziehen beim Anheben.
Die abgebaute Verkleidung läßt sich bei dieser Gelegenheit hervorragend reinigen. Hier im Ergebnis noch nicht zu sehen: ich habe mich leidlich abgemüht, mal wieder die Nikotinvergilbungen zu beseitigen. Vinylreiniger (im Wasserbetten-Fachhandel erhältlich!) soll für die Kunststoffteile Wunder wirken. Den hatte ich aber nicht zur Hand. Dafür "tuba Teppichfleckenentferner", mit dem der Velours-Ausschlag sehr gut vom stinkenden Gilb zu befreien war!
Hier nochmal eine Aufsicht der freigelegten Tür. Eine hervorragende Gelegenheit, die teils verborgenen oder sonst schwer zugänglichen Dichtgummis mit Talkum zu pflegen.
Die Türfolie sollte unverletzt bleiben, da sie sehr wichtig als Abweiser von Feuchtigkeit (Waschanlage, Witterung, Kondensat) ist. Leider läßt sich die nach 19 Jahren nicht im Guten abtragen, um an die dahinter verborgene Mutter des Türhalters zu kommen. Sie reißt sofort. Also machte ich nach Ertasten des freizulegenden Bereichs vorsichtig kurzen Prozeß und riß eine Aussparung heraus, wie hier zu sehen. Die Mutter läßt sich dann mit einem 10er-Schlüssel entfernen.
Als nächstes muß der Bolzen aus dem B-Säulen-Scharnier des Türhalters gezogen werden. Vorsicht vorm Ansetzen des Hammers: der Bolzen ist noch mit einer kleinen Halteklammer unten gesichert, die man aber mit bloßen Fingern herausklipsen kann.
Nochmal Vorsicht: beim Heraushämmern nach oben (es geht wohl nicht anders) kann man sich bleibende Erinnerungen in die B-Säule schlagen, wie hier einmal rein zu Demonstrationszwecken von mir gemacht.
Und abermals VORSICHT nach dem Entfernen des Bolzens! Die Tür ist ja jetzt ohne Arretierung, sodaß die freie ölige Lasche des Fangbands leicht dem Velours-Ausschlag einen "Knutschfleck" verpassen kann. So wie hier links (ebenfalls rein zu Demonstrationszwecken) zu sehen. *hust*
Als letztes halten noch zwei 10er-Muttern das Türfangband an der Stirnseite.
Da sich das Teil nicht zur B-Säule hin herausziehen läßt, sondern nur quer durch den Türkörper nach hinten, muß zur Entnahme dort eine weitere Zurgiffsöffnung in die Folie geschnitten werden. Logischerweise an die Stelle mit dem Hohlraum darunter (läßt sich ebenfalls ertasten).
Jetzt ist es ein leichtes, das Fangband zu entnehmen. Und dieser Anblick entschädigt dann auch für alle Mühen; selbst die, die noch kommen werden. Von Schmierung ist hier nichts mehr zu sehen, dafür reibt nur noch Metall auf Metall - oder besser: Rost auf Rost! Jedes Öffnen der Tür war angesichts dieses Zustands des Fangbands ein russisches Roulette, denn blockiert das Fangband mangels Schmierung, läßt sich die Tür auch mit brutaler Gewalt nicht mehr Schließen. Einem Freund ist dies auf einem Supermarktplatz mit seinem 190er passiert: seine Tür versperrte zu allem Überfluß den benachbarten Stellplatz - einer der wenigen noch freien Plätze an diesem Einkaufs-Samstag. Die Anpflaumungen der Leute kann man sich denken - und die Erklärungsnot des Betroffenen ebenso, der da dem Anschein nach fahrlässig seine Tür offenläßt, nur um den Stellplatz zu blockieren.
Das neue Fangband (im Teilekatalog als "Türhalter" zu finden) sollte man möglichst nicht leichtsinnig behandeln. Bei dem ungelenken Versuch, die Lasche mit dem Scharnier ein Stück weit nach vorne zu ziehen für die anschließende Lackierung, rutschte es plötzlich ganz aus seiner Führungsschiene und die beiden Federn schleuderten die seitlichen Gleitkugeln weit hinaus in die Botanik. Nur eine konnte ich nach intensiver Suche noch finden, von der anderen und den Federn fehlt jede Spur. 18 EUR verbrannt!
Gut, daß ich ja noch ein zweites Fangband hatte.
Um also die Scharnierlasche in eine für's Lackieren günstigere Position zu ziehen, sollte dieses Manöver unbedingt in die entgegengesetzte Richtung, weg vom offenen Schienenende, erfolgen.
Dazu das Fangband einmal kurz provisorisch mit dem Bolzen in das Scharnier an der B-Säule einhängen und kräftig ziehen. Die Lasche gleitet nun in die mittlere Fangposition, die bereits dafür ausreichend ist.
So läßt sich das Fangband zum Lackieren mit "5929 nautikblau-metallic" aufstellen. (Früher lautete der Farbcode nur "929").
Vor dem Lackieren sollte die Lasche (und nur die!!!) noch mit Benzin von der Fettschmiere befreit werden.
Dann zum Trocknen in die Sonne. Nein, ich habe nicht auch noch den Blumentopf lackiert. Der war tatsächlich schon so!
In der Sommersonne ist die erste Lackschicht nach spätestens 10 Minuten trocken, dann nochmal drübersprühen und zur Sicherheit weitere 15-20 Minuten warten - fertig!
Jetzt läßt sich das neue Fangband durch die Zugriffsöffnung an seine Position schieben. Die Seite mit dem Schraubgewinde für die Haltemutter muß natürlich nach innen (zum Betrachter) zeigen.
Jetzt die Mutter drauf und diese erstmal nur locker anziehen. Dann die beiden Muttern an der Stirnseite reinpfriemeln und festziehen. Jetzt kann auch die Haltemutter hinten ganz festgezogen werden.
Tipp: immer einen Spritzer Caramba auf die Gewinde sämtlicher Schrauben und Muttern, bevor diese wieder eingesetzt werden! Schließlich sollen sich solche Reparaturen nach weiteren 19 Jahren ohne böse Überraschungen (festsitzende Schrauben) noch wiederholen lassen.
Jetzt kann auch die Lasche mit dem Bolzen am Scharnier befestigt werden. Dieser sollte vorher nochmal gefettet werden, muß dann aber trotzdem mit etwas Überredungskunst (= Hammerschläge) ins Scharnier befördert werden. Nicht vergessen, danach den Sicherungsclip unten wieder anzubringen.
Wie zur Feier der geglückten Reparatur!
Jetzt müssen noch die "OP-Narben" mit ordentlichem Klebeband verschlossen werden. Hier und da lassen sich bei dieser Gelegenheit noch kleinere Löcher und Risse im Material flicken. Aber Vorsicht: die großen Öffnungen müssen für die Haken der Türverkleidung frei bleiben!
Zwischen dem letzten und diesem Bild liegen gut 30 Minuten, unzählige Flüche, mehrere Ruhepausen mit hohem Mineralwasser- und Küchenrollen-Verbrauch (zum Schweißabtupfen) und eine Menge Frust! Das Einhängen der Türverkleidung sollte also besser mit Hilfe einer zweiten Person erfolgen, da es unsäglich mühsam ist, alle Haken gleichzeitig und mit ausreichend (aber auch nicht zuviel Anpressdruck) eingehängt zu kriegen. Garantiert vergißt man dabei auch das vorherige Wiederanschließen des beleuchteten Aschenbechers.
Dann aber braucht nur noch die Ausstiegsleuchte wieder angschlossen und eingeklipst zu werden und FERTIG!
Mein ganz herzlicher Dank gilt den Betreibern des gelben W126-Forums, vielmehr dem Verfasser dieses “Tipps&Tricks”-Eintrags, der selbst mir als Techniklaien die Reparatur so einfach wie nur irgend möglich machte und vor allem die Angst vor diesem immerhin größeren Eingriff nahm!
NACHTRAG: Das verbaute Türfangband wird in einem Kunststoffmantel geliefert, wie hier auf dem Bild unten links zu sehen. Dies ist nicht bloß eine Transportverpackung, sondern kann und sollte (entgegen meiner Annahme) so mit eingebaut werden. Die Ummantelung schützt nämlich die Gleitschiene zusätzlich vor Feuchtigkeit und damit vor Korrosion, für eine nahezu unbegrenzte Haltbarkeit. Danke an den Ölprinzen für diesen Hinweis!