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Intelligenter Leichtbau bei mehr Komfort und gesteigerter Sicherheit – die Rohkarosserie der neuen C-Klasse W205

Published in fünfkommasechs.de

Jeder der mich etwas besser kennt, der weiß auch das ich mich sehr für technische Errungenschaften oder besondere technische Lösungen begeistern kann. Das liegt sicher daran weil ich als Kind viel mit Lego technic und Fischer Technik Bausätzen gespielt habe – ist aber evtl. auch nur eine Einbildung und vielmehr einfach Veranlagung ;)

Rohkarosserien (in der Automobilproduktion “body-in-white” genannt) waren und sind seit jeher Anzugsmagnete für mich, das stählerne Gerippe eines jeden Automobils zeugt einfach auf sehr eindrucksvolle Art und Weise von der fast schon künstlerischen Leistung die Anforderungen nach Design, Sicherheit und am Ende der Fertigungsmöglichkeit unter einen (schönen) Hut zu bekommen.

Erster Wagen der Neuzeit mit einer modernen Karosseriestruktur die am Computer errechnet und berechnet wurde (auf IBM Computer) war die erste S-Klasse, die BR 116 die im September 1972 das Licht der Welt erblickte. Hierbei hatte man die Struktur und Materialstärken der Bodengruppe und der Dachsäulen erstmals per Computer errechnen lassen und so Material einsparen können und dennoch eine Steifigkeit erreicht die es so bis dato nicht gegeben hat.

Danach gab es immer wieder weitere Verbesserungen und ab 1979 in der BR 126 erstmals auch eine signifikante Erleichterung der Rohkarosserie bei gleicher bzw. sogar gesteigerter Verwindungssteifigkeit und erhöhter Sicherheitsreserven durch den Einsatz von höherfesten Stählen die bei geringerer Wandstärke gleiche oder sogar noch höhere Stabilität in den Rohbau brachten.

Man muss dazu nämlich sagen das es seit Anfang der 1970er mit immer weiter gesteigerter Passiver Sicherheit auch eine endlos erscheinende Gewichtsspirale einherging die bis zum heutigen Tage nie durchbrochen wurde.
Anfang der 1990er mit den ersten öffentlichen Crashtests (u.a. durch die AMS) gab es eine weitere Zunahme an Gewicht durch die mehr geforderte Sicherheit, Anfang der 2000er Jahre dann durch mehr Komfort-, Luxus- und Sicherheitsfeatures eine weitere Gewichtszunahme die unumgänglich war. Leichtbaumaterialien waren für gewöhnliche Großserienfahrzeuge nicht realisierbar ohne den Verkaufspreis anheben zu müssen.

Als Beispiel kann man hier sehr schön die Mercedes C-Klasse heranziehen:

Quelle: ATZ Extra, Springer Verlag

Der 190er würde zwar bei weitem keinen Euro NCAP Crashtest überstehen, bzw. würde er womöglich (wenn überhaupt) nur einen Stern erhalten, wiegt aber im direkten Vergleich nur 150 KG weniger als ein W205. Die neue BR 205 ist bei weiter gesteigerter Sicherheit (zur Vorgängerbaureihe) und noch mehr Komfort an Bord durch den massiven Einsatz von Leichtbaumaterialen und der Verwendung von mehr höherfesten Stählen zwischen 65 und 100 KG leichter als das jeweilige direkte Vorgängermodell geworden.

Dieser konsequente Leichtbau spart nicht nur Kraftstoff sondern erhöht gleichzeitig auch den Fahrspaß – dies sei nur am Rande erwähnt! So senkt zum Beispiel das Aluminiumdach den Schwerpunkt des Fahrzeugs. Sämtliche Anbauteile wie Motorhaube, Heckdeckel (Limousine)/Rückwandtüre (T-Modell), Türen und vordere Kotflügel sind aus Aluminium gefertigt. Zudem sind alle vier Federbein oder Stoßdämpferaufnahmen aus sehr stabilen und zugleich auch sehr leichten Aluminiumgussteilen gefertigt.

 

Wurden im Vorgänger W204 noch 56,6% Stahl- und Eisenwerkstoffe verwendet, so sind es im neuen W205 nur noch 46,8%. Der Anteil an Polymerwerkstoffen (Plastik!) hat nur wenig von 18,4% auf 19,8% zugelegt. Signifikant ist aber die Zunahme an Leichtmetall von 12,7% auf nun einen Wert von 22,5%. (übrigens, die ach so unsägliche Elektronik ist gleich geblieben und macht weiterhin nur 0,2% am Fahrzeuggewicht aus)

Die Werte oben bezogen sich auf das Gesamtfahrzeug, betrachtet man nun lediglich die Rohkarosserie kommen wir auf folgende Werte, im Vergleich zwischen S204 und dem neuen S205: Verwendung von Stahl 85% zu neuerdings 45%, der Anteil an Aluminium stieg von nur 9% auf 45%, hochfester Stahl von 3% auf 4% und heiss umgeformter ultra-hochfester Stahl von 3% auf 6%.

Die gemischte Verwendung von Stahl und Aluminium macht in der Rohbaufertigung die Verwendung von bisher völlig unbekannten Verfahren im Automobilbau notwendig. Dabei werden seit vielen Jahren bereits einige Rohbauteile geklebt statt geschweißt, das ist nichts neues mehr. Jedoch kann man Aluminiumbauteile nicht einfach an die Stahlbauteile der Karosserie schweißen – Kontaktkorrosion wäre die Folge und damit das Bauwerk am Ende instabiler und anfälliger als eine herkömmlich gefertigte Karosserie.
So verwendet man seit der neuen S-Klasse erstmals Nieten, Nägel und Stanznieten die heiß eingesetzt werden um die unterschiedlichen Bauteile sicher miteinander zu verbinden. Viele dieser Verfahrenstechniken stammen aus der Luftfahrtindustrie, womit jener Spirit der frühen Jahre im Automobilbau heute auf spannende Art und Weise eine Renaissance erfährt.

Die Karosserie der Baureihe 205 ist deshalb so interessant weil sie bei Mercedes für den Startpunkt einer ganz neue Generation steht und das erste Mitglied der neuen “MRA-Family” ist. MRA steht für Mercedes Rear-Wheel Drive Architecture (Mercedes Hinterradantriebs-Architektur). Alle zukünftigen PKWs die in diesen Bereich fallen, werden nach ganz ähnlichen Muster aufgebaut werden (darunter das Coupé und Cabriolet der neuen C-Klasse, sowie die neue E-Klasse W213 die im Januar 2016 ihr Debüt feiern wird).
Die neue C-Klasse ist somit Trendsetter und in ihrem Segment mit dieser Karosserieauslegung einmalig in der Großserie, noch dazu wenn man bedenkt das die neue C-Klasse gegen Ende diesen Jahres an vier verschiedenen Standorten weltweit gefertigt wird.

Body of the year!

Die erste Rohkarosserie des neuen C-Klasse T-Modells wurde von den stolzen Mitarbeitern im Werk Bremen signiert. Eindrucksvoller Beweis für einen gelebten Team-Spirit.

Einen kleinen Vorabbericht zur Technik der neuen C-Klasse hatten wir bereits im März für euch erstellt, KLICK.

Zum Abschluss sei noch etwas zur wichtigen Eigenschaft der Langlebigkeit gesagt: die neue C-Klasse besitzt eine vollverzinkte (100%) Karosserie und zudem eine erweiterte Hohlraumversiegelung. Mercedes setzt alles nicht wieder ein solches Rostproblem zu erleiden wie es mit den Baureihen 202, 203 und 210 der Fall gewesen ist. Ob das wirklich stimmt werden wir gewiss erst in 10 Jahren und mehr sehen können, die Ausgangsbasis jedenfalls scheint zu stimmen.
Obwohl der Türrohbau vollständig aus Aluminium besteht (wie bereits erwähnt ein absolutes Novum in diesem Fahrzeugsegment!), werden die Türen in ihrem Innern mit Hohlraumschutzwachs geflutet – man möchte scheinbar dem Kunden beim neues Vertrauen gewinnen – ein guter Weg!

Original: 5komma6

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