Tante Berthas Maschine
Meine Eltern renovieren gerade auch und beim Ausräumen stolperten Sie über die Nähmaschine von Tante Bertha. Irgendwie war die jetzt doch einmal im Weg.
Ich kann mich an meine Tante Bertha nicht wirklich erinnern. Sie war die Schwester meines Uropas, also die Tante meiner Oma väterlicherseits. Und als meine Eltern zusammen mit meinen Großeltern in den 60ern eine Doppelhaushälfte bauten, klinkte sie sich mit ein und wohnte bei uns mit im Haus bis zu ihrem Tod Sie hatte ihr eigenes Zimmer, das irgendwie immer das Tante Bertha Zimmer blieb. Meinen Bruder und mich verwöhnte sie als Kleinkinder und versorgte uns Geschichten nach rührend. Das Bild zeigt mich mit meiner Tante Weihnachten 1969.
Ich war drei Jahre alt, als sie von uns ging. Das Tante Bertha Zimmer wurde das Handarbeitszimmer meiner Oma und irgendwann zogen da die Möbel ihrer Eltern dort ein, die jetzt beim mir im Wohnzimmer stehen. Heute ist das Tante Bertha Zimmer das Büro meines Vaters.
Was blieb, war die Nähmaschine auf dem Dachboden, die ich mir nach Mainz holte.
Wohl das letzte Mal benutzt 1971. Und davor sehr rege, was deutliche Spuren hinterlassen hat – die Platte war hin.
Wohl schon in sehr grauer Vorzeit war das Gestell unten gebrochen. Und wie man das damals so machte, wurde dann eben geflickt. Nachhaltigkeit haben unsere Vorfahren gelebt. Damals nannte man das nur nicht so. Wer kennt es nicht mehr, wenn alte Leute den Spruch loslassen: “Das ist doch ansonsten noch gut”.
Man hätte die Nähmaschine verkaufen können, viel hätte man nicht bekommen. Also fragte ich mal unverschämt, ob das mein Balkontisch werden könne. Es wurde mein Balkontisch. Ich habe diese Idee natürlich nicht selbst erfunden. Es gibt sicherlich hunderte Tische mit einem Gestell einer alten Nähmaschine. Früher waren Nähmaschinen noch kleine Kunstwerke mit ihren liebevoll gestalteten Gestellen.
Als erstes flog die Holzplatte mit der Maschine herunter. Die Maschine selbst lebt übrigens als Dekostück bei einem Bekannten weiter. Ich stellte das erst einmal auf meinen Balkon, der einen Anstrich dringend nötig hatte.
Doch was als Platte? Wetterfest sollte es doch sein. Ich habe da noch Glasplatten über, die ich über eBay Kleinanzeigen abgestaubt hatte aus einer Ladenauflösung. Einige davon sind die Einlegeböden in der großen Fenstervitrine. Dazu musste ein Unterbau her. Ebenfalls über vom Vitrinenbau waren Holzleisten. Ich lasierte zwei mit einem Rest Lasur und schraubte die auf das Gestell.
Leider sind die Auflageflächen nicht eben, wie ich feststellen musste.
Also habe ich mit einer Holzraspel etwas nachgeholfen.
Natürlich habe ich das wieder lasiert, um das Holz zu schützen. Auf die Holzleisten klebte ich Puffer aus durchsichtigem Plastik, damit das Glas nicht direkt auf dem Holz aufliegt.
Platten gekürzt und siehe da – ich habe meinen stygischen Balkontisch!
Den Balkon habe ich inzwischen auch neu gestrichen.
Und jedem, dem der Tisch bei mir auffallen wird, werde ich erzählen, dass das mal die Nähmaschine meiner Urgroßtante Bertha war, die jetzt 50 Jahre nach ihrem Tod sogar ihren eigenen Blogeintrag hat. Ich finde es schön, so die Erinnerung an sie wach zu halten.
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