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Der Cobra-Fresser, de Tomaso Mangusta-1780

Published in radical-classics.com

de Tomaso Mangusta

Noch nicht erstellt
Es gibt da eine Sache, die ist ungeklärt beim de Tomaso Mangusta. Nein, falsch, es gibt ganz viele Dinge, die unklar sind beim Mangusta, die Anzahl gebauter Fahrzeuge etwa, welche Motoren nun tatsächlich für welches Fahrzeug, Klapp-Scheinwerfer und wenn ja, wie viele Exemplare, oder doch erst nachträglich, etc. und ausserdem: usw.. Aber bei einer Beschreibung der Geschichte des Mangusta müsste es eigentlich etwas vorab geklärt werden können, was sich wohl nicht mehr klären lässt: welche Rolle spielte Caroll Shelby?

Alejandro de Tomaso hatte 1959 seine eigene Firma gegründet und 1963 sein erstes Serien-Fahrzeug vorgestellt, den Vallelunga. Ein ziemlich aussergewöhnliches Gerät, Zentralrohrrahmen, Mittelmotor, ein aufgepeppter 1,5-Liter-Ford-Motor mit 100 PS, was dem nur gerade 470 Kilo schweren Wägelchen zu wahrhaft flotten Fahrleistungen verhalf. Er wollte mit diesem Sportwagen, der eigentlich mehr ein Formel-3-Renner mit Karosserie (von Fissore) war, das Geld für seine Rennwagen verdienen, aber da war der Wunsch der Vater des Gedankens. Wohl etwa 50 Stücker wurden verkauft vom Vallelunga, es gab noch ein paar Spezialversionen (eine mit dem schönen Namen «Pampero»...), dann war Ende der Fahnenstange. 1966. Oder auch schon 1965. Wer weiss das schon bei de Tomaso.

Doch der Plan eines eigenen Automobils schien Alejandro de Tomaso weiterhin gut. Denn unterdessen hatte sich die Auto-Welt, ganz besonders die italienische, ja etwas verändert, Lamborghini war auf der Bildfläche aufgetaucht, nach dem grossen Sturm bei Ferrari Ende 1961 gab es da auch noch Bizzarrini, ATS, Iso. de Tomaso sah auch das Potenzial von italienischen Sportwagen mit (günstiger) amerikanischer Grossserien-Technik - und er hatte Verbindungen. Der Vallelunga hatte einen Ford-Motor, aus seiner Zeit als Rennfahrer kannte der geborene Argentinier noch so diesen und auch jenen, und ein gewisser Caroll Shelby gehörte zu seinen Freunden. Heisst es; sagt man.
de Tomaso Mangusta
de Tomaso Mangusta
Dieser Shelby wiederum war wie de Tomaso ein mehr als nur gewiefter Geschäftsmann, er sah den Dollar auch dort, wo es gar keinen gab - und auch er hatte beste Beziehungen in die Plüschetage von Ford. Wie man ja wusste seit der AC Cobra, die er 1962 auf die Strassen und Rennstrecken dieser Welt geschickt hatte.

Jetzt wird die Story etwas verworren. Man weiss nicht so genau, wie die Dinge gelaufen sind, ob Caroll Shelby zu de Tomaso kam oder de Tomaso zu Shelby ging; wahrscheinlicher ist, dass der Argentinier bei Shelby anklopfte. Denn er brauchte eine etwas flottere Maschine als den 1,5-Liter-Vierzylinder für sein nächstes Projekt. Acht Zylinder mussten es sein, denn das hatten die anderen Italiener auch. Er wollte den 289er-Ford, diese Renn-Maschine, wie sie auch in die Cobra eingebaut war. Shelby gab ihm einen solchen Motor, also: 4,7 Liter, 482 PS bei 7300/min.
de Tomaso Mangusta
de Tomaso Mangusta
de Tomaso Mangusta
de Tomaso Mangusta
de Tomaso Mangusta
de Tomaso baute die Maschine in ein Fahrzeug an, das auf dem Vallelunga basierte, von dem genau ein Stück entstand, das aber ganz viele Namen trug: de Tomaso Sport 5000, Ghia de Tomaso (womit dann auch klar ist, wer für die Optik zuständig war), de Tomaso 70P und auch noch de Tomaso P70. Das alles begab sich Ende 1965, Shelby war dabei, Shelby schmiss den Bettel hin, de Tomaso machte das Fahrzeug rennbereit, wurde in Le Mans 1966 aber abgewiesen, beim Mugello Grand Prix 1966 fuhr das Teil sein einziges Rennen, das heisst: nach der Eröffnungsrunde fuhr ihn Roberto Bussinello an die Box. Der Sport 5000 kam nach Modena zurück, das Heck wurde an Suzuki verschachert (und war dann Teil des Suzuki-Hino-Rennwagens...) - und mit den Resten baute Alejandro den ersten Mangusta. (Es gibt heute wieder einen Sport 5000, nach dem Tod von de Tomaso im Jahr 2004 wurde das Gerippe verkauft, das Fahrzeug nach dem alten Plänen wieder aufgebaut...)

So, und jetzt ist es Zeit für ein bisschen Arten-Erklärung. Also, hopp, Wikipedia: «Die Mangusten (Herpestidae) sind eine Säugetierfamilie aus der Ordnung der Raubtiere (Carnivora). Sie umfassen 33 Arten, die in Afrika, dem südlichen Asien und Südeuropa verbreitet sind. Zu den bekanntesten Vertretern zählen die Mungos und die Erdmännchen.» Doch es ist viel komplizierter, denn eigentlich ist ja nur der Mungo jenes possierliche Tierchen, das im Dschungelbuch von Rudyard Kipling Rikki-tikki-tavi heisst - und Cobras frisst. Man darf nun annehmen, dass Alejandro de Tomaso ein bisserl sauer war auf Caroll Shelby - und deshalb so einen Cobra-Fresser auf die Räder stellen wollte.

Giorgetto Giugiaro hatte 1966 für Iso Rivolta ein scharfes Design entworfen. Dem Kühlschrank-Produzenten war das aber zu wild, der Prototyp wurde in die Ecke gestellt. Es kam de Tomaso, sicherte sich die Glasfiber-Karosse, stülpte sie mit wenigen Anpassungen über seinen Vallelunga/Sport 5000 - und fertig war der erste Mangusta.de Tomaso Mangusta
In Serie ging er dann 1967 zwar in Alu, doch die sensationelle Motorhaube, die aus zwei wie Flügeltüren öffnenden Teilen mit Fenstern besteht, wurde übernommen. Ansonsten war das Teil, hmm, sagen wir mal: ein Krüppel. Der Motor heizte den Innenraum auf die Sonne die Sahara, die Frontscheibe verlief den zwei Passagieren quasi über die Nase - und der Zentralrohrrahmen war so weich wie im Vallelunga, also quasi ein Kaugummi. Unter der Haube arbeitete zuerst die zivile Version des 289er-Ford-Motors, etwas über 300 PS, die für herausragende Fahrleistungen sorgten. Ausser: bei Nässe (da half die Gewichtsverteilung von 68 Prozent hinten sicher nicht...). Ausser: das Teil war mal wieder kaputt (also: oft). Später und für den US-Markt erhielt der de Tomaso dann den 302er-Ford-Motor, mit noch müden 220 PS; geschaltet wurde immer über ein manuelle 5-Gang-Getriebe von ZF, vier Scheibenbremsen, Einzelradaufhängung.

Insgesamt wurden, wahrscheinlich, bis 1971 401 Mangusta gebaut, davon 150 Stück mit dem scharfen Motor, der den de Tomaso deutlich über 250 km/h schnell machte. Kürzlich verkaufte RM Auctions den auf den Bildern gezeigten Mangusta mit dem 4,7-Liter-V8 in Monaco für satte 268'800 Euro - ein absoluter Rekord. Denn bislang waren die Cobra-Fresser immer noch für fünfstellige Beträge zu haben gewesen...

Und ja, es gab dann auch noch einen Nachfolger: hier die Story zum Qvale Mangusta.

Mehr schöne Oldies gibt es im Archiv.


Original: radical

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