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Der edle Unbekannte, Lamborghini Islero, ab 1968

Published in radical-classics.com

Lamborghini Islero, ab 1968

Noch nicht erstellt
Im März 1968 standen bei Lamborghini auf dem Genfer Salon gleich drei Neuheiten. Die eine, der Espada, zog das Publikum magnetisch an, die zweite, der Miura S, war sowieso ein Hingucker. Die letzte, der Islero, ging neben den spektakulären, von Bertone gezeichneten Espada und Miura völlig unter. Dabei verkörperte der Islero wohl mehr als jeder andere Lamborghini vorher und nachher die Vision des Firmengründers Ferruccio Lamborghini vom schönen, schnellen und komfortablen Sportwagen, der auch zur Reise tauge. Lamborghini fuhr lange Jahre selber einen Islero, auch sein Bruder Edmondo hatte einen - bloss das Publikum fand keinen Geschmack an diesem Fahrzeug. Das hat sich unterdessen geändert - die Islero erzielen die höchsten Preise aller frühen Lamborghini (natürlich abgesehen vom Miura), sind fünf- oder gar sechsmal mehr wert als die Espada, die ihnen einst die Show gestohlen hatten (wobei gesagt werden muss, dass wir die Espada für unterbewertet halten).

Das Design des Islero stammte von Carrozzeria Marazzi, jenem Studio, das 1967 aus den Trümmern der in Konkurs gegangenen Carrozzeria Touring entstanden war. Mario Marazzi hatte selbst früher bei Touring gearbeitet und die besten Touring-Mitarbeiter um sich geschart, doch er wurde, trotz einiger seriöser und guter Arbeiten (so schuf er neben dem Islero und später dem Jarama auch noch den wunderbaren Alfa Tipo 33 Stradale), nie zu einem der grossen Stars unter den italienischen Designern; dafür existiert Marazzi heute noch und hat sich unterdessen auf gepanzerte Fahrzeuge spezialisiert. Als Designer des Islero gilt Federico Formenti. Er schuf eigentlich kein neues Fahrzeug, sondern «vollendete», nach dem Wünschen von Ferruccio Lamborghini, den 400 GT.

Erstaunlich ist, dass der Islero wieder Klappscheinwerfer erhielt; beim allerersten Lamborghini, dem 350 GTV, hatten diese dem Firmenchef gar nicht gefallen. Ansonsten wurde vor allem der 400 GT verbessert, die Spur verbreitert, damit es im Innenraum mehr Platz gibt.Lamborghini Islero.

Die ersten Islero hatten noch diese wunderbaren Borrani-Speichenräder.

Lamborghini Islero.

Diese wurden später durch die Magnesium-Felgen des Miura ersetzt.

Die Breite von 1,73 Metern blieb aber gleich, dafür wurde der Islero etwas kürzer (4,52 Meter statt 4,64 Meter). Vor allem aber wurde die Qualität deutlich verbessert. Und der Lärm deutlich verringert - im Islero konnte man sich nun sogar unterhalten, was im 350/400 GT so gut wie unmöglich gewesen war. Auch war die Rundumsicht um einiges besser. Allerdings, so heisst es, sei die Verarbeitungsqualität vor allem im Innenraum, den Marazzi neu gestaltet hatte, unterirdisch gewesen. Ein - selbstverständlich englischer - Kunde soll, so geht das Gerücht, seinen neuen Lamborghini zuerst von Aston Martin mit einem neuen Interieur versehen lassen haben, bevor er sich zum ersten Mal reinsetzte.

Auch am Motor wurde gearbeitet: Der Islero hatte mit erhöhter Verdichtung (10,5:1 statt 9,5:1) 330 PS - und kam damit den 350 Pferden, die Ferruccio Lamborghini schon für den ersten 350 GTV von 1963 gefordert hatte, ziemlich nahe.Lamborghini Islero.

Die ersten Islero hatten noch diese wunderbaren Borrani-Speichenräder.

Lamborghini Islero.

Diese wurden später durch die Magnesium-Felgen des Miura ersetzt.

Lamborghini Islero.
Lamborghini Islero.
Lamborghini Islero.
Weil der Islero gleich schwer war wie der 350 GT (trocken 1380 Kilo), beschleunigte er ein bisschen besser (6,5 statt 6,8 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h), doch die Höchstgeschwindigkeit sank leicht von 254 auf 248 km/h. Doch so schnell wollte und konnte damals eh kaum jemand fahren, dafür waren die Strassen zu schlecht - und auch das Fahrwerk hatte, trotz einzeln aufgehängten Rädern, etwas Mühe mit Exzessen oberhalb von 200 km/h. 125 Islero der ersten Serie wurden gebaut. Oder 126. Da sind auch die ansonsten von Lamborghini für italienische Verhältnisse sehr sauber geführten Bücher etwas unpräzis.

Schon 1969 legte Lamborghini nach. Es kam der «S». Er hatte endlich die 350 PS (Verdichtung 10,8:1) und ging ganz flott zur Sache. 259 km/h waren jetzt theoretisch möglich, der Paradesprint von 0 auf 100 km/h lag in nur 6,2 Sekunden drin. Es gab grössere Bremsen, eine verstärkte Aufhängung hinten und ein paar Änderungen im Innenleben. Hübsch der grössere Lufteinlass auf der Motorhaube, der allerdings nicht das unterdessen bewährte und auch standfeste 3,9-Liter-V12-Triebwerk mit Kühlung versorgte, sondern Frischluft in den Innenraum strömen liess. Wer schon mal einen Land Rover Defender gefahren hat, der weiss, welche Stürme sich damit im Innenraum veranstalten lassen. Vom Islero S wurden bis im April 1970 genau 100 Stück gebaut.



Und fast hätte es der Islero S zum James-Bond-Filmauto gebracht. Die Geschichte war so: Roger Moore war schon als Nachfolger von Sean Connery verpflichtet worden, als er noch einen letzten Film machte vor der neuen Herausforderung, «The Man That Haunted Himself» (Ein Mann jagt sich selbst, Regie: Basil Dearden). Moore spielt darin zwei Rollen: Harold Pelham, einen korrekten Engländer, sowie auch noch Harold Pelham, sein zweites Ich, das einen alles anders als korrekten Lebensstil führt. Und unter anderem, eben, auch einen Lamborghini Islero S fährt; irgendwie passt das. Genau dieses Film-Fahrzeug, einer von nur fünf gebauten rechtsgelenkten Islero S, wurde im vergangenen Herbst von RM Auctions für eigentlich enttäuschende 106'400 Pfund versteigert.Lamborghini Islero.

Die ersten Islero hatten noch diese wunderbaren Borrani-Speichenräder.

Und, ach ja, das muss jetzt auch noch erzählt sein, die Geschichte davon, wie der Islero zu seinem Namen kam. Ferruccio Lamborghini war am 28. April 1916 zur Welt gekommen, im Sternzeichen des Stiers. Ob er sich wirklich für das Sternzeichenzeugs interessiert hat, entzieht sich unserer Kenntnis - auf jeden Fall war er fasziniert vom Stierkampf. Und besuchte 1962 deshalb die Farm von Don Eduardo Miura, einem der berühmtesten Stierzüchter Spaniens.

Er soll noch bei diesem Besuch in der Nähe von Sevilla beschlossen haben, einen Stier als Markenemblem für sein noch zu gründendes Unternehmen zu verwenden. Nachdem er seine ersten drei Fahrzeuge, den 350 GTV, den 350 GT und den 400 GT, alphanumerisch bezeichnet hatte, kehrte Lamborghini noch einmal auf die Ranch der Miura-Familie zurück - und nannte sein nächstes Gefährt, den 1966 vorgestellten Miura, nach eben diesen anscheinend inspirierenden Besuch.

Für den gleichzeitig mit dem Islero vorgestellten Espada benutzte Lamborghini ein Wort aus dem Stierkampf: Espada ist der Degen, den der Matador benutzt. Islero nun war der erste Name eines ganz besonderen Stiers. Und es war wirklich ein ganz besonderes Tier, jener Islero, der am 28. August 1947 den wohl berühmtesten aller Stierkämpfer, Manolete, in Linares erledigte. Islero war ein Stier der Miura-Zucht, und er sah schlecht. Was Manolete dann zum Verhängnis wurde.


Original: radical

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