Concours d’Elégance Suisse 2019
Schöne Überraschungen
Ach, es ist ja nicht so unseres, Automobile, die auf der Wiese rumstehen. Auch das Drumherum, die Strohhut tragenden Männer und ihre deutliche jüngeren Zweitfrauen, das mag ertragen, wer mag. Der Concours d’Elégance Suisse 2019 in Coppet am Genfersee vermochte uns heuer zu locken, weil am Samstagmorgen nur Jury und Presse zugelassen waren, da war die Hoffnung auf ein paar spannende Fahrzeuge und anständige Bilder. Und ja, der Ausflug hat sich durchaus gelohnt, haben wir doch ein paar Gerätschaften entdeckt, die wir noch gar nie gesehen haben (dazu gleich mehr). Es ist prinzipiell eine schöne Veranstaltung, nicht ganz verstanden haben wir gewisse Gruppen-Einteilungen sowie die Ecke mit den Gebrauchtwagen. Aber so ganz allgemein: das lohnt den Besuch durchaus. Schönes Wetter war ja auch noch. Beginnen wollen wir mit den Jubilaren, die in Coppet geehrt wurden, Alter hat immer den Vortritt, also kommt zuerst Delahaye, 125 Jahre alt.
Es folgt: Bugatti, auch schon 110 Jahre alt. Das Werk, zur Volkswagen-Gruppe gehörend, mag nicht so recht mitfeiern – wohl auch deshalb, weil in den vergangenen Monaten quasi sämtliche Heritage-Kompetenz verloren gegangen ist. Und weil der neue Chef Stephan Winkelmann am liebsten das macht, was er schon bei Lamborghini dauernd gemacht hat: Sondermodelle. Was wiederum zur Folge hat, dass unter den Jüngern grad etwas Ärger herrscht, der dämliche Divo wurde zwar noch nicht einmal ausgeliefert, doch im Umfeld von Pebble Beach will Winkelmann gleich zwei Steigerungsstufen vorstellen – was bereits zu diversen Divo-Stornierungen geführt hat. Wie auch immer, in Coppet stand nach Auskunft der Spezialisten ausgezeichnetes Material (wir können auf Wunsch auch genauere Informationen zu den einzelnen Fahrzeugen liefern, verblieben hier aber: diskret).
Auch noch nicht so recht in Fahrt gekommen sind die Feierlichkeiten zu 100 Jahren Bentley. Irgendwie war das auch in Coppet nicht der Fall. Aber das eine oder andere schöne Stück gab es trotzdem.
Gut, 100 Jahre Citroën haben wir nun schon ausführlich behandelt. Doch was am Concours d’Elégance Suisse ausgestellt war, das war irgendwie besser als alles, was wir bisher gesehen haben – von der Qualität her. Keine wirklich aussergewöhnlichen Fahrzeuge (mit einer Ausnahme, zu der kommen wir gleich noch), aber halt sehr, sehr schöne 2CV (inkl. Sahara), DS, Traction Avant – insbesondere die orange ID19 Luxe von 1957.
Doch ein ganz besonderes Augenmerk unter den Citroën richteten wir auf dieses Six Cabriolet. Offene Six sind ja schon ziemlich selten, doch dieses Exemplar verfügt über eine Karosserie von Worblaufen (Fritz Ramseier) und wurde 1949 auf dem Genfer Salon präsentiert. Wir haben den Wagen noch nie gesehen vorher – gut, es existiert auch nur dieses Exemplar.
Genug gefeiert jetzt, kommen wir zu einem Fahrzeug, das wir aus Legenden kennen, schon auf Bildern gesehen haben, gehört haben, dass es noch existieren soll. Und dann steht er da, etwas verschämt in einer Ecke, fast erdrückt von den typischen Bentley-Schlachtrössern: der Bentley Mark IV Cresta II Facel Métallon, entworfen von Jean Clément Daninos, dem späteren Gründer von Facel-Vega. Und wenn man den wunderschönen Bentley so betrachtet, weiss man auch, weshalb die Facel-Vega so faszinierend sind.
Und dann kommen wir doch gleich noch zu einem absolut aussergewöhnlichen Fahrzeug, das auch ein Einzelstück ist. Es trägt den unsäglichen Namen: Daimler Double Six S2 PMG Rapport Forté Ladbroke Avon Estate. So ein klein bisschen etwas ist damit erklärt, die Basis ist also ein 12-Zylinder-Daimler. Das Design stammt von einem gewissen Chris Humberstone, der noch mehr Rapport entworfen hatte, darunter ein Stahldach-Cabrio. Und vielleicht auch noch ein Coupé, aber da weiss man zu wenig. Ja, wir werden uns vertieft damit beschäftigen – und danken www.jaguarclassic.com/Gregor Dönni dafür, dass er dieses so herrlich schräge Teil in Coppet ausgestellt hat.
Noch einen sehr speziellen Engländer wollen wir zeigen, das Fahrzeug, das man heute gern als Aston Martin DBSC bezeichnet. Damals, Mitte der 60er Jahre, brauchte man in Newport-Pagnell dringend einen Nachfolger des DB6, und obwohl man auch intern ein paar Vorschläge hatte, wurde Touring beauftragt, einen Design-Entwurf zu liefern. Zwei Exemplare wurden auf einem verkürzten DB6-Chassis erstellt, 1966 und 1967 auf auf verschiedenen Messen gezeigt, doch zur Serie kam es nicht – unter anderem auch deshalb, weil Touring seine besten Zeiten längst hinter sich hatte. Aber wenn man den DBSC heute betrachtet, wäre die Geschichte von Aston Martin wohl anders verlaufen, wäre der Touring-Vorschlag tatsächlich umgesetzt worden.
Doch kehren wir zurück zu den Marken. Alfa Romeo feiert zwar erst im nächsten Jahr seinen 110. Geburtstag, war in Coppet aber trotzdem gut vertreten – und die meisten haben wir schon beschrieben, irgendwann, also 6C 1750, 6C 2500, Giulietta SZ, GTA, Montreal…
Keine Feier ohne Geier. Und keine Schönheitskonkurrenz ohne Ferrari. Blöd ist nur, dass sie in diesem Feld fast ein wenig untergingen, Ferrari sieht man ja an jeder Strassenecke. Leider wollte man uns keine Auskunft geben zu den Chassisnummern von 342 America Vignale (1952), 250 GT Europa, 250 GT Berlinetta «Tour de France», etc.
Mehr Italiener? Aber gern, Fiat 8V, Maserati 3500 GT, Lancia Stratos, DeTomaso Pantera, Lamborghini Countach…
Es hätte zwar noch mehr schöne Wagen, die wir gerne zeigen würden. Aber irgendwann muss Schluss sein. Unbedingt sein muss aber noch dieses Hispano-Suiza K6 Cabriolet von Brandone aus dem Jahr 1935, auch deshalb, weil ihn seine im Stil der 30er Jahre gekleideten Besitzer am intensivsten geputzt haben – für uns eines der schönsten Fahrzeuge in Coppet.
Mehr schöne Oldtimer gibt es alleweil in unserem Archiv.
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