Gärtnern ohne Gift, Formula E in Monaco 2188
Formula E in Monaco
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Man wollte uns in Versuchung führen. Uns zeigen, dass Formel-Rennsport mit Elektrowägelchen geil ist. Und das ausgerechnet auf einem der hesissesten Tracks, auf dem Stadtkurs in Monaco. Doch, die derzeitige Technik bei den Elektrorennern ist noch nicht so weit, dass man die Formula E mit ihren ePrix mit der Formel 1 vergleichen kann. Und, wir sagen zum Event nur so viel: verdammt langweilig. Bis auf das Rennen!
Monaco und Formel 1, da schweben vor dem inneren Auge ganz viele Bilder vorbei. Von waghalsigen Manövern auf dem sehr engen Stadtkurs, vom Geheul der kraftstrotzenden Motoren und natürlich von Adel und Chanel. Da werden kleine wiesse Hunde in Handtaschen durch die Boxengasse getragen und alle m^Mechniker sind froh, dass ihnen keiner dier kleinen Köter an die Frontspoiler pisst. Sehe und gesehen werden, das ist beim Formel-1-Rennen unter den Augen des Moanrchen mindestens so wichtig wie die Rennen. Am Samstag war im kleinen Königreich aber alles anders. Erstmals gastierte die FIA Formule E in Europa, genau zwei Wochen vor dem «richtigen» Grand Prix. Und statt heulenden Triebwerken war nur ein relativ leises Sirren zu vernehmen. Denn die Einsitzer, welche mit bis zu 200 km/h um den verkürzten Stadtkurs (nur 1,5 Kilometer, alle Steigungen wurden «umfahren») flitzten, hatten als Antrieb einen Elektromotor an Bord. Derzeit wird mit einheitlichen Fahrzeugen um den Titel gekämpft. Das Chassis stammt vom renommierten italienischen Hersteller Dallara, die technische Obhut hat hingegen Renault. Hinzu kommen E-Motor, Batterien und Regelelektronik anderer bekannter Hersteller ( zum Beispiel McLaren) und einheitliche Reifen von Michelin. So lässt das Reglement - ausser bei der Fahrwerksabstimmung – kaum Eingriffe der einzelnen Teams zu. Das kann man durchaus positiv sehen, denn so werden die Kosten für die Serie einigermassen tief gehalten. Bereits in der kommenden Saison sollen dann einige Dinge – wie etwa die Leistungselektronik - freigegeben werden damit sich die einzelnen Rennställe auch etwas deutlicher voneinander abheben können.
Ungewohnt ist der Austragungsmodus. Freie Trainings, Qualifying und Rennen finden alle an einem Tag statt. Und: weil mit der derzeit verbauten Akkutechnik nicht ein ausreichend langes Rennen möglich ist, gibt es einen Pflichtboxenstopp. Nicht etwa zum Reifen-, sondern zum Fahrzeugwechsel. Pro Team gehen also jeweils zwei Fahrer mit vier Autos an den Start. Die kleinen Rennwagen leisten bis zu 200 kW und erreichen einen Topspeed von 225 km/h (elektronisch begrenzt). Was etwas kompliziert klingt klappt ganz wunderbar, und weil alle Teams in etwa zur gleichen Zeit die Fahrzeuge wechseln schafft es auch der Zuschauer auf der Tribüne die Übersicht zu behalten. Was fehlt ist allerdings: Ambiance. Der Antrieb der Elektroautos erzeugen einen sirrenden, bald einmal nerveden Klang, der sehr stark an die Carrera-Rennbahn im Kinderzimmer erinnert. Vor allem die Trainings sind schlicht: langweilig. Entsprechend leer waren bin nach dem Mittag die Tribünen.
Und, bis aufs Rennen kommt am Renntag nur wenig Spannung auf, denn auch wenn die Strecke kurz ist, Überholmanöver bekommt man weder im freien Training noch im Qualifying zu sehen. Auch das Rahmenprogramm zwischen den einzelnen Blöcken ist ausbaufähig. Ein paar Renault-Elektroautöli über die Piste schleichen zu sehen ist etwa so spannend wie Grid-Girls mit einem BMI von von 36.
Nichts desto Trotz wird in der Formula E echter Rennsport geboten. Akustisch zurückhaltender und angesichts der Leistungsdaten nicht annähernd so spektakulär wie klassischen Rennserien. Aber, auch die elektrische Formel 1 hat ihren Reiz. Auch, weil der Zuschauer direkt Einfluss nehmen kann. Via der offiziellen Website kann man für „seinen“ Fahrer einen sogenannten Fan-Boost abgeben. Die drei Fahrer mit den meisten Stimmen erhalten im Rennen eine grössere Anzahl an Boosts, also zusätzlich Leistung für einige Sekunden, um einen Gegner überholen zu können.
Fein ist auch, dass man dank der Geräuschlosigkeit der Fahrzeuge problemlos in Stadtzentren wie Berlin oder London fahren kann, man ist also näher beim potenziellen Zuschauer. Und auch in der Schweiz könnte es bald soweit sein. Lausanne bemüht sich ziemlich offensiv um die Austragung eines Laufs für die Saison 2016. Sponsoren sind gefunden, die Verhandlungen mit der Motorsportbehörde FIA laufen und in Monaco war eine ganze Delegation aus Lausanne anwesend. Einzig die heimischen Politiker stehen diesem hochkärätigen Motorsportanlass noch im Weg. Umso schöner wäre ein Rennen in der Schweiz, weil mit Sébastien Buemi ein Schweizer Rennfahrer in der Formel E ganz gross auftrumpft. Nach der Poleposition holte sich der sympathische Westschweizer auch den Rennsieg und ist damit nach wie vor ein ganz heisser Kandidat im Titelrennen. Ausschlaggebend für seinen Sieg war die Kaltblütigkeit nach dem Fahrzeugwechsel.
Er behauptete sich am Boxenausgang gegen den heranstürmenden Luca di Grassi, der zwei Runden zuvor seinen Boliden ausgetauscht hatte, und liess sich bis ins Ziel nicht mehr vom Brasilianer schnappen. Mit diesem Sieg liegt Buemi nun in Gesamtwertung auf Platz 3 mit nur 10 Punkten Rückstand auf den führenden Lucas du Grassi und hatte alle Chancen auf den Gesamtsieg.
Das Rennen war also wirklich heiss, das wird gefightet, versucht auf der engen Strecke am Konkurrenten vorbeizukommen, es ist echtes Racing. Nur eben ohne Motorsound. Die Formula E hat in ihrer Premierensaison zu lange Pausen, es ist zu langweilig bis endlich Racing-Action geboten wird. Ein Beispiel? Die Quali-Läufe waren um 13 abgeschlossen. Das Rennen startete um 16 Uhr. Und was tat sich in dieser Zeit auf der Piste? Eigentlich gar nichts. Trotzdem waren in Monaco zum Rennen laut offiziellen Angaben rund 60'000 Besucher auf den Tribünen. Dies wohl aber auch, weil der Eintritt gratis war. Aber, wenn man die Rennfahrer das machen lässt, wofür sie bezahlt werden, nämlich Mann gegen Mann auf der Piste zu fighten, in diesen kurzen Momenten (47 Runden à 1,5 km) ist die Formula E durchaus faszinierend.
Original: radical