Wenn alle das Gleiche tun, Aston Martin DBX-1622
Aston Martin DBX
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Eigentlich war ja erwartet worden, dass Bentely sein SUV mit zum Genfer Auto-Salon bringt. Doch dann entschieden die Engländer sich kurzfristig, doch lieber den EXP 10 Speed 6 zu zeigen, eine Studie eines zukünftigen Porsche-911-Konkurrenten (darüber schreiben wir dann noch...). Es isr aber klar: der Bentayga wird noch 2015 vorgestellt (also wohl auf der IAA in Frankfurt im Herbst) und steht ab 2016 den (russischen und arabischen) Händlern. Für diese Kunden gibt es das wohl gegen drei Tonnen schwere SUV mit einem 6-Liter-W12-Doppelturbomotor, in hiesigen Gefilden dürfte es wohl auch eine zumindest auf dem Papier sparsamere Hybrid-Variante des Monstrums geben.
Aber als ob sich die Engländer untereinander abgesprochen hätten, sprang dann Aston Martin in die Genfer-Fett-SUV-Lücke. Ziemlich überraschend zeigte die englische Traditionsmarke den DBX. Und es muss sich dabei um einen heftigen Schnellschuss handeln, denn es war nicht nur kaum Platz auf dem Stand von Aston Martin für den DBX, er sah auch so ein bisschen aus, als ob einfach ein bestehendes Modell mit etwas mehr Bodenfreiheit und grösseren Reifen versehen wurde. Furchtbar, sorry, lieblos zusammengepappt, das kann jede Provinz-Fachhochschule als Gruppen-Seminar-Arbeit besser. Die Engländer, gerade etwas in finanziellen Nöten, erzählten dann etwas von einem Elektro-Motor als Antrieb für den DBX, doch weil die Scheichs und anderen Oligarchen lieber grobe Benziner fahren, soll es den DBX auch mit dem bekannten 6-Liter-V12 geben. Sofern es denn überhaupt je ein solches Modell von Aston Martin geben wird.
Noch eine englische Marke hatte sich im Vorfeld von Genf zum Thema SUV zu Wort gemeldet, und zwar buchstäblich: in einem offenen Brief an potentielle Kunden und die Presse kündigte Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös an, dass die Marke spätestens 2018 ein Luxus-SUV auf den Markt bringen wird.
Rolls-Royce im Matsch, das war ja bisher eigentlich unvorstellbar, doch die Zeiten, als sich Marken noch auf ihre Stärken und einen klaren Kern besannen, sind schon lange vorbei. Mindestens 5,5 Meter lang wird der Drecks-Rolls werden, unter 23-Zoll-Felgen geht gar nichts, und im Innenraum wird es sicher alles geben, vom Leder von vom Aussterben bedrohten Tierarten bis hin zum Holz von geschützten Bäumen. Der Vorteil dieser SUV: der Innenraum ist grösser, da lassen sich mehr solche «edlen» Materialien verarbeiten, die Rechnung für die Kunden wird noch höher.
Und es geht im gleichen Stil weiter. Auch Jaguar wird ein SUV bauen (kommt wohl 2016, auf Basis von Range Rover). Und auch Maserati wird ein SUV bauen (kommt wohl 2016, auf Basis von Jeep). Und sogar Lamborghini wird ein SUV bauen (kommt irgendwann, auf Basis des schon erwähnten Bentley).
Von Ferrari und einem hochbeinigen Allradler hat man bisher noch nichts gehört, doch seit Luca de Montezemolo den Stuhl in Maranello räumen musste und sich Sergio Marchionne darauf niederliess, ist auch bei Ferrari nichts mehr heilig. Da hilft wohl nur noch - beten.
Die Schuld an der ganzen Misere trägt: Porsche. Dort wurde vor 13 Jahren der Cayenne eingeführt. Auch von loyalen Kunden zuerst eher kritisch beäugt, entwickelte sich das Gefährt über die Zeit zum liebsten Goldesel der Marke - und damit zum Vorbild für alle anderen Hersteller. Ob das SUV die wahren Werte des Sportwagenbauers Porsche nun verwässert hat, das ist längst keine Diskussion mehr - ausser vielleicht intern: dort wird der Cayenne als «Nutzfahrzeug» bezeichnet. Und bei solchen Nostalgikern wie uns, die mit diesen Viechern nix anfangen können.
Die Frage darf aber schon sein, ob es jenen Herstellern, die (wie Porsche) keinerlei Geländewagen- oder SUV-Tradition hatten/haben, gelingen wird, die bisherigen Marken-Kerne auch ins neue Segment zu bringen. Kann der Lamborghini das sportlichste aller SUV werden, kann der Rolls-Royce den edelsten Komfort im Gelände bringen? Oder ist das eigentlich sowieso egal, zählen diese über Jahrzehnte sorgsam aufgebauten Werte, die Historie, all die schönen Geschichten und Anekdoten nichts mehr - Hauptsache, ein paar Ölscheichs, russische Oligarchen und die reichen Chinesen kaufen die Dinger? Anscheinend ist es so - die neureiche Kundschaft interessiert sich nur für den Badge, der Inhalt ist nebensächlich. Wenn Gucci ein Handtäschchen oder Hermès ein Halstuch motorisieren würden, würden sie auch das kaufen. Der Cayenne wird ja schliesslich auch hauptsächlich in Weltgegenden am besten verkauft, in denen Geschichte in der Schule ein Freifach ist, in denen man nicht Stil hat, sondern: kauft.
Kommt auch noch: Jaguar.
Wir glauben aber: irgendwann schlägt das zurück. Vielleicht rollt der Rubel für das Lambo-SUV, gut möglich, vielleicht rollt er sogar besser als bei Huracan und Aventador zusammen. Doch das so fein gepflegte Image für diese beiden Modelle geht flöten, man kann sie nicht mehr ernst nehmen - und das schlägt dann mittelfristig doch auch zurück auf den Urus (oder wie er auch immer heissen wird). Es gibt bedeutend mehr Hersteller, bei denen die Wachstumsstrategie massiv in die Hosen ging - Porsche ist die ganz grosse Ausnahme. Apple, immer wieder gern zitiert in der Autobranche, ist die noch viel grössere Ausnahme. Schuster, bleib bei deinen Leisten, hiess es früher - und so ganz falsch ist das sicher nicht.Und ausserdem: der Markt ist endlich. Auch von jenen Menschen, die zwar viel Geld, aber dafür keinerlei Geschmack haben, gibt es nicht unendlich viele. Zum Glück.
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Original: radical