Amore, Ferrari 488 GTB 2118
Ferrari 488 GTB
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Es ist die neue Ferrari Berlinetta. Der kleine Mittelmotor-V8, der Nachfolger des 458 Italia. Doch eigentlich ist es nur eine große Modellpflege, eine Überarbeitung, ein Feinschliff. Deshalb hat niemand einen anderen Namen erwartet, schon gar nicht diesen. Denn: was sagt er uns überhaupt? 4.8 Liter aus acht Zylindern, so wie man seinen Vorgänger entschlüsseln konnte? 4.88 Liter Hubraum, wenn man der Struktur hinter den Ferrari der letzten gut zwanzig Jahre folgen mag? Falsch, völlig daneben. 488 steht für etwas völlig Neues und doch sehr Altes, es steht für den Einzelhubraum. 488 Kubikzentimeter pro Brennraum. Früher, ganz zu Beginn der Marke war das immer so. Bis Mitte der Siebziger hielt man sich stets an diese Nomenklatur – vom 400 Superamerica und 500 Superfast als einzige Ausnahme abgesehen. Doch bei einem Achtzylinder kam diese Hubraumrechnung noch nie vor und gerade deshalb ist sie beim 488 GTB so passend. Er ist etwas Neues und eben doch Altes. Denn die Turboaufladung, die den 3902 Kubikzentimeter großen V8 doppelt beatmet, ist bei den Italienern mehr als gut bekannt. 288 GTO und F40 als wichtigste Beispiele hier. Und ganz im Geiste der Vorgänger ist auch beim 488 GTB die Entscheidung den (phänomenalen) Saugmotor in die Ecke zu stellen nicht leicht gefallen. Man wurde von CO2-Grenzwerten und Strafsteuern auf große Hubräume dazu gezwungen. Im Ergebnis bringen die beiden Turbolader spektakuläres: 670 PS bei 8000 Umdrehungen und 760 Nm bei derer 3000. Ein Wahnsinn, gerade im Vergleich zum 458, der für alles bekannt war, nur nicht für Leistungsschwäche. Doch: Zahlen sind nicht alles.
Sie sind gar wertlos wenn ihr Charakter nicht passt. Und in Charakterfragen lastet eine schwere Bürde auf dem neuen Triebwerk. Der freisaugende V8 des Vorgängers war nicht weniger ein Traum. Ansprechverhalten wie seine akustische Ansprache, Drehvermögen, Elastizität – jedes Attribut, das man sich von einem Sportmotor wünschen konnte, der 458 besaß es. Sie haben sich deshalb Mühe gegeben in Maranello. Zusammen mit den Spezialisten von IHI in Japan haben sie feine Turbolader entworfen, angeblasen über exakt längengleiche Krümmerrohre für perfektes Ansprechen. Dazu gibt es torque mapping, eine Art perfekt ausgeklügelte Ladedruck-Freigabestrategie, damit der Fahrer nie das Gefühl hat in einem aufgeladenen Fahrzeug zu sitzen. Der neue Motor soll laut Ferrari nicht weniger als die Benchmark unter den zwangsbeatmeten Sportmotoren sein.
Auch sonst, hat man nichts unversucht gelassen, den 488 GTB zu verbessern. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe wurde in der Übersetzung an das neue Drehmoment angepasst, ebenso das Sperrdifferenzial. Überhaupt kommt dem aus der Formel 1 übernommenen, elektronisch gesteuerten Differenzial im 488 angesichts der 760Nm und nur einer angetriebenen Achse große Bedeutung zu. So arbeitet nun auch die sensationelle, side slip control genannte Driftwinkelkontrolle in ihrer neuesten SSC2-Version mit dem Differenzial und seinen variablen Sperrwerten zusammen. Dazu kommt auch, dass sich die Dämpferrate nun adaptiv im Drift anpassen kann und so für mehr Stabilität in Situationen sorgt, in denen sie eigentlich schon verloren scheint.
Belohnt wird der Aufwand im Übrigen mit einer neuen Bestzeit für die V8-Maschinen auf der hauseigenen Teststrecke in Fiorano. Mit 1:23.00 min ist der 488 GTB sogar eine halbe Sekunde schneller, als der kompromisslose 458 Speciale. Dem normalen Italia nimmt er gleich zwei Sekunden ab. Als kleine Referenz: der letzte turbogeladene Ferrari brauchte gar 1:29.60 Sekunden. Und dem F40 würde sicher niemand unterstellen ein langsames Auto zu sein. Unterstützt wird der GTB bei dieser Zeit auch von seiner Aerodynamik. War schon der 458 kein Kind von Traurigkeit, was die Effektivität und vor allem Adaptivität seiner Zuhilfenahme der Luftströmung anging, so ist der Neue einen großen Schritt weiter. Um 50% wurde der Abtrieb erhöht, bei gleichzeitiger Verringerung des Luftwiderstandes. Optisch sieht man davon nicht viel, andere Spoilerchen an der Front, größere Lufteinlässe an der Seite und ein massiverer Diffusor am Heck. Verborgen bleibt der glatte Unterboden mit seine Vortex-Finnen zur Glättung der Strömung und zum gezielteren Anblasen des Unterflurspoilers, dem bei Bedarf der Luftstrom genommen werden kann, zur Verbesserung der Höchstgeschwindigkeit.
Diese liegt bei über 330km/h, ist aber genau wie die Beschleunigungswerte von glatten drei Sekunden auf 100km/h und 8.3 Sekunden auf 200km/h bei einem solchen Auto eher Nebensache. Wichtiger ist da schon das Gewicht, welches mit 1370kg trocken sogar einen Hauch unter dem des Vorgängers bleibt. Doch – und diese Frage werden sich die Ingenieure aus Maranello bei der Entwicklung nicht nur einmal gestellt haben – begeistert der 488 GTB so, wie es der Italia konnte? Der Alte, der diese wahnsinnige Mischung aus motorische Theatralik und perfekter Beherrschbarkeit bot. Der, der unglaubliches Gefühl mit der absoluten Präzision der elektronischen Systeme im Hintergrund verband. Klar, die Zeiten ändern sich. Aus rohen, ungefilterten Maschinen, beherrschbar nur von Wenigen werden perfekt gehonte Renngeräte für Jedermann. Bloß hat sich der Ferrari bisher immer die Glut in Form dieser explosiven Motoren behalten. Ob der neue das Feuer erhalten kann, oder zu einem kalten Techniker wie all die McLaren und Nissan wird, bleibt abzuwarten. Bang abzuwarten.
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Original: radical