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Chapeau!, Test Hyundai Genesis Sedan 2102

Published in radical-mag.com

Test Hyundai
Genesis Sedan

Noch nicht erstellt
Es soll eine Demonstration sein, zu was Hyundai derzeit fähig ist. Ein eLuxuslimousine auf die Beine stellen, die alles kann, was Audi, BMW oder Mercedes auch zu bieten hat. Das nennt sich dann Hyundai Genesis Sedan, kostet zum Beispiel in Deutschland 65'000 Euro und - ist in unseren Augen jeden Cent wert. Aber, fangen wir vorne an. Oder besser gesagt, beim Design. Da hat man sich grosszügig bei den deutschen Herstellern von Oberklasse-Limousinen bedient. Hinten etwas BMW, vorne ein Mix aus Mercedes und etwas Aston Martin (ganz besonders beim Logo...) dazu mächtige Räder und ein grosses Glasdach. Ja, 19-Zöller vorne und hinten, das bieten nicht alle Hersteller serienmässig an, dazu kommen grosszügig dimensionierte Bremsen (vorne 360er-Scheiben, Vierkolbensättel) und eine ganze Heerschaar an Assistenzsystemen. Und, für die Schweiz wäre dies durchaus ein Verkaufsargument, permanenter Allradantrieb. Im Bug arbeitet ein längs eingebauter V6 mit 3,8 Litern Hubraum. Besonderes Erkennungsmerkmal: ein seidenweicher Lauf. Man merkt es den ersten Zeilen an, der Hyundai hat uns ziemlich überzeugt. Auch das Platzangebot im Fond ist beachtlich, allerdings ist das Auto auch nicht gerade klein. 499 cm in der Länge und 189 cm in der Breite, das sind schon Gardemasse. Der Kofferraum ist - wie bei Limousinen dieser Grösse üblich - nicht klein, aber auch nicht einfach zu beladen. 493 Liter sollen ins Gepäckabteil passen. Das ist durchschnittlich. Aber eben, man setzt sich ja nicht in den Kofferraum sondern auf einen der fünf Sitze. Unter ausser dem hinteren in der Mitte sitzt es sich im Sedan ganz vorzüglich. Gute Lederqualität, schönes Holz und wirklich hochstehende Verarbeitung. Und vor allem nicht mehr dieser unsägliche Materialmix wie er bei koreanischen Autos zu finden ist. Nein, wir sagen nicht, dass der Genesis besser verarbeitet ist als ein Audi oder BMW. Aber der Abstand ist schon verdammt klein. Hut ab.


Sonst ist alles an Bord, was in dieser Klasse gefordert ist. Unzählige Assistenzsysteme bis hin zur Müdigkeitserkennung, Abstandstempomat, Head-up-Display, beheiz- und belüftbare Sitze, die Ausstattungsliste ist unglaublich umfangreich. Sogar eine Zuziehhilfe für die vier mächtigen Türe gibt es, das findet man sonst nur bei viel teureren Autos. Ein mächtiges Zentraldisplay zeigt Navigation und vieles anderes an, wenn man mit der Bedienung zurecht kommt. Auch hier hat man sich gut in Europa umgeschaut. Der Aufbau des Bediensystems ist einfach und erinnert etwas an Audi, der Dreh-Drücksteller eher an BMW. Egal, es funktioniert - sehr gut sogar. Entwickelt wurde der Genesis Sedan vor allem für den US-Markt und einige asiatische Länder. Das merkt man insbesondere bei der Fahrwerksabstimmung. Der Hyundai will kein Kurvenräuber sein, das merkt man auf den ersten Metern. Dafür ist er erstens zu komfortabel und zweitens zu schwer.





Satte 2150 kg wiegt der Allradler, das ist nicht wenig. Immerhin ist man bei Hyundai konsequent geblieben und hat dem Genesis kein Pseudo-Sportfahrwerk spendiert. Das Auto ist ein Gleiter, mehr will es nicht sein. Und, für das der Wagen über ein konventionelles Stahlfahrwerk verfügt, ist der Fahrkomfort beachtlich. Sogar, wenn man die elektronisch anpassbaren Dämpfer auf Sport stellt federt der Hyundai immer noch eleganter als so mancher Luxusschlitten. Wir sind immer noch begeistert. Der V6 mit seinen 315 PS ist dank der guten Schalldämmung im Innenraum kaum zu vernehmen, Vibrationen sind ihm sowieso fremd. Umso schöner das Gefühl, als vier den Vierventiler mal etwas in den oberen Drehzahlbereich drängten. Der Sound ändert sich oberhalb von 4000 Umdrehungen fast schon in ein Fauchen. Sehr fein. Der Direkteinspritzer mit verstellbaren Steuerzeiten bietet ein maximales Drehmoment von 397 Nm bei 5000 Umdrehungen. Natürlich haben auch 315 PS mit über 2,1 Tonnen kein leichtes Spiel. Aber langsam ist der Hyundai nicht.

Dafür ist er, etwas durstig. Im Testschnitt verbrauchten wir 12,0 Liter pro 100 Kilometer, nur 4 dl mehr als das Werk verspricht. Aber eben, 12 Liter sind heute nicht mehr zeitgemäss, vor allem wenn man den Wagen eher ruhig bewegt. In den USA gibt es den Viertürer auch mit einem Fünfliter-V8 mit 420 PS. Wenn schon viel Sprit brauchen, dann bitte mit diesem Triebwerk... Ziehen wir mal ein Fazit, was das Fahren angeht. Das Auto ist saumässig bequem, leise und extrem gut ausgestattet. Der grosszügige Innenraum lässt kaum Wünsche offen und die Fahrleistungen sind dem Fahrzeug angepasst. Eigentlich alles wunderbar - bis auf den Verbrauch und die vielleicht etwas zu leichtgängige Lenkung. Das Auto muss auch gut sein, denn wenn man den Europreis umrechnet kommt ein Betrag von rund 96'000 Franken raus. Die Klientel, die sich so teure Autos leisten kann, verzeiht selten Fehler.

Aber das ist alles Theorie. Denn anders als in Deutschland wird der Genesis Sedan in der Schweiz gar nicht angeboten. Sicher, weil grosse Limousinen bei uns nicht gerade gefragt sind. Sicher auch, weil der grosse Wagen die CO2-Bilanz der Marke empfindlich treffen würde. Aber auch, weil es eben «nur» ein Hyundai ist. Wohl nur sehr wenige würden sich einen Koreaner für fast 100'000 Franken kaufen. Da nützt alles nix, wenn das Image fehlt ist in dieser Fahrzeugkategorie kein Blumentopf zu gewinnen. Das hat man in der Schweiz erkannt, und bietet den Viertürer nicht an. Fahren durften wir ihn trotzdem um waren sehr überrascht, wie weit man in Korea ist. Noch vor zehn Jahren waren Luxuslimousinen aus Asien motorisierte Plüschtiere für den US-Markt. Eine Lenkung so direkt wie die eines Öl-Tankers, Leder mit der Haupteigenschaft zu stinken und ein Fahrwerk dass sich beim Anblick einer heftigen Passstrasse von selbst in seine Einzelteile auflöst. Tempi passati, wir können den Koreanern nur gratulieren.

Sicher hat man bei Hyundai auch zu Lexus geschielt. Und gesehen, dass auch die Japaner mit ihren Edellimousinen in der Schweiz keinen Staat machen. Trotzdem finden wir es extrem schade, dass der Genesis Sedan unser Strassen nicht bevölkern wird. Denn ein so gut gemachtes Auto hätte es eigentlich verdient, neben Nachbars Audi zu parken. Und dem Fahrer jeden Morgen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern weil er weiss, dass das Mitglied des mittleren Kaders von nebenan sicher 20 grosse Scheine mehr für seine Limousine hingeblättert hat.

Mehr Hyundai gibts im Archiv.


Original: radical

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