good one, Ford Mustang-1557
Ford Mustang
Noch nicht erstellt
Wenn ein neues Automobil in Los Angeles präsentiert wird, die erste Probefahrt auch noch mitten in der Stadt beginnt, dann sind die Befürchtungen jeweils gross, dass da nix G'scheites dabei rumkommen kann. So ein bisschen durchs Städtle gondeln, Dauer-Rotlichter, 24-Stunden-Rush-Hour. Doch Ford hat da einen Ausweg gefunden für den neuen Mustang, es ging ab West Hollywood zuerst ein bisschen nördlich, und dann irgendwann auf den Angeles Crest Highway. Die Gasse da hoch kannten wir nicht, aber wir nehmen sie gern in die Liste unserer Lieblingsstrecken auf: gut 25 Meilen wunderbares Geläuf bis zu Newcomb's Ranch, schön breit, null Verkehr, null uniformierte Freunde.
Und dazu den neuen Mustang mit dem 5-Liter-Motor und Performance Package. Das heisst: 435 PS, 542 Nm maximales Drehmoment, manuelles 6-Gang-Getriebe, Brembo-Eisen. Das ist eine wunderbare Kombinantion von Auto und Strasse, da geht es herrlich hoch und allerbestens wieder runter. Die Lenkung: angenehm präzis, nicht zu leichtgängig. Das Fahrwerk: relativ hart abgestimmt, aber gut gemacht. Nein, die hintere Starrachse vermisst niemand, der neue Mustang lässt sich jetzt tatsächlich wie ein modernes Fahrzeug bewegen - und wenn man sauber auf dem Gas bleibt, die Kurven wie gelernt unter Zug durchzieht, dann ist stärkste Serien-Ford aller Zeiten richtig, richtig gut. Früher, einst, da hat der Mustang den Piloten schnell einmal überfordert, da brauchte es neben Können auch noch viel Mut; die sechste Generation ist jetzt so gut wie der Fahrer. Und das wollen wir hier jetzt einmal als Lob stehen lassen...
Er ist zwar stolze 4,78 Meter lang und doch 1,92 Meter breit, der neue Mustang - und doch sieht er schön filigran aus. Nicht so bockig, grob wie sein wohl härtester Konkurrent, der Camaro von Chevrolet.
Das Design gefällt, erfreulich modern mit einem gerade noch erträglichen Anteil an Retro-Zitaten, schöne Brüche in den Linien, vor allem am hinteren Kotflügel, lange Haube, ein nicht zu dominantes Greenhouse, böse Lampen vorne, coole Laternen hinten, wie einst, aber jetzt in 3-D. Die nach aussen wandernden Blinker werden in Europa nicht erlaubt sein, aber das lässt sich sicher zurückbauen auf die US-Specs. Und ja: Farben. So ein roter Mustang fällt auf, das dunkle Grau wirkt mit den schwarzen Felgen ziemlich aggressiv, und dann gibt es auch noch ein ganz feines Dunkelblau, da wirkt er fast elegant, der neue Mustang.
Auch innen ist alles viel, viel besser wie einst. Wieder so ein bisschen Retro, aber nicht übertrieben, eine schön übersichtliche Mittelkonsole, feine Schalter, gute Alu-Applikationen.
Das Ganze sieht aufgeräumt aus, stellt den Piloten nicht vor Rätsel, der Gangstock liegt perfekt zur Hand, und das Lenkrad ebenfalls. Ok, wir hätten es gerne noch ein bisschen besser verstellbar, aber was nicht geht, geht halt nicht. Dafür sieht es gut aus, wieder: so ein bisschen wie einst, ohne deshalb geschmäcklerisch zu wirken. Gute Sitze von Recaro (zumindest beim Performance Package) - und die 2+2-Konfiguration darf man wie bei einem Porsche 911 als Erweiterung des Gepäckraums sehen. Der Kofferraum selber ist mit einem Volumen von 408 Liter für einen Sportwagen riesig; der Zugang dazu aber schmal und weit oben.
Als Antrieb gibt es in den USA einen 3,7-Liter-V6 mit 300 PS als Basis, der kommt aber (vorerst) nicht nach Europa. Und dann den häufig schon im Voraus in den Boden gestampften 2,3-Liter-Vierzylinder, Zusatzbezeichnung EcoBoost, mit 310 PS. Und schliesslich, als vorläufige Top-Motorisierung, den schon erwähnten 5-Liter-V8 mit 435 PS. Alle Maschinen gibt es über 6 Gänge manuell geschaltet oder dann mit einer 6-Gang-Automatik. Gefahren sind wir den 4-Zylinder mit Automat und den V8 händisch.
Zum EcoBoost wollen wir gar nicht viel schreiben, oder, ein paar Worte doch. Er passt halt irgendwie nicht zum Charakter eines Mustang. Ja, klar, es geht um den Flotten-Verbrauch (die Norm-Verbräuche sind allerdings noch nicht bekannt), Ford muss das EcoBoost-Thema unbedingt in die Köpfe der Kunden prügeln, und so ein 5-Liter-V8 ist halt schon nicht mehr wirklich zeitgemäss. Aber der 4-Zylinder tönt halt nicht. So rein gar nicht. Und wenn, dann mehr so wie ein Transit. Wahrscheinlich eignet er sich so zum entspannten Cruisen bestens, dies am besten dann im Cabrio. Durchzug ist gut, 434 Nm bei 3000/min sind eine anständige Ansage, doch im eher altertümlich ausgelegten Automat versandet die Kraft wie in einem ausgeleierten Strumpfband. Ford sagt: «on the long run» wird dieser Antrieb der meistverkaufte werden.
Der 5-Liter-V8 ist da viel besser; ist unsere natürlich ganz subjektive Empfindung. Da ist Dampf schon aus dem Keller, auch wenn das maximale Drehmoment von 524 Nm erst bei 4250/min anliegt. Und der Sound ist halt viel besser. Nein, es ist nicht das typische V8-Blubbern, der kurzhubige Motor verlangt mehr so nach Drehzahl, doch das ist halt sportlicher, also fröhlicher, also fahrspassiger. Man will ihn bei Laune halten, diesen Antrieb, die Schalterei erfodert doch ziemlichen Kraftaufwand im Unterarm und im Bein, ist folglich nix für Warmduscher, und das ist gut so. Wieder einmal mögen wir bemerken, dass man als Pilot aufmerksamer zugange ist, wenn man nicht mit Paddels rumbastelt, sondern das Rührwerk händisch bedient, aber das denken wir wohl konservativ. Man kann das alles noch schärfen, von «Normal» auf «Sport +» und dann auch noch auf «Track» schalten, aber gerade mit dem manuellen Getriebe haben wir jetzt die ganz grossen Unterschiede nicht herausspüren können. Damit der neue Mustang dann hinten kommt, muss man schon mutwillig daran arbeiten; am besten, schnellsten ist die saubere Linie.
Der Beifahrer hat bei der eher flotten Fahrweise auf unserer Probefahrt dann noch den Dachhimmel heruntergerissen. Auf der folgenden Geraden konnte er ihn dann wieder montieren, und ja, es war ein Vorserien-Fahrzeug. Aber die Qualität der Verarbeitung muss sich dann noch weisen, aber wir weisen in diesem Zusammenhang gern auf die (noch nicht offiziellen) Preise hin: der 2,3-Liter-EcoBoost wird unter 40'000 Franken kosten, der 5-Liter-V8 unter 44'000 Franken. Das muss man dann mal in Relation setzen: der Camaro kostet mindestens 49'900 Franken. Ein RCZ-R von Peugeot kostet mindestens 51'900 Franken. Für den neuen Audi TT muss man mindestens 48'200 Franken zum Händler bringen - und dann erhält man 184-Diesel-PS. Und Frontantrieb. Cayman, F-Type-Coupé, 4er-Coupé - alles viel,viel teurer. In den USA gibt es den Basis-Mustang übrigens ab 24'995 Dollar...
Fazit: mit dem neuen Mustang hat Ford ein wirklich gelungenes Gerät geschaffen. Um Meilen besser als der Camaro. Und im Verhältnis Preis zu Leistung den europäischen Konkurrenten um gleich ein paar Kilometer voraus. Da den Berg hoch zur Newcomb's Ranch würd wohl auch ein 911er den Mustang nicht wirklich distanzieren. Obwohl der Ford als V8 knapp 1,7 Tonnen schwer wiegt. Wir ziehen gerne den Hut vor der 6. Generation des Mustang. Good one, ehrlich.
Mehr Ford gibt es in unserem Archiv.
Original: radical