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Feiner Happen, Fahrbericht Volvo V60 Polestar 1943

Published in radical-mag.com

Fahrbericht Volvo
V60 Polestar

Noch nicht erstellt
Volvo. Auch die haben Rennsport-Tradition. Nur weiss man davon bei uns nur wenig. Klar, die Rallye-Autos kennt man noch, wenn man schon etwas in die Jahre gekommen ist. Aber sie haben auch ganz feine Rennstrecken-Boliden gebaut. Und sie waren mutig. Keiner wagte sich seither mit einem Kombi auf die Rennstrecke - und hatte Erfolg. Aber eben, die ganz grossen Titel und damit die mediale Präsenz bei uns: Fehlanzeige. Aber, die Schweden sind im Rennsport immer noch aktiv, oder besser gesagt: sie werden aktiv gehalten. Von der Firma Polestar, die im Auftrag von Volvo die Rennsportaktivitäten bestreitet, die Autos baut und in Skandinavien für ordentlich Wirbel auf den Pisten sorgt. Ab und zu darf Polestar auch was für die Strasse bauen, das Polestar Concept zum Beispiel, eine Schweden-Wuchtbrumme mit 508 PS, die wir vor knapp einem Jahr fahren durften. Nun kommt die Serienversion, «nur» noch 350 PS, aber satte 500 Nm kombiniert mit einem richtig feinen Fahrwerk.

Doch der Reihe nach. Der Volvo V60 (in einigen Ländern gibts auch die Limousine mit dem Kürzel S60) Polestar ist eigentlich ein gepimpter V60 R-Design mit Reihensechszylinder und Turbolader. Um die Leistungssteigerung von knapp 50 zu realisieren, hat man geklotzt, nicht gekleckert. Neben einer angepassten Motorsoftware gabs auch einen grösseren Turbolader. Und, natürlich wurde auch die Steuerung des Automatikgetriebes angepasst. Und um eine Option erweitert. Im V60 von Polestar gibts ein Programm zur maximalen Beschleunigung. Und die funktioniert hervorragend, so dass wir an der versprochenen Wert von fünf Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h glauben. Und dies obwohl der voll ausgestattete V60 mit gut 1900 kg nicht gerade ein Leichtgewicht ist. Was uns besonders gefallen hat: der Reihensechser ist durch die Leistungskur nicht zum kapriziösen Renntriebwerk mutiert. Die Leistungsentfaltung ist relativ linear, gut dosierbar und passt perfekt für die zügige Gangart auf öffentlichen Strassen.


Eines ist klar, die Polestar-Volvo ist kein Rennstrecken-Heizgerät. Allein schon die Masse steht dem im Weg, aber auch die Basis. Denn der V60 ist per se ein eher behäbiger Wagen, da kann man noch so viel am Fahrwerk machen: graue Tiere mit Rüssel heissen nun einmal nicht Gazellen. Aber, und jetzt kommt ein grosses aber: was die Polestar-Ingenieure zusammen mit den Leuten von Oehlins an den Wagen geschraubt haben, ist aller Ehren wert. Auf öffentlichen Strassen kann man mit dem Volvo aber so richtig Spass haben. Nahezu perfekte Dämpfung, ein gelungener Mix aus Sportlichkeit und Komfort bei den Federn und der gut ans ganze System angepasste Allradantrieb machen den Polestar-Volvo schon verdammt souverän. Insider wissen, dass Bauteile der schwedischen Fahrwerksspezialisten Oehlins nicht gerade zur Billigware gehören. Und, dass sie meist einstellbar sind. Das ist auch beim Polestar-Volvo nicht anders. Aufgrund der mächtigen Innenverkleidungen ist ein Einstellen der Federelement aber recht kompliziert - und in unseren Augen völlig unnötig.





Was haben wir also bisher? Einen Motor mit satten Drehmoment und ordentlich Höchstleistung. Ein Fahrwerk, von dem sich einige grosse Hersteller für ihre sportlichen Autos eine Scheibe abschneiden könnten. Allrad hat er auch, die Automatik ist optimiert und alle Regelsysteme ebenfalls angepasst. Fehlt nur noch? Genau, eine fette Bremse. Vorne werden Scheiben, Zangen und Beläge von Brembo verbaut (die haben ja offenbar schon fast das Bremsen-Monopol...), hinten werden nur die Beläge ausgetauscht. Doch, man ist bei Polestar noch etwas weiter gegangen. Um das System so perfekt wie möglich auf das Auto abzustimmen gibt einen neuen Hauptbremszylinder und einen neuen Servoblock. Allerdings hätten wir und angesichts der massiven Umbauten etwas mehr Gefühl im Bremspedal gewünscht. Polestar hingegen meint, dass es die Fahrer schätzen würden, dasselbe Pedalgefühl zu haben wie bei einem normalen Volvo - mit ungleich höherer Bremsperformance allerdings. Wir nicken das nicht ab.

Obwohl der V60 Polestar nicht für den Track-Day gedacht ist, konnten wir ein paar Runden auf einer kleinen Berg-und-Tal-Rennstrecke in der Nähe von Malmö absolvieren. Da zeigt sich dann, dass man das Untersteuern auch mit den schönen 20-Zöllern nicht völlig abstellen konnte. Es zeigt sich aber auch, dass sich weder Fahrwerk noch Bremsen von der Piste beeindrucken liessen. Insgesamt muss man sagen, dass man sich bei Polestar extrem viel Mühe gegeben hat. Und wir freuen uns schon auf das zweite Modell aus der Rennsportschmiede, wohl den V40, den wir gerne mit so 280 PS hätten. Bis dahin muss oder darf man mit den V60 vorlieb nehmen, der in der Schweiz 85'000 Franken kosten wird. Optionen? So gut wie keine, der Schwede wird voll aufdotiert geliefert. Aber, wieso er in den USA nur etwa 50'000 Dollar kostet, konnte uns niemand beantworten. Denn auf die Frage, was denn an den US-Autos anders sei meinte man nur: die Blinker...

Mehr Volvo gibts im Archiv.



Text: Cha, Fotos: Werk.

Original: radical

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