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Godzilla? Bambi?, Fahrbericht Nissan GT-R 2014 1917

Published in radical-mag.com

Fahrbericht Nissan GT-R

Noch nicht erstellt
Nissan, Allianzpartner von Renault und eigentlich vor allem für seine Brot- und Butterautos sowie Elektromobile bekannt, hat seit einigen Jahren ja wieder ein ganz heisses Sportler-Eisen im Feuer. Der Nissan GT-R schlug bei seinem Erscheinen an der Tokyo Motor Show Ende 2007 ein wie eine Bombe. Mit einem Schlag katapultierte sich Nissan damals in die Liga eines Porsche 911 Turbo, eines Lamborghini Gallardo oder eines Audi R8 V10. Damals gabs 485 PS aus einen 3,8 Liter grossen V6, übertragen auf alle vier Räder. Dazu ein Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen, Transaxle-Bauweise, fette Bremsen und alles, was es sonst noch braucht. Nur, Image hatte das Auto damals nicht. Der GT-R umkurvte die Nordschleife des Nürburgrings in Rekordzeit, gewann zahlreiche Vergleichstests - und blieb ein Exot. Konkret: im letzten Jahr wurden in der Schweiz 52 GT-R verkauft. Ferrari hat im gleichen Zeitraum 128 Fahrzeuge des Typ 458 verkauft und sogar Aston Martin verkauft vier Vanquish mehr als Nissan von seiner Ikone. Und dies obwohl die genannten Modelle gerne 100'000 Franken mehr kosten als der Sportler aus dem Land der aufgehenden Sonne. Natürlich hat Nissan den GT-R fürs laufende Jahr nicht angepasst, weil die Verkaufszahlen in der Schweiz mässig sind. Man hat erkannt, das man das Modell entweder massentauglicher - oder noch sportlicher machen muss. Oder beides. Der GT-R des Jahrgangs 2014 wurde deutlich komfortabler gemacht, etwas entschärft. Für die Hardcore-Speedfreaks gibts dann den GT-R Nismo. Härter, brutaler und direkter als jeder bisherige GT-R.

Leider stand der Nismo nicht für Testfahrten zur Verfügung. Es gab «nur» normale GT-R, die wir für einen Kurztrip in die Savoyer Alpen nutzten. Optisch sind die Unterschiede zum MY 2013 marginal. LED-Lametta an den Scheinwerfern, etwas Zierrat hier und da und neue Lederpolster - das wars. Unter dem Blech allerdings, da hat sich schon was getan. Der V6, der nach wie vor von einem einzigen Arbeiter komplett zusammengebaut wird, leistet nun 550 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 632 Nm.


Das sind fette Werte. Der intern R35 genannte Nissan rennt bis zu 315 km/h und soll in 2,7 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Was wir nicht glauben, aber leider nicht überprüfen können. Also, aus Godzilla ist definitiv nicht Bambi geworden. Aber, und das meinen wir durchaus positiv: der Viersitzer ist richtig bequem geworden. Das Teil federt um dämpft so, dass man es auch auf langen Strecken problemlos aushält. Natürlich kann man das Fahrwerkssetup über die Bordelektronik anpassen, aber auch im Racing-Modus ist der Nissan nun kein ungehobelter Klotz geworden. Das mag auf der Rennstrecke seine Nachteile haben, auf öffentlichen Strassen aber ist es einfach: ein Genuss. Und, wir glauben es macht das Auto schneller. Denn es gibt in Europa kaum noch Strecken, die über ein richtig schönes Asphaltband haben. Und über schlechte Strassen hoppelte der GT-R bisher wie ein lahmendes Pferd. Es ist ganz einfach: hat ein oder mehrere Räder kurzfristig keinen Kontakt zur Strasse wird man langsamer. Mit dem neuen GT-R dürfte das sehr selten der Fall sein.




Schöner Nebeneffekt: man reist weit entspannter, denn nicht jeder GT-R-Fahrer will immer und überall das volle Potential des Autos ausschöpfen. Klar, haben die beiden Turbolader im Format eines Bautrockners ihre Arbeit aufgenommen, schiebt der leer 1740 kg schwere Nissan mächtig an. Dazu kommt das ebenfalls nun etwas gedämpfte Scharren, Knarren und Pfeifen des Antriebsstrangs. Insgesamt macht der Nissan irgendwie den solideren Eindruck als die Vorgängermodelle. Das Doppelkupplungsgetriebe zu bedienen hat uns besonderen Spass gemacht, denn gerade auf dem Weg in die Berge mit den vielen engen Kurven ist es ein Genuss, dass die Schaltpaddel am Lenkrad feststehend sind. Leider waren unsere Testwagen nicht in Vollbesitz ihrer Kräfte, denn die Winterreifen sind bei extremen Fahrmanövern schlicht: überfordert. Aber, die deutlich angepasste Lenkung (mehr Unterstützung bei langsamer Fahrt, weniger bei rassiger Fahrweise) und die nach wie vor hervorragender Bremsen sind schon eine feine Sache. Eigentlich war geplant, sich mit dem GT-R auch auf einer Strecke zu Vergnügen, auf denen sich sonst Rennfahrer der Trophée Andros um den Sieg streiten. Also auf Eis. Aber, offenbar hat Nissan unseren Fahrkünsten nicht getraut und für die Fahrten auf dem 700 Meter langen Eis-Circuit Autos aus dem Jahr 2012 zur Verfügung gestellt. Das hat zwar Spass gemacht, aber wir schreiben nicht über Gebrauchtwagen. Also, der GT-R ist irgendwie Erwachsen geworden. Wir finden, dass er in Sachen Anmutung, Fahrverhalten und Fahrleistungen nun auf einem Stand ist, mit welchem er zu einer richtig ernsthaften Konkurrenz zu den etablierten Supersportwagen aus Europa wird. Aber, und das ist ein grosses Manko: er hat bei uns einfach zu wenig Image. Aber bald wird die Generation Playstation soweit sein, sich einen GT-R leisten zu können. Denn im Vergleich mit Porsche und Co ist der Japaner nach wie vor ein Schnäppchen. Der neuen Porsche 911 Turbo S mit 560 PS kostet mindestens 270'200 Franken. Der Nissan wird ab 122'800 Franken verkauft!

Mehr Nissan gibts im Archiv.



Original: radical

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