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Supertest 2013 (14), Supertest 2013 (14)-1485

Published in radical-mag.com

McLaren MP4-12C Spider

Noch nicht erstellt
Es muss einen Sieger geben. Und dass es der McLaren sein muss, ist auch klar: Karl Wendlinger knallt den Engländer in 2:21,50 um den Slowakia-Ring und hämmert damit die Konkurrenz dermassen in Grund und Boden, dass man das Gefühl hat, die bleiben am Asphalt kleben. Dass er deutlich schneller ist als der Ferrari FF, der ja nochmals 35 PS mehr unter der langen Haube hat, ist ja irgendwie auch klar, es ist ein Duell Sportwagen gegen Kombi, und letzterer verfügt zwar  über so etwas wie Allradantrieb, trägt aber auch 400 Kilo mehr durch die Landschaft; wie viel schneller der McLaren ist als der Italiener, «ahnen» wir zwar, dürfen wir hier aber nicht schreiben, weil wir den Ferrari ja nicht messen durften.

Ja, er ist ein ganz feines Gerät, der Engländer mit der dämlichen Bezeichnung, der ja schon beim letztjährigen Supertest als Coupé eine gute Figur gemacht hatte (siehe: hier). Wir haben es hier mit dem Software-Update 18.1.7 zu tun, also: 625 PS, 600 Nm, von 0 auf 100 in 3,3 Sekunden (da kann man im Nissan GT-R noch locker einmal tief gähnen), Höchstgeschwindigkeit 329 km/h. Preis: 300 Riesen müssen es schon sein. Mehr geht auch, denn man kann die Dingers auch noch pimpen mit Sonderausstattungen.

Offen ist er noch schärfer, definitiv. Es gibt ja jene, die sitzen lieber in Büchsen, keine Ahnung, warum, weil es intimer ist, vielleicht so ein bisschen stabiler, auch weniger umständlich, denn denn auch beim McLaren gehört der Dachaufundabbau nicht zu den Dingen, die man sich immer wieder antun will. Automobile, das ist meine ganz persönliche Meinung, gehören offen - das Erlebnis ist einfach unmittelbarer, intensiver, lebendiger. Schöner. Besser. Es mag zwar heute möglich sein, irgendwelche Sound-Maschinen einzubauen, die dann die Geräuschkulisse in HiFi-Qualität direkt ans Ohr der Insassen bringen, in Konzerthallen-Qualität, perfekt dosiert, doch das hat etwa so viel mit dem richtigen Leben zu tun wie eine youporn.com.
Supertest 2013 (14) - McLaren MP4-12C Spider
Supertest 2013 (14) - McLaren MP4-12C Spider
Erst, wenn sich der Motoren-Lärm durchmischt mit dem Geräusch von über die Felder brummenden Traktoren, dem Gezwitscher von Vögeln, dem Hupen des Busfahrers, dem man gerade den Weg abgeschnitten hat, dem Duft vom frischem Gras und alten Kuhfladen, von heissem Asphalt und Gummiabrieb auf ebendiesem, von eigenem Achsel- sowie dem Angstschweiss der Beifahrerin, mit dem Bild von vorbeifliegenden Bauernhöfen und entsetzten Schafen und noch viel entsetzteren Fahrradfahrern, irgendwo ein Regenbogen oder nur die gleissende Sonne, Schatten, Bäume, Kurven, Geraden, Tankstellen - erst dann ist der Ball rund. Die Erfahrung: ganzheitlich. Haben wir schon mal so ähnlich über ein anderes Automobil geschrieben, aber es stimmt halt auch hier.

Gut, der Sound könnte beim 3,8-Liter-V8 des McLaren, aufgeblasen mit zwei Turbos, natürlich noch besser sein, wir kennen das Problem von all diesen Druckluftpumpen (und sind deshalb auch sehr gespannt wie das dann sein wird beim BMW M3/M4 - und vor allem dem Ferrari California T...).McLaren MP4-12C Spider
McLaren MP4-12C Spider
McLaren MP4-12C Spider
McLaren MP4-12C Spider
McLaren MP4-12C Spider
Er hat halt etwas von einer Turbine, ist zu technokratisch, da loben wir Lambo und Ferrari und feiste V8. Und in Sachen Bedienungsfreundlichkeit erschliesst sich uns der McLaren in diesem Leben wohl nicht mehr, wobei das viel mit Gewöhnung zu tun, würden wir ihn öfter bewegen, dann würden wir die entsprechenden Schalter wahrscheinlich auch finden. Weil das Vergnügen aber gerade bei diesem Supertest nur ein quickie ist, haben wir uns gar nicht darum bemüht. Aber: edle Sitze. Schraubstöcke, aber doch irgendwie bequem. Und langstreckentauglich. Im Gegensatz zum Kofferraum-Volumen.

Um so ein bisserl durch die Landschaft zu pfeilen, selbstverständlich offen, eignet sich der MP4-12C bestens. Abgesehen von der Furcht, sich dem kritischen Urteil von Uniformierten und ihrer Messgerätschaften stellen zu müssen, die in solch übermotorisierten Maschinen ja ständig als Teufelchen auf der Schulter mitfährt, kann nichts das Vergnügen schmälern. Tolles Getriebe - beeindruckend, wie schnell und sauber das Ding die richtige Welle bereit hat. Beeindruckend überhaupt, wie schnell und souverän die Engländer (zumindest technisch) den Anschluss  an die grossen Sportwagen-Namen geschafft haben, auch die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen.

Und das Fahrwerk, ja, das Fahrwerk. Als wir da eine kleine Hatz abhalten, in tiefen Tälern und fernab jeder Zivilisation, dafür nah am Inzüchtigen, und ich da zuerst im Jaguar F-Type V8S und dann im McLaren die Schönheiten der Landschaft verpasse, da offenbart sich ein solch himmelweiter Unterschied, dass es für den Jag eine Schmach ist, ich fühle mich ein bisserl wie Simon Ammann auf der Gross-Schanze (da können jetzt nur Schweizer mitfühlen). Während es Dir im F-Type den Schweiss treibt, bleibst Du im McLaren aber sowas von locker, die Lenkung ein Traum an Präzision, das Fahrverhalten ein Traum an Berechenbarkeit, die Balance vorbildlich (übrigens auch im Vergleich zum 911er). Jenseitig schnell kann man sein, aber.McLaren MP4-12C Spider
Ja, aber, und das sagt der Wendlinger sehr richtig: «Wenn man sich konzentriert, ist der McLaren sehr schnell. Aber er ist immer auch fordernd.» Genau. Auf der Gasse, da ists herrlich, aber wenn Du zweidrei schnelle Runden auf der Rennstrecke hinhauen willst, dann wird er schwierig. Sagt auch Karl: «In schnellen Passagen kommt er hinten. Wo man leicht bremst, kommt er hinten. Beim Bremsen setzt das ABS sehr schnell ein, weil wenig Gewicht auf der Vorderachse ist. Also ist immer eine hohe Konzentration nötig.» So sehen wir das auch. Macht er mehr Spass als der Ferrari, Herr Wendlinger? «Ja, besser.» Auch eine Antwort.

Und doch: wür würden nicht den McLaren kaufen, wenn wir jetzt einen Wagen nehmen müssten aus dem diesjährigen Supertest. Und irgendwie ist es auch ein bisserl ernüchternd, dass die vernünftigste Wahl der Porsche 911 sein müsste. Und die wirklich herrlich unvernünftige der Ferrari FF. Es zeigt so ein wenig das Problem des McLaren: feiner Wagen, aber, hmm - pff. Es ist so ein bisserl wie Gisele Bündchen vs Monica Bellucci, oder so; das Leben im Vergleich zum Film. Da hilft auch das fehlende Dach nicht, damit ist ein wenig besserer, aber der Engländer berührt irgendwie nicht. Ich spüre ihn nicht. Selten dämlicher Satz. Aber so isses. Und ich bin da ja nicht allein, die Verkaufszahlen sind anscheinend eher in Richtung: mehr wäre mehr. Vielleicht kann der neue 650S ja dann alles besser.

Mehr McLaren gibt es im Archiv, dort bei den Exoten. Den gesamten Überblick über den Supertest 2013 gibt es: hier.

Immer wieder sehenswert: der Fülm zum Supertest 2013. (Unten, unter «Film», da gips was anderes...)


Original: radical

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