Wie Waldi, Opel Cascada BiTurbo-1400
Fahrbericht Opel Cascada BiTurbo
Noch nicht erstellt
Cabriofahren Mitte November? So ein wenig skeptisch sind wir schon, zugegeben. Aber schliesslich ist Dalmatien unsere Destination für die Testfahrt. Die kroatische Mittelmeerküste also, rund um die historische und wunderhübsche Stadt Split. Das allzeit allwissende Smartphone prophezeit am Vortag laue 21 Grad. Das ist ja schon mal so falsch nicht für Fahrten unter freiem Himmel. Als wir dann ankommen, ist es zwar mild, aber es regnet, wenn auch nur zaghaft. Wir nehmen die Herausforderung an, schliesslich propagiert Opel den Cascada ja als Vierjahreszeitenauto. Nicht einer dieser Zweitwagen will er sein, der von Oktober bis April in der beheizten Garage rumsteht: Als alleiniges Allzweckauto im Familienhaushalt will er gelten. Bei Wind und Wetter, Regen und Schnee. Und bei Sommersonne sowieso.
Die Voraussetzungen dafür sind eigentlich nicht die schlechtesten: Das textile Verdeck soll dank eines speziellen Polyester-Vlieses zwischen äusserer Dämmschicht und Innenraumverkleidung beste Wärme- und Akustikdämmung bieten. Und für die notwenige Dichte bei Hudelwetter sorgt der nahtlose Verlauf zwischen beheizbarer Heckscheibe und Verdeckstoff. Das Lenkrad ist selbstverständlich beheizbar und bevor man zum Eiszapfen mutiert, sorgt das «Quickheat-Schnellheizsystem» im Sitz für einen wohligwarmen Hintern. Eine Fussraumbelüftung im Fonds hilft im Sommer gegen Fussschweiss, im Winter gegen Frostbeulen an den Zehen. Und die aufwändige Frisur hält bombensicher bei jedem Wetter dank des Windschotts, das ganz einfach und schnell (fragen Sie mich jetzt nicht, wies geht, ganz ehrlich: ich hab da nur zugeschaut) jederzeit montiert werden kann.
Zum Glück lässt der halbherzige Nieselregen noch ganz nach, als wir das Cabrio in Empfang nehmen. Im grau verhangenen Himmel zeigen sich gar kleine blaue Lücken. Ehrensache: Wir wollen die Nase im Fahrtwind. Das Dach öffnen wir via Fernbedienung am Schlüssel, während wir draussen unser Gepäck einladen: In 17 Sekunden verfaltet sich das wetterfeste Textil selbständig im (auch dann noch geräumigen) Kofferraum. Beim langsamen Umrunden des Autos fällt uns einmal mehr auf, wie adrett er ausschaut, der Cascada, im Cabrio-Profil. Da gibt es wahrlich nicht viel zu mäkeln, das Design ist den Rüsselsheimern gut gelungen: Hinter der geneigten A-Säule stört keine Abdeckung für das Dach und kein sichtbarer Überrollschutz die Silhouette. Die horizontal um den Passagierraum verlaufende Chromleiste betont die hochgezogene Körpermitte und markiert so dezent den Übergang zwischen Karosserie und Stoffverdeck.
Also los jetzt, so langsam aber sicher läuft uns nämlich die Zeit davon, es ist ja schon früher Nachmittag, und da wir uns im Osten von Europa befinden, geht die Sonne noch etwas eher unter als bei uns, um 16:30 Uhr soll sie schon im Meer versinken. Also nichts wie auf und davon, wenn wir noch etwas von der viel gerühmten Küstenstrecke sehen wollen, die vor uns liegt.
Doch erst einmal die Zahlen zum Cascada: Wir fahren die bislang antriebbstärkste Motorisierung mit 195 Pferdchen; einen Zweiliter-BiTurbo CDTI mit manueller 6-Gang-Schaltung und serienmässigem Stop/Start. Der agile Dieselmotor macht schon auf den ersten Metern richtig Freude. Das Cabrio ist zwar nicht gerade ein Federgewicht mit seinen 1701 Kilo, aber die nahezu 200 Pferdchen sind sicherlich ausreichend (und auch das Drehmoment von 400 Nm zwischen 1750 und 2500 Touren), um die kurvigen Passstrassen auch einmal etwas knackiger anzugehen. Fahrverhalten und Karrosserie-Steifigkeit sind bei diesem immerhin 4,70 Meter langen Cabrio wirklich erstaunlich gut, dank HiPerStrut-Vorderachse und adaptivem mechatronischem FlexRide-Fahrwerksystem. Bei aller Sportlichkeit soll der Treibstoffverbrauch bei dieser Dieselvariante, laut Werk, übrigens nur 5,3 Liter auf 100 Kilometer betragen. Kosten tut der BiTurbo 44'100 Franken, Basispreis.
Und ach ja, Dalmatien. Wir geniessen die Küstenfahrt unter freiem Himmel. Es riecht nach Meer, (wieder; nachdem wir den in eine grosse, dunkelgraue Abgaswolke gehüllten, in halsbrecherischem Tempo vor uns fahrenden, windschiefen Lieferwagen noch etwas halsbrecherischer überholt haben).
Die nahen Strände sind zumeist menschenleer, was der ganzen Szenerie in dieser glitzernden Spätnachmittagssonne eine leise Melancholie verleiht. Die reizenden alten Hafenstädtchen, die wir passieren, wirken verschlafen. Touristen sieht man nur noch vereinzelt. Alte, bärtige Männer sitzen schweigend an kleinen Plastiktischen vor den Cafés. Fast schon antik anmutende Fischerboote dümpeln lautlos an der nahen Anlegestelle. Es ist eine eher unbeabsichtigte, zufällige Romantik, die hier herrscht. Für Touristen herausgeputzte Orte findet man kaum. Und gerade das macht wohl viel vom Charme der Küste aus. Die Menschen leben bescheiden. Viel Geld scheint hier niemand zu besitzen. Was aber der Herzlichkeit und Gastfreundschaft nichts anhaben kann, wie wir in diesen Tagen noch oft spüren werden. Wir fahren weiter ins hügelige und felsige Hinterland; hier kommt uns kaum mehr ein Autofahrer entgegen. Langsam dunkelt es ein. Dann und wann taucht am Wegrand noch ein kleines Häuschen auf, von dem der Verputz blättert und ein fahles Licht in der Küche brennt. In keinem Moment kommt uns der Gedanke, das Verdeck schliessen zu wollen. Es ist November und der Winter kann warten. Wir geniessen die laue Abendluft, die einsame Landstrasse, die in diesem Augenblick nur uns zu gehören scheint. Wir wissen um die Nähe des Meeres und geben uns ganz dem Zauber von Dalmatien hin.
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Original: radical