Tiger fürs Volk, Porsche Macan-1384
Porsche Macan
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Da ist er also – der zweite Gelände-Porsche. Dabei sieht man ihm das Neue kaum an. Zu vertraut sind die Formen, die Grösse, überhaupt. Höchstens hinten, da ist es dann etwas frischer. Das steil abfallende Heck und die kleinen Rückleuchten unterscheiden ihn schon von Cayenne, gehen mehr Richtung 911.
Es ist wenig verwunderlich, dass der Macan so bekannt wirkt: er ist kaum 15 Zentimeter kürzer als der grosse Bruder, genauso breit und nicht mal eine Hand breit flacher. Und doch spielt er eine Liga unter dem grossen SUV. Alleine schon wegen der Motoren: nix mit Achtzylindern – sechs müssen reichen, wenn auch turbogeladen. Da gibt es zum Start etwa den Macan S mit dem 3-Liter-V6-Biturbo, den man aus dem neuen Panamera kennt. 340 PS ist das dann stark und 460 Nm kräftig. Mit 8,7 Litern verbraucht der S trotz permanentem Allradantrieb PTM praktisch nichts. Noch weniger schafft nur der Macan S Diesel. 6,1 Liter sind es beim Selbstzünder, der aus seinen drei Litern Hubraum und mit der Hilfe eines Turboladers 258 PS und 580 Nm holt. 6,1 s sind es auch beim Sprint von 0-100km/h (mit Sport Chrono Paket) – was angesichts des doch nicht gerade geringen Leergewichts von 1880kg erstaunt. In den Schatten stellt das natürlich bekanntlich der turbo. Die Vollfettstufe in jeder Porsche-Modellreihe schöpft auch beim Macan aus dem Vollen: 400 PS, 550 Nm, 4,6 s auf 100km/h und 266km/h Spitze. Der Motor ist eine Ausbaustufe des 3-Liter-Motorblocks, allerdings dank einer Kurbelwelle mit grösserem Hub (83mm statt 69mm) nun mit 3,6 Litern Hubraum. Alle weiteren Details wie Biturbo-Aufladung, VarioCam Plus Nockenwellen- und Ventilhubumschaltung und Direkteinspritzung teilt er sich mit dem schwächeren S-Triebwerk.
Damit der Tiger (Macan ist indonesisch für Tiger) seinem Namen beim Fahren zur Ehre gereicht haben die Zuffenhausener tief in die Trickkiste gegriffen. Zum Einen wäre das da serienmässige Siebengang-PDK-Getriebe, das sich um schnelle Gangwechsel kümmert. Dazu kommt dann der aktive PTM-Allrad, der im Bedarfsfall bis zu 100% des Drehmoments an die Vorderachse verteilt. Meist geht die Kraft aber nach hinten, wo das gegen Aufpreis erhältliche, elektrisch gesteuerte Sperrdifferenzial dank der drehmomentverteilenden torque-vectoring-Funktion PTV Plus sowieso meist alles im Griff hat. Auch die Geometrie des Macan mit dem flachen Fahrzeugaufbau, dem langen Radstand (nur neun Zentimeter weniger als im Cayenne) und der Spurweite von über 1650mm sollte trotz des hohen Gewichts für gute Fahrdynamik sorgen. Dazu trägt auch das Chassis bei, dessen aufwändige Aluminium-Konstruktion nicht nur auf Wunsch dank PASM in der Dämpercharakteristik verstellen lässt, sondern gegen weiteren Aufpreis erstmals im Fahrzeugsegment sogar luftfedern lässt.
Diese Option ermöglicht dem Macan im Gelände eine Anhebung des Fahrwerks um 40 mm, so dass er auf eine Bodenfreiheit von 230 mm kommt. Benutzen wird das freilich niemand, alleine schon, um die feinen Felgen nicht zu ruinieren, die serienmässig in 18-Zoll bei den S-Modellen, bzw. 19-Zoll beim turbo kommen. Gegen Aufpreis es natürlich auch bis 21-Zoll. Überhaupt gibt es beinahe alles gegen entsprechende Bezahlung: vom Panorama-Dachsystem über das 7-Zoll PCM-Infotainmentsystem, die Burmester- oder (für weniger Aufgeld) BOSE-Hifianlage, bis hin zu den Assistenzsystemen wie den aktiven Spurhalte- und wechselassistenten, dem Radartempomaten ACC und der kamerabasierten Tempolimitanzeige.
Derart ausgerüstet fehlt nicht mehr viel zum Cayenne, im Innenraum fällt die Unterscheidung eh schwer. Mit der ansteigenden Mittelkonsole, der porschetypischen Instrumentierung und dem Zündschloss links des Lenkrads gibt sich der Macan keine Blösse. Überhaupt, das Lenkrad: hier hat der Kleine seinem Bruder sogar etwas voraus, denn das Multifunktionsvolant stammt direkt aus dem Hybrid-Supersportler 918 Spyder.
Bei den Preisen hält sich das kleine SUV aber wieder etwas zurück: 76'100 Franken werden jeweils für die S-Modelle als Basispreis berechnet, 105'000 Franken sind mindestens für einen turbo fällig. 50'000 Macan kann Porsche jährlich in Leipzig produzieren, und es dürfte den Stuttgartern nicht schwerfallen, die Produktion auszulasten. So käme man dann auf einen Jahresabsatz von über 200.000 Fahrzeugen – wovon gut drei Viertel auf Cayenne, Panamera und Macan entfallen. Ist Porsche also doch auf dem Weg vom Sportwagen zum Volkswagen?
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Original: radical