Cooler Schwede, Fahrbericht Volvo Polestar Concept 1834
Fahrbericht Volvo Polestar Concept
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Ja, die leiben Schweden. Vor wenigen Tagen haben sie die neusten Motoren für ihre Autos vorgestellt, alles nur noch Vierzylinder. Und fast im gleichen Atemzug zeigen sie einigen Schweizer Journalisten den S60 als Polestar Concept. Über 500 PS aus einen vorne quer eingebautem Reihensechszylinder, modifizierter Allradantrieb, edle und voll einstellbare Federelemente von Ohlins, knappe 1650 kg Leergewicht. Und sie zeigen das Auto dort, wo es auch hingehört: auf der Rennstrecke. Wir waren auf der verwinkelten Bahn in Anneau du Rhin im Elsass. Und wir waren hocherfreut, als der Wagen aufs Gelände fuhr. Nein, nicht wegen der Farbe, die ist doch eher gewöhnungsbedürftig. Nein, der Sound aus den beiden fetten Endrohren mit 3,5 Zoll Durchmesser von Ferrita war es, der die Vorfreude aufs Fahren doch erheblich steigerte. Der Schwede grollt und faucht wirklich beachtlich. Der Sechszylinder wird von einem grösseren Turbolader unter Druck gesetzt und erinnert mit all den innermotorischen Änderungen stark an einen reinrassigen Rennmotor. Um die Leistung von 508 PS zu erreichen, wurden Ein- und Auslass sowie der Zylinderkopf massiv überarbeitet. der Sechsender dreht fast 7000 Umdrehungen. Vielversprechend, zumal das verstärkte Getriebe kürzer übersetzt ist als beim Serienauto und die Spur massiv verbreitert wurde. Und, für den Rennstreckenausflug montierten die schwedischen Mechaniker fette Semislicks im Format 265/35 R 19. Hinzu kommen richtig feine Brembos mit 38 cm grossen Bremsscheiben vorne. Alles parat also, um auf Zeitenjagd zu gehen. Für helvetische Ohren mag das zwar vielleicht etwas eigenartig klingen, aber die Schweden haben eine gewaltige Rennsport-Historie. Sie wurde allerdings bei uns meist totgeschwiegen. Aber der amtierende Meister der schwedischen Tourenwagenmeisterschaft, Thed Björk, fährt Volvo und war als Instruktor mit dabei. Er hat mit seinem ebenfalls von Polestar präparierten Volvo C30 das Championat dominiert und konnte bereits zwei Rennen vor Saisonende als neuer Meister an den Start gehen.
Auch der Name Polestar, der eher an einen exotische Sportgymnastik an einer vertikalen Stange erinnert, ist bei uns nahezu unbekannt. Dabei ist die Firma aus Schweden nicht nur der offizielle Rennsportpartner von Volvo. Polestar bietet auch Leistungssteigerungen für zahlreiche Volvo-Strassenmodelle an. Der Vorteil beim Chiptuning von Polestar: die Werksgarantie des Autos bleibt bestehen. Daneben ist man dabei, ein breites Zubehörangebot aufzubauen. Auch die schönen 19-Zoll-Räder des Polstar Concept dürften dereinst angeboten werden. Doch genug der Theorie, es wird Zeit für den ersten Stint auf der Piste. Bereits bei der Boxenausfahrt ist klar. Einen so agilen Volvo durften wir noch nie bewegen. Ein paar Millimeter am Lenkrad gedreht und der S60 biegt ab. Nahezu verzögerungsfrei, direkt, hart und, ja, geil. Also nichts wie runter mit dem Gaspedal, der S60 zieht schön an, ohne den Fahrer aber zu verzücken. Dafür braucht es dann schon 3500 Umdrehungen. Dann gehts aber richtig vorwärts, der grosse Sechszylinder dreht extrem schnell hoch, ein Renntriebwerk halt.
In der ersten Rechtskurve, die wir im Renntempo angehen dann die Enttäuschung. Das Teil untersteuert wie wild. Mein fragender Blick in Richtung Beifahrersitz entlockt dem schwedischen Meister nur ein Achselzucken... Auch er weiss, dass das Fahrverhalten des Volvo nicht optimal ist, verspricht aber sich mit den Mechanikern in der Mittagspause darum zu kümmern. Denn die Dämpfung ist in Zug- und Druckstufe voll einstellbar, zudem lässt sich das elektronisch geregelte Mitteldifferenzial ebenfalls anpassen. Wir aber versuchen es weiter mit dem Grundsetup. Und das passt vor allem in relativ schnellen Kurven hervorragend. Der Fahrer denkt, da will ich hin. Und der Schwede fährt dorthin. Der Grenzbereich ist kaum zu erreichen, die Michelins krallen sich in den Asphalt, das Auto wirkt trotz des Gewichts sehr leichtfüssig. Seitenneigung? Kaum spärbar. Und dann diese Bremse! Beinhartes Pedalgefühl, nicht einmal ansatzweise Fading und dies auf einer Strecke, welche die Bremsen gar nicht schont. Nach einigen Runden lassen wir es gut sein, lassen das Auto etwas abkühlen. Auch nicht schlimm, denn die Sportkupplung benötigt einiges an Kraft um sauber betätigt zu werden. Praktisch ist die automatische Zwischengasfuktion (wie beim Nissan 370 Z), welche beim Runterschalten die Drehzahl an die kleinere Gangstufe anpasst.
Also lassen wir die Jungs etwas Schrauben. Doch, leider bringt das nicht viel, wie wir beim zweiten Stint merken. In engen Kurven schiebt das Ding über die Vorderachse, das sich die Streckenposten zuweilen sorgen machen... Dann aber gibts den entscheidenden Tipp vom Beifahrersitz: «geh übers Limit, hau die Kare ins Eck, zweiter Gang und immer hart am Gas bleiben». Das lassen wir uns nicht zweimal sagen, also in der 180°-Grad-Rechtskurve den zweiten rein, voll draufstehen und die siehe da: das Heck kommt rum. Endlich hilft die Hinterachse beim Lenken, jetzt kommt aber richtig Freude auf. Auf einmal lässt sich der Volvo durch die Wechselkurven dreschen, einfach immer etwas über dem Limit fahren, dann passts.
Dazu der brüllende Sound des Sechstzylinders, die Vibrationen, ein Genuss. Zudem ist man froh, dass Polestar auch die Sitze überarbeitet hat. Es sind zwar keine Schraubstöcke, aber der Seitenhalt ist doch viel besser als im Serienauto. Zu schnell ist die ganze Herrlichkeit aber leider wieder vorbei. Auto abstellen und sich Fragen, was das Ganze eigentlich sollte. Wieso einen solchen Brenner auf die Räder stellen und gleichzeitig den Kunden nur noch Vierzylinder-Schonkost vorsetzen? Antworten bekamen wir leider keine. Spass hats trotzdem gemacht und besonders freuen wird es die Australier. Die können sich, bisher als einzige, das Ding auch bestellen. Zwar mit «nur» 350 PS, aber immerhin. Und, limitiert auf 100 Exemplare. Polestar sieht das Konzeptauto las Machbarkeitsstudie, vor allem um ihre Performance-Teile für die Volvo-Kunden zu promoten. Und wenn die in der Qualität gemacht sind wie das Polestar Concept, dürfte das auch ein Erfolg werden.
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Original: radical