Wie oft denn noch?, Audi Sport quattro concept-1333
Audi Sport quattro concept
Audi hat einen Kanarienvogel.
Irgendwann reicht es einfach. Wie oft sollen wir noch an den Sport quattro erinnert werden? Wie oft noch der Legende huldigen, zwitschernde Wastegate-Ventile aus dem Gedächtnis kramen und an den räudigen Ton der feuerspuckenden Fünfzylinder denken? Eben! Wir wollen nicht mehr. Wir wollen fahren!
Jetzt.
Vor drei Jahren sind wir in Paris beinahe schon tot umgefallen, als das Tuch von der weissen Faust auf Rädern gezogen wurde. Quattro concept hiess die Fingerübung damals noch, gespickt mit all den Reminiszenzen, die die ganz gefährlichen Reflexe auslösen und dennoch: gebaut haben sie ihn nie. Warum? Weil fünf Zylinder einfach zu wenig sind. 408PS und 480Nm? Ein Witz und nicht einmal ein besonders guter.
Heute muss es mehr sein. 700PS, 800Nm, 21 Zoll und acht Gänge. Das Ganze natürlich 50km rein elektrisch und auf 100 Kilometer werden bloss 2.5 Liter Kraftstoff verbrannt. Weil man ja vor in-geplugged hat und die 14.1kWh der flüssigkeitsgekühlten Lithium-Ionen-Batterie an der Audi-wallbox randvoll aufgeladen hat. Ja, so liest sich das Datenblatt eines echten 2013er-Showcars.
Es steht kraftvoll und hochkonzentriert auf der Strasse, keine seiner Designlösungen ist Selbstzweck – jede ist von einer technischen Funktion getrieben. Blister gibt es, Blades und Splitter. Dazu Athletik. Und eine Klappmechanik, die den Einstieg in den Fondbereich ermöglicht. Wie zuvorkommend. Dabei stellt sich die Frage, warum man bei solch einem Motorsport-orientierten Fahrzeug überhaupt Passagiere mitnehmen möchte und die 300 Liter Kofferraumvolumen nutzen.
Wohl, weil das Sport quattro concept 1850kg auf die Waage bringt. Da sind ein paar Mitreisende und ein volles Gepäckabteil dann auch egal. Von Leichtbaukonzept ist die Rede, Audi ultra nennt sich das Ganze und doch: höchstfeste Stähle und Alu-Gusselemente scheinen ihren Zweck hier nicht recht zu erfüllen. Selbst ein paar Anbauteile aus CFK holen die Kilos nicht mehr von der Waage.
Das Problem an der Sache: niemand wird es merken. Man wird die Kiste anreissen, dem intonierten V8-Röcheln lauschen und damit beschäftigt sein nicht das Bewusstsein zu verlieren, wenn der Apparat in 3.7 Sekunden auf 100km/h peitscht. Ansatzlos und gewalttätig wird das sein, wenn die 400-Elektro-Nm aus dem Stand über den quattro-Antrieb herfallen und das ZF-Zahnradmeisterwerk die Kraft in höchster Perfektion filettiert. Niemand wird die Frage nach dem Gewicht stellen, weil die meisten vor dem ersten Bremspunkt sowieso schon lange panisch aus dem Gas gegangen sind.
Genau hier liegt der Hund begraben: es zählen die Zahlen. Die unwichtigen. Leicht, klein, agil – bitte? Wer soll den das (ver-)kaufen? Es muss etwas hermachen. Eine gute Show bieten. Das ganze dann noch mit dem Ökomäntelchen der Hybridität verkleidet, die Lackierung Energiegelb getauft und sogar der Mann mit dem Jutebeutel muss nicht mehr ins Kissen weinen.
Das Schlimmste daran aber ist: das Ding sieht halt geil aus. Du willst es haben. Jetzt! Sofort. Wenn schon nicht den unfassbar schönen quattro, dann bitte den fetten Kanarienvogel. Denn nochmal warten wir keine drei Jahre! Denn einen 2.3 Tonner mit 1000PS braucht es nun wirklich nicht, ausserdem gibt es sowas im Konzern ja eh schon...
Wir danken «Mechthild» für diese Betrachtung. Wir empfehlen seinen Blog, asphaltfrage.de für weitere feine Geschichten. Mehr Audi gibt es im Archiv. In der Galerie gibt es noch ein paar Alte, schöne...
Und wir bleiben bei unserer Meinung: Audi ist in einer Sackgasse. Lesen Sie: hier.
Wie es früher war.
Text: Fabian Mechtel. Fotos: Werk
Original: radical