BMW i3
Die Entwicklung eines neuen Automobils kostet so etwa eine Milliarde Euro, über den Daumen gepeilt. Mitsubishi hat für den neuen Space Star (Fahrbericht folgt) sicher weniger ausgegeben, Mercedes bekam die neue S-Klasse auch günstiger (ists ja nur ein Facelift...), doch wenn die Hersteller ernsthaft zur Sache gehen, dann geht das auch ernsthaft an's Portemonnaie. Unter vorgehaltener Hand wird nun gemunkelt, BMW habe in die Entwicklung des i3 etwa 2,5 Milliarden Euro investiert, also deutlich mehr als üblich.
Wir lernen daraus zwei Dinge. Erstens: der i3 wird nie schwarze Zahlen schreiben können, geht einfach nicht, nicht in seinem ersten Leben. Zweitens: es ist BMW so richtig Ernst mit der Elektromobilität.
Das ist gut so. BMW geht eine Wette ein auf die Zukunft, mit Ausnahme von Renault/Nissan als bisher einziger Hersteller. Ja, natürlich kommt auch die Volkswagen-Gruppe bald schon mit Elektrowägelchen, GM hat wie Ford auch was, Toyota hat etwas mehr, Hyundai/Kia setzt auf die Brennstoffzelle, bei Mercedes wartet man wohl in erster Linie mal ab. BMW hat aber bei Leipzig analog zum «Vierzylinder»-Hauptgebäude in München vier 190 Meter hohe Windräder in die Landschaft gestellt, welche die neue Fabrik mit Strom versorgen: man will auch optisch zeigen, dass man an die Zukunft glaubt. Klappt das Experiment «i» nicht, dann würde das BMW nicht umbringen, die paar Milliarden bezahlen die Bayern aus der Portokasse, aber der Imageschaden würde beträchtlich sein.
Wohl auch deshalb hat BMW seine besten Mitarbeiter auf das Projekt angesetzt. Leiter der ganzen Geschichte ist Ulrich Kranz, ein Maschinenbau-Ingenieur, der für BMW schon das erste SUV, den X5, und vor allem Mini auf den richtigen Weg gebracht hat. Und der für «i» jetzt alles organisiert, was so ganz anders sein soll beim neuen Automobil, die neue Fabrik, neue Technologien, neue Rohstoffe, neue Verkaufsmethoden.
Erfreulich erfrischendes Design.
Der Knick bei der Tür wird zu reden geben.
Alles muss nachhaltig sein, da geht BMW tatsächlich ganz andere Wege als bisher, in der Fabrik gibt es umweltzertifiziertes Holz, das Sitzleder wird mit natürlichen Olivenölextrakten behandelt, die Karosserie von Robotern lautlos geklebt und nicht mit grossem Lärm geschweisst.
Und vor allem: Karbon. Dafür hat sich die BMW-Grossaktionärin Susanne Klatten sogar beim führenden Karbon-Hersteller SGL eingekauft, man will da ein Zeichen setzen (was der Volkswagen-Gruppe ziemlich auf die Nerven geht, da haben die Wolfsburger für einmal den Kürzeren gezogen). Aber es muss halt sein, der i3 fährt 280 Kilo Batterien durch die Gegend, würde er aus ganz konventionellen Materialien hergestellt, dann würde die Reichweite bei etwa 20 Kilometern liegen. Das war jetzt leicht übertrieben, aber es geht in diese Richtung: jetzt gibt BMW eine Reichweite von 150 Kilometern an, keine Sensation, ganz im Gegenteil, es wird dies für sehr viele potenzielle Kunden der Grund sein, sich dies Ding nicht anzuschaffen.
Erfreulich erfrischendes Design.
Der Knick bei der Tür wird zu reden geben.
BMW labbert dann zwar das alte Lied, im Schnitt fahre ein Automobil 40 Kilometer pro Tag, doch in den Köpfen der Kunden ist das noch nicht angekommen, der Mensch ist gerne stark und unabhängig und die Vorstellung, dauernd am Kabel zu hängen oder sich ständig auf die Suche nach einem ebensolchen machen zu müssen, die passt ihm einfach nicht. Auch deshalb wird es den i3 zusätzlich in einer Variante geben, die über einen kleinen Benzinmotor (2 Zylinder, 647 ccm, 34 PS) verfügt, der die Batterien während der Fahrt wieder auflädt. Tankinhalt: 9 Literchen Benzin, Reichweite dann 300 Kilometer.
1315 Kilo schwer ist der i3 mit dem Range Extender. Das ist ein sehr guter Wert. Die reine Form wiegt nur 1195 Kilo, das ist hervorragend. Denn da sind nicht nur 280 Kilo Batterien, sondern auch ein ernsthaftes Automobil, 3999 Millimeter lang, 1775 Millimeter breit, 1578 Millimeter hoch, ein Kofferraumvolumen von 260 bis 1100 Liter. In nur 7,2 Sekunden will der elektrische i3 von 0 auf 100 km/h beschleunigen, das ist ein Wert, der zu BMW passt. Aber es sind auch 170 PS, umgerechnet, die auf die hinteren Räder geleitet werden, das ist viel für ein Elektroauto. Die Höchstgeschwindigkeit wird auf 150 km/h beschränkt, unserer bescheidenen Meinung nach eine sehr weise Entscheidung, wir gratulieren BMW zum Mut, den Gedanken der Nachhaltigkeit auch wirklich zu Ende zu denken.
Auch mutig: das Design. Doch gerade in diesem Bereich ist BMW mit der «i»-Reihe ein Schritt gelungen, um den die Bayern jetzt schon sämtliche Konkurrenten beneiden. BMW kann nämlich etwas Neues wagen, alte Zöpfe abschneiden, sich neu erfinden, ohne die bestehende Kundschaft zu vergraulen. Zwar ist der i3 auf den ersten Blick klar als BMW erkennbar, und doch ist er so ganz anders als die sich leider etwas gar stark ähnlich sehenden Familien-Mitglieder mit den Verbrennungsmotoren.
Erfreulich erfrischendes Design.
Original: radical