Sieben auf einen Streich: Mit gestreckter Karosse wird der Lexus RX zum vornehmen Pampersbomber
Von wegen Downsizing oder kleiner ist feiner. Zwar warten die Lexus-Händler sehnsüchtig auf den handlichen UX, mit dem die Japaner gegen Mercedes GLA, Audi Q2 und BMW X1 antreten wollen. Doch erst einmal bekommen sie jetzt Nachschub am anderen Ende. Denn auf Druck aus Asien und Amerika hat die Toyota-Tochter den großen RX noch einmal etwas aufgeblasen und verkauft den feinen Geländegänger zu Preisen ab 67 000 Euro auch als RX L. Auf den ersten Blick ist er damit 8 100 Euro teurer als das Standardmodell. Doch weil sich der RX L einer besseren Ausstattung rühmt, schmilzt der Aufpreis in der Lesart von Lexus auf etwa 3 500 Euro
Das L steht für einen Längenzuwachs von elf Zentimetern, die Lexus ganz elegant am Heck angestückelt hat, ohne dabei den Radstand zu ändern. So wächst der RX auf glatte fünf Meter und drinnen gibt es erstmals Platz für eine dritte Sitzreihe. Die ist zwar mit viel Liebe zum Detail gestaltet, hat eigene Cupholder und eine separate Klimaanlage und lässt sich voll elektrisch aus dem Ladeboden fahren. Doch all das ändert nichts an den bescheidenen Platzverhältnissen: Wer es mit ein wenig gymnastischem Geschick tatsächlich durch die Tür und an der Lehne der zweiten Reihe vorbei geschafft hat, muss die Knie bis zu den Ohren ziehen, damit er sie überhaupt unterbekommt. Und gleichzeitig muss er den Kopf senken, wenn er nicht am Himmel schleifen will. Für Kleinkinder ist das ideal und der RX L wird so plötzlich zum feinen Pampersbomber. Aber jenseits des Grundschulalters taugen die Plätze sechs und sieben allenfalls als Gymnastik-Studio oder als Strafbank.
Aber es sind ja nicht nur die zusätzlichen Sitzplätze, die den Unterschied machen: Gleichzeitig wächst schließlich auch der Kofferraum, der hinter einer elektrischen Klappe nun im besten Fall 1 656, bei sieben Sitzen immer noch 176 Liter und bei einer Fünfer-Bestuhlung imposante 591 Liter fasst. Und vor allem lässt sich die Beinfreiheit in der zweiten Reihe jetzt weiter variieren: Weil man die beiden Hälften der breiten Bank um bald 20 Zentimeter verschieben kann, weil sich die Neigung der Lehne verstellen lässt und es zudem sogar noch eine Sitzheizung gibt, geht es im Fond so bequem zu wie in einer Oberklasse-Limousine, nur dass man besser hinausschauen kann.
Keinen Unterschied gibt es dagegen vorne. Weder für den Fahrer, weil der Radstand gleich ist und das bisschen Mehrgewicht keine Rolle spiel. Und auch nicht unter der Haube. Hier wie dort montiert Toyota ein hybrides Trio aus einem 3,5 Liter großen V6-Motor und zwei E-Maschinen, die über eine Pufferbatterie aus Nickel-Metall-Hydrid und eine stufenlose Automatik zusammengespannt sind. Zwar kommen der Antrieb auf eine verheißungsvolle Systemleistung von 313 PS, doch darf man von diesem Teilzeitstromer nicht zu viel erwarten: Anders als die Plug-In-Hybriden der Konkurrenz surrt er nur wenige hundert Meter weit elektrisch und das auch nur bei mäßigem Tempo. Und wenn man dem SUV die Sporen gibt, braucht es für den Sprint von 0 auf 100 trotzdem acht Sekunden und ist bei 180 Sachen außer Atem. Immerhin liegt der Verbrauch bei mäßigen 5,9 Litern, die deutlich realistischer sind als die Eins-Komma-Irgendwas-Werte der Steckdosen-Hybriden aus Stuttgart & Co.
Dennoch sind die Erwartungen an das neue Flaggschiff der SUV-Flotte bescheiden, zumindest in Europa. In Amerika und Asien, wo der RX ohnehin schon ein Bestseller ist, wird die gestreckte Karosserie den Erfolg noch verlängern. Aber in Europa ruhen die Hoffnungen auf einem anderen Modell. Erst wenn im nächsten Jahr der kleine UX kommt werden die Händler große Augen machen.