Der Youngstar wird seriös: Mit der vierten Auflage der A-Klasse wackelt Mercedes sogar am Thron der S-Klasse
Die ersten zwei Generationen der A-Klasse waren noch zum Gähnen langweilig. Doch als die Schwaben die dritte Auflage an den Start gebracht haben, wurde der Rentner-Benz zum Revoluzzer, hat den Altersschnitt der Kunden um zehn Jahre gesenkt und die ganze Marke in den Jungbrunnen getrieben. Wenn jetzt im Frühjahr nach insgesamt 20 Jahren die vierte Auflage des Mini-Mercedes kommt, schlägt das Pendel zwar auf den ersten Blick wieder ein wenig zurück. Denn von außen wird die A-Klasse nicht nur etwas größer, sondern auch seriöser. Aber dafür tobt die Revolution innen um so heftiger: Ein komplett neues Infotainmentsystem umgarnt die Digital Natives der Generation iPhone und lässt selbst die S-Klasse ganz schon alt aussehen.
Das liegt nicht allein daran, dass jetzt auch der Mini-Mercedes den riesigen Bildschirm aus der S-Klasse bekommt, auf dem dank des schnellsten Prozessors der PS-Welt Grafiken laufen, wie man sie selbst auf einem Tablet nur selten zu sehen bekommt. Und es liegt auch nicht daran, dass die Mannschaft von Gorden Wagener noch schönere Themenwelten kreiert hat, die man noch individueller gestalten kann. Und dass es jetzt in der rechten Hälfte endlich einen Touchscreen gibt, war absolut überfällig. Selbst wenn man – wenn schon spät, dann wenigstens richtig – darauf besser zoomen und mit den Fingern durch die Karte wandern kann als bei den meisten anderen Autos.
Sondern es liegt vor allem an der neuen Sprachsteuerung. Denn so, wie Apple mit Siri arbeitet, Amazon mit Alexa und Google mit seinem Assist, so gibt es künftig auch in der A-Klasse einen Sprachassistenten, mit dem die bisherige Sprachsteuerung in die Steinzeit verbannt wird. Wer das System mit „Hey Mercedes“ aufweckt, der muss keine befehle mehr aufsagen, sondern plaudert munter drauf los – und bekommt immer die passende Antwort. Egal ob er nach dem Wetter in Paris fragt, nach einem Restaurant in Paderborn oder ob er einfach nur die Sitzheizung anschalten oder die Temperatur absenken möchte. Selbst E-Mails oder Kurznachrichten diktiert man mit der virtuellen Sekretärin genauso schnell und gut wie mit Siri & Co.
Natürlich kann man das alles auch weiterhin mit Schaltern erledigen, von denen überraschend viele die digitale Revolution überleben. Und für den Marsch durch die Menüs gibt es neben dem neuen Touchscreen auch die Blackberry-Tasten aus der E-Klasse im Lenkrad und ein neues, riesig großes Touchpad auf dem Mitteltunnel. Doch warum drücken, drehen oder touchen, wenn man auch einfach sagen kann, was man möchte. Und ein bisschen Unterhaltung im Auto kann schließlich auch nicht schaden. Dabei erweist sich Fräulein Mercedes in jeder Hinsicht als besonders weltgewandt. Denn erstens muss man ihr nicht mehr sagen, ob man nach Frankreich oder Italien möchte und vorher irgendwelche Lände auswählen, und zweitens beherrscht das polyglotte Genie schon zum Start 13 Sprachen.
Zwar cruist die A-Klasse mit dem neuen Infotainment besser auf der Datenautobahn als die allermeisten anderen Autos. Doch so ganz hat Mercedes das Fahren in der wirklichen Welt noch nicht vergessen – selbst wenn es auch dafür in der A-Klasse so viele Assistenten geben wird wie in keinem anderen Kompakten und das Einstiegsmodell fast so autonom fährt wie das Flaggschiff.
Es gibt für die A-Klasse, die weiterhin mit Front- oder Allradantrieb angeboten wird, deshalb auch eine Reihe neuer Motoren – wohl alle mit vier Zylindern und ganz sicher wieder für Benzin und Diesel. Zur Startaufstellung zählen dabei zwei neue Otto-Triebwerke, auf die die Schwaben besonders stolz sind: Ein 1,4-Liter mit Zylinderabschaltung, der im A200 auf 163 PS kommt, sowie ein 2,0 Liter mit 224 PS für den A250. Beide Motoren werden wie bislang nur die Diesel mit einem Partikelfilter gereinigt und sind deshalb dank ihrer neuen Konstruktion und einer zum Beispiel mit beweglichen Kühlerlamellen optimierten Aerodynamik nicht nur besonders sparsam, sondern auch extra sauber. Trotzdem wird es die A-Klasse als eines der ersten EQ-Modelle bald auch mit Elektroantrieb geben, kündigt Mercedes an.
Auf der Datenautobahn schneller als die S-Klasse und mit den Assistenten beinahe genauso schlau – die A-Klasse hat sich viel vom Flaggschiff angeschaut. Das gilt sogar für Komfort und Ambiente. Denn genau wie bei den großen Limousinen gibt es jetzt eine stimmungsvolle LED-Beleuchtung in mehreren Dutzend Farben und zum ersten Mal kann man in der Kompaktklasse der Schwaben Komfortextras wie die klimatisierten Massagesitze bestellen.
Zwar feiert Mercedes die A-Klasse als Schrittmacher für den Aufbruch in eine neue Ära. Doch so ganz alleine muss der Baby-Benz den großen Tanker nicht in die Zukunft schleppen. Sondern wie bisher wird es eine ganze Modellfamilie geben. Und weil die Kompakten an Bedeutung gewinnen, wird die sogar weiterwachsen. Neben dem B-Klasse, dem CLA und dem GLA stehen deshalb auch ein weiterer Geländewagen und eine A-Klasse mit Stufenheck auf dem Plan.