Eiszeit für den Yeti: So will Skoda mit dem Karoq weiter das SUV-Segment aufmischen
Skoda kommt spät aber gewaltig. Nachdem die tschechische VW-Tochter den Trend zum SUV lange ignoriert hat, geht es jetzt bei den Geländewagen Schlag auf Schlag. Gerade mal ein Jahr nach dem Kodiaq folgt deshalb jetzt der kompakte Karoq, der am 4. November den Yeti beerben will. Etwa 40 Zentimeter kürzer und bei einem Grundpreis von zunächst 24 290 Euro etwa 3 400 Euro günstiger als sein großer Bruder mit vergleichbarem Motor und ähnlicher Ausstattung, wird dabei aus dem unkonventionellen Van mit Ambitionen fürs Abenteuer ein sehr viel eleganterer, aber zugleich auch gewöhnlicherer Geländewagen, der nicht nur Nissan Qashqai oder Kia Sportage angeht, sondern bei 4,38 Metern Länge auch in direkter Konkurrenz zu Konzerncousins wie dem Tiguan oder dem Ateca steht und sich auch mit dem später lieferbaren Basismodell für etwas mehr als 20 000 Euro preislich zwischen dem VW und dem Seat einpendeln wird.
Von außen sieht der Karoq zwar aus wie ein zu heiß gewaschener Kodiaq und schwimmt mit dem SUV-Strom. Doch zumindest innen hält er die Erinnerung an den Yeti wach. Denn genau wie beim Vorgänger gibt es auch diesmal wieder eine Multifunktionale Rückbank. Deren beiden äußeren Elemente lassen sich individuell um 15 Zentimeter verschieben sowie nach dem Ausbau des Mittelplatzes für mehr Schulterfreiheit um acht Zentimeter nach innen rücken und dreigeteilte Lehne kann getrennt in der Neigung verstellt oder umgeklappt werden. Auch wenn man bei 2,64 Metern Radstand natürlich keine Raumwunder erwarten darf, findet man so doch immer einen individuellen Kompromiss zwischen Kniefreiheit und Kofferraumvolumen, das selbst in der kleinsten Stellung noch 479 Liter misst und auf bis zu 1 810 Liter erweitert werden kann.
Währen der Karoq so die Hinterbänkler ködert, will er den Fahrer in eine neue Welt entführen. Deshalb gibt es zu dem schon von Kodiaq bekannten 9-Zoll-Touchscreen mit Gestensteuerung im pianoschwarzen Glasrahmen auf Wunsch erstmals bei Skoda auch digitale Instrumente, die man ziemlich individuell programmieren kann und die mit zwei konventionellen Skalen für Tankuhr und Temperatur links und rechts davon wirkungsvoll in Szene gesetzt werden.
Darüber hinaus bedient sich der Bärennachwuchs aus dem prall gefüllten Technikregal des Modularen Querbaukastens – das gilt für das Infotainment mit schlauer Smartphone-Integration und eigenem Appstore genauso wie für die Assistenten mit Abstandsregelung und Spurführungshilfe, für den Komfort mit Sitzheizung für beide Reihen oder Glühdrähten im Lenkrad oder für die LED-Scheinwerfer und die Gestensteuerung der elektrischen Heckklappe.
Während man das alles mehr oder minder genauso auch bei VW oder Seat findet, hat sich Skoda mit der Abteilung Simply Clever eine eigene Domäne bewahrt: In jeder Ecke stolpert man deshalb über ebenso geniale wie einfache Details vom Gummiband in den Türablagen bis zur Wendebox mit Becher- oder Handyhalter in der Mittelkonsole, die einem den Autofahrer-Alltag erleichtern.
Unter der Haube dagegen folgt Skoda wieder brav der Konzernpolitik und bietet mittelfristig zwei Benziner und drei Diesel an. Den Einstieg markieren ein 1,0-Liter-Dreizylinder oder ein 1,6-Liter-TDI mit jeweils 115 PS, darüber rangieren ein 1,5-Liter-Turbo mit Zylinderabschaltung oder ein 2,0-Liter-Diesel, die beide auf 150 PS kommen, und an der einsamen Spitze steht zunächst die 190 PS-Version des großen Diesels, bei der Allrad und DSG nicht erst dazu bestellt sondern standardmäßig mitgeliefert werden.
Zwar macht der Karoq gerade mit diesem stärksten Selbstzünder mächtig Laune. Schließlich wuchtet der flüsterleise TDI imposante 400 Nm auf die Kette, was für einen Sprintwert von 7,8 Sekunden und bei einem schweren Gasfuß immerhin für Tempo 211 reicht. Doch je mehr man sich der Lust an der Leistung hingibt, desto früher stößt der Karoq an seine Grenzen: Weil er eher verantwortungsvolle Familienkutsche sein will als vergnüglicher Kurvenräuber, weil die Lenkung auch im sportlichsten der fünf Fahrprofile noch viel Interpretationsspielraum bietet und weil das auf Knopfdruck nachzuschärfende DCC-Fahrwerk erst später geliefert wird, bekommt man in flotten Kurven schnell weiche Knie und schaltet lieber einen Zahn zurück. Anders als etwa beim Seat Ateca oder beim etwas kleineren VW T-Roch liegt die Betonung bei Skoda bislang nicht auf Sport, sondern auf Utility Vehicle und trifft damit den Kern der Klasse wahrscheinlich mit am besten.
Kein Wunder, dass es die Tschechen kaum erwarten können, bis sie ihren zweiten SUV endlich auf der Straße haben und so Luft bekommen für die nächsten Projekte. Denn jetzt, wo sie mit Kodiaq & Co endlich auf den Geschmack gekommen sind, haben sie plötzlich einen Bärenhunger und wollen sich mit den nächsten Geländewagen ein paar weitere Stücke aus dem großen SUV-Kuchen schneiden.