Das Salz in der SUV-Suppe: So viel Pfeffer bekommt der neue Porsche Cayenne
Als Porsche 2002 den ersten Cayenne auf den Weg gebracht hat, war das Geschrei der Puristen groß. Denn weiter als mit einem schweren SUV konnten sich die schnellen Schwaben kaum von ihrem Markenkern entfernen. Doch das ist 15 Jahre, zwei Generationen und mehr als eine halbe Million Autos her und vor alle, den Chinesen und Amerikanern sei dank, hat sich Porsche seitdem grundlegend gewandelt. Die Produktion hat sich vervierfacht und aus dem Sportwagenhersteller ist längst eine SUV-Marke geworden, sie sich noch ein paar Flachmänner leistet. Doch wenn Porsche Ende August erst auf einer privaten Party im Museum in Stuttgart und kurz danach vor großem Publikum auf der IAA in Frankfurt das Tuch vom neuen Cayenne zieht, will die Firma wieder zurück zu ihren alten Idealen. Zumindest ist Mission und Vision für die Entwickler, während sie kurz vor der Weltpremiere mit den nur noch leicht getarnten Prototypen über einsame Straßen im Nirgendwo des spanischen Südens fliegen, um der Abstimmung den letzten Schliff zu geben – komfortabler auf der Autobahn, handlicher in der Stadt und vor allem gieriger auf der Landstraße soll der Cayenne dabei werden. Oder einfach noch mehr Pfeffer haben. Wozu gibt es schließlich ein neues Fahrwerk mit einer neuen Luftfederung, eine neue Lenkung und natürlich neue Motoren, die mehr Power haben aber weniger Durst.
Genau wie die letzten beiden Generationen teilt sich auch der neue Cayenne eine Plattform mit den Konzernmodellen und ist deshalb ein enger Verwandter von Audi Q7 oder Bentley Bentayga. „Aber wir haben viel dafür getan, damit der Kunde das nicht spürt,“ sagt Peter Haß, der als Teamleiter für die Gesamtfahrzeugerprobung den Tross der Testwagen anführt. Deshalb hat Porsche nicht nur die Software von Steuerung und Federung neu programmiert, sondern auch die Hardware angefasst – die Achsen und den jetzt als Hangon-System konzipierten Allrad inklusive.
Während die Plattform also vom Q7 kommt, stammt die Power vom Panamera. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass die bekannten Motoren hier mit einem neuen Achtgang-Automaten und nicht mit der Doppelkupplung kombiniert werden, weil einen das im Gelände weiterbringt und komfortabler zu fahren ist, wenn man einen Hänger am Haken hat, begründet Haß die Emanzipation vom Granturismo.
Im ersten Schwung wird den Cayenne demnach wohl mit einem drei Liter großen V6 mit einem Turbo geben, der es im Grundmodell auf 340 PS bringt. Im Cayenne S kommt der 2,9 Liter große Bi-Turbo mit 440 PS zum Einsatz und für Lustkäufer und ewig unverbesserliche halt Porsche natürlich wieder einen Cayenne Turbo bereit, der mit vier Litern und acht Zylindern auf 550 PS kommen dürfte. Wenn Haß erst einmal nicht von Dieseln spricht, ist das keine schnelle Reaktion auf die aktuelle Stimmungslage, sondern nur den großen Märkten geschuldet, Schließlich gehen die meisten Cayenne nach USA und China, wo sich für den Selbstzündern keiner interessiert. Deshalb wird es als nächstes wohl auch erst den GTS und natürlich den Plug-In aus dem Panamera geben, bevor Diesel-Deutschland dann am Ende doch noch seine Selbstzünder bekommt.
Aber die Motoren sind nicht die einzigen Übernahmeteile aus dem Panamera. Auch das Cockpit wird verdächtig vertraut, wenn Haß kurz mal die Tarnmatten lüftet. Es gibt jetzt genau wie in allen anderen neuen Baureihen das kleine Drehrad am Lenker, das genau wie das Mannettino bei Ferrari die Fahrprofile verändert und leider noch immer ein bisschen billig aussieht. Es gibt wie beim Audi ein digitales Display dahinter, das aber – so viel Ehre erbietet Porsche der Erinnerung an den Sportwagenhersteller dann doch noch – von einem analogen Drehzahlmesser überlagert wird. Und genau wie im Panamera prangt daneben ein riesiger Touchscreen, der nach unten hin von den großen Sensorfeldern auf dem Mitteltunnel abgerundet wird. Das sieht selbst dann nach Panamera aus, wenn es weniger stark geneigt ist und man die Lüfterdüsen hier – shocking! – tatsächlich noch von Hand verstellen muss, statt sie mit einem Fingerzeig zu steuern.
Schon vom Beifahrersitz aus spürt man die Vorzüge der neuen Plattform, den Diäterfolg von immerhin 70 Kilo und das Grundgewicht, das jetzt knapp unter zwei Tonnen liegt, weil die meisten Anbauteile nun aus Aluminium gepresst werden. Dazu die neue Mischbereifung, die größere Spreizung mit der Dreikammer-Luftfederung und die weiter auseinandergerückten Fahrprogramme und man kann es kaum erwarten, bis man endlich mit den Entwicklern tauschen und selbst hinter das Steuer darf. Erst recht, wenn Haß den Prototypen durchs Gebirge scheucht, der V6 gierig knurrt, die Luftfeder sich ungewöhnlich steif macht und sich der Cayenne nicht mehr zaghaft wie ein Nasenbär durch die Kurven tastet. Natürlich ist er noch lange kein 911er, ja nicht einmal den Macan wird er übertreffen, aber ganz sicher ist der Cayenne jetzt mehr Porsche als je zuvor. Und es ist nicht die schiere Kraft allein, die das ermöglicht, sondern es sind vor allem Berechenbarkeit und Beherrschbarkeit.
Nach einem halben Tag mit den Testern und ihren Prototypen ist der neue Cayenne kein großes Geheimnis mehr. Man hat gelernt, wie die Schwaben viele Porsche-Gene in die Audi-Plattform injiziert haben und man hat erkannt, wie viel Panamera im SUV steckt. Das einzige Detail, das im verborgenen bleibt, das ist die finale Form der dritten Generation. Aber selbst wenn die Prototypen noch eine leichte Tarnung tragen, wird unter den paar Folien über Leuchten und Leisten keine große Überraschung mehr lauern. Erstens, weil man darunter schon die Lichtsignaturen des Macan erkennen kann. Zweitens, weil sie Proportionen und Dimensionen nur um ein paar Zentimeter ändern werden. Und drittens, weil der Cayenne für Porsche viel zu wichtig ist, als dass sich die Schwaben radikale Änderungen erlauben könnten. Erst recht nicht, wenn er mehr Porsche sein soll als je zuvor.