Zwergenaufstand auf der Nordschleife: So machen die Ringmeister den Toyota Yaris zur Rennsemmel
Für den 27. Juli um 18 Uhr sollten sich eingefleischte Toyota-Fans besser mal nichts vornehmen. Denn um diese Zeit öffnet der japanische Hersteller auf einer speziellen Website den Vorverkauf für eines der verrücktesten Autos, das der ach so vernünftige Konzern in den letzten Jahren aufgelegt hat. Den Yaris GRMN.
Der Termin ist mit Bedacht gewählt, auch wenn der stolze 29 900 Euro teure Bomsai-Bodybuilder erst im Januar ausgeliefert wird: Schließlich beginnt dann bei der WRC-Rallye in Finnland die erste Sonderprüfung und es geht genau jenes Auto auf die Strecke, das der neuen Rennsemmel als Vorbild dient. Schließlich fährt dort nach schier endloser Abstinenz mit einer Art Yaris auf Speed seit dieser Saison auch Toyota wieder mit. „Wir haben uns gefragt, wie wir unsere Rückkehr in die WRC nach 17 Jahren gebührend feiern könnten, wie auch unsere Kunden etwas davon haben und wie wir damit den normalen Yaris etwas mit Emotionen aufladen können“, sagt Projektleiter Stijn Peeters und zieht stolz das Tuch von einem Kraftzwerg, der auf den Kotflügeln das Kürzel GRMN trägt: GR steht für den Motorsport-Partner Gazoo Racing und MN für die Meisters of Nürburgring, jene Handvoll besonders talentierter Werksfahrer, die von einer geheimen Garage in der Eifel aus die Abstimmung aller sportlichen Modelle auf der Nordschleife verantworten.
Zwar sind diese Master Driver sonst etwas potentere Autos gewohnt. Nicht umsonst waren sie es, die zum Beispiel den Lexus LFA in eine Liga mit Ferrari oder Lamborghini katapultiert haben. Doch haben sie auch mit dem Giftzwerg einen guten Job gemacht. Denn für seine Verhältnisse ist der Yaris ein ausgesprochen wilder Feger, der seine Kraft überraschend gut auf die Straße bringt, der seinen Übermut unflätig laut herausbrüllt und der Rennsemmeln wie den Renault Clio Sport, den Ford Fiesta ST oder den VW Polo GTI mit seinem knackigen Auftritt fast ein bisschen wie knatschige Aufbackbrötchen wirken lässt. Und das ausgerechnet von der Langweilermarke Toyota!
Aber das war gar nicht so einfach, sagt Peeters. Erstens, weil das weitgehend europäische Team kaum zwei Jahre für das Projekt Zeit hatte, Und zweitens, weil unter der Haube jetzt ein aufgeladener 1,8-Liter steckt, der mächtig Dampf hat. Wo in der Serie bei 1,5 Litern und 111 PS Schluss ist, bläst ihm der erste Kompressor in einem Toyota der Neuzeit unter heißerem Singen immerhin rund 215 PS ein und stellt die Traktion der Vorderräder mit bis zu 249 Nm mächtig auf die Probe.
Solange die Straße und erst Recht die Nordschleife trocken sind, klappt der Kraftschluss auffallend gut. Nicht umsonst schafft der Winzling den Sprint vom 0 auf 100 Sachen in weniger als 6,5 Sekunden und bei Vollgas bis zu 230 km/h. Und nicht ohne Grund wird er tatsächlich zu einer leidenschaftlichen Knallbüchse, die mit schier ohrenbetäubendem Lärm über den Asphalt fräst und mehr Spaß macht als jeder andere Toyota. Bretthart gefedert, mit einem Sperrdifferential an der Vorderachse und kräftigeren Bremsen reihum, mit unersättlichem Biss und gierig am Gas, knallt er durch die Kurven wie eine Flipperkugel kurz vor dem Freispiel und lässt die Insassen mit jeder Kehre dankbarer dafür sein, dass es in dem ansonsten eher schnöden Interieur zwei ausgewachsene Sportsessel mit solidem Seitenhalt gibt.
Nur wenn das Wasser auf der Straße steht, dann kommt auch der Fahrer ins Schwitzen, so kräftig muss er kurbeln muss, um den Kleinen auf Kurs zu halten. Aber auch das gehört schließlich zum Rallye-Feeling, das die Japaner unter ihren Kunden streuen wollen. Und das immer nur im Fernsehen zu sehen oder auf der Playstation auszuprobieren, ist schließlich auch keine Lösung.
Also schnell einen Kalendereintrag machen und am 27. Juli ran an den Rechner . selbst wenn ein Donnertstagabend sicher nicht die beste Zeit ist, um ein Auto zu kaufen. Doch lange werden sich die Toyota-Fans nicht vor dem Bildschirm scharen müssen: Weil es für ganz Europa nur 400 Autos gibt, dürfte der Zauber schnell wieder vorbei sein.