Schluss mit der Verschleierung: Jetzt lässt der Skoda Karoq die Hüllen fallen
Bislang trug er noch das scheckige Fell der Erlkönige und hat sich bei seinen Testfahrten vor allem in den abgelegenen Winkeln der Welt bewegt. Doch jetzt streift der kleine Bruder des Skoda Kodiaq den unscheinbaren Winterpelz ab, kommt runter von der Buckelpiste und stürmt auf die Bühne des Boulevards. Denn drei, vier Monate vor dem Verkaufsstart hat die tschechische VW Tochter nun auch offiziell den Karoq enthüllt, der in diesem Herbst den Yeti beerben und der späten SUV-Offensive bei Skoda den nötigen Nachdruck verleihen soll. „Für uns ist das ein wichtiger Meilenstein bei der Ausweitung der Modellpalette“, unterstreicht deshalb Firmenchef Bernhard Maier.
Dabei machen die Tschechen den gleichen Schritt wie man ihn zuletzt bei Peugot, Renault oder Opel beobachten konnte und schwenken deshalb konsequent auf ein SUV-Design um: War der Yeti noch zwischen Kindergarten und Kletterwald gefangen, ist der auf 4,38 Meter gewachsene Karoq ein waschechter Geländewagen, der nicht nur den bärigen Namen des Kodiaq zitiert, sondern auch seine Züge trägt. Zumindest von außen wirkt er deshalb wie ein Kodiaq, der zu heiß gewachsen wurde, hat das gleiche entschlossene Gesicht, dieselben scharfen Linien an der Flanke und ein ähnlich klar und schnörkellos gezeichnetes Heck. Innen dagegen zetteln die Tschechen eine kleine Revolution an und bauen nun erstmals ebenfalls das digitale Cockpit von Audi und VW ein. Zusammen mit dem großen Touchscreen in der Mittelkonsole, dem selbst entwickelten Online-Infotainment und dem mobilen Hotspot macht das den Karoq zum Vorreiter der digitalen Revolution in Mlada Boleslav.
Aber der Karoq will sich nicht nur auf der Datenautobahn bewähren, sondern auch im richtigen Leben. Dafür rüstet Skoda den aus dem Modularen Querbaukasten montierten Vetter des VW Tiguan mit reichlich Bodenfreiheit, großen Böschungswinkeln und fünf Motoren, von denen es vier bei den Tschechen so noch nicht gegeben hat. Bei den Benzinern hat man die Wahl zwischen einem mit einem 1,0 Liter großen Dreizylinder mit 115 PS oder einem 150 PS starken 1,5 Liter, von dessen vier Zylindern zwei gelegentlich Pause machen. Für die Dieselfraktion hat Skoda drei Triebwerke in der Startaufstellung: Einen 1,6-Liter mit 115 PS und einen 2,0-Liter, den es mit 150 oder 190 PS gibt. Damit erreicht der schnellste Karoq 211 km/h und der sparsamste ist mit 4,4 Litern zufrieden. Für die allermeisten Motoren bietet Skoda auf Wunsch Allradantrieb und Doppelkupplungsautomatik an, beim Spitzendiesel ist beides Serie.
Zwar hat der Karoq vom Yeti weder den Namen noch irgendeine Schraube übernommen. Doch zumindest die Flexibilität des Fabelwesens lebt im Nachfolger weiter. So kann man auch den Karoq mit einer variablen Rückbank bestellen, die sich in drei Teilen verschieben oder gleich ganz ausbauen lässt. So wächst das Gepäckabteil bei knapp 2,40 Metern Radstand stufenweise von 479 bis 1630 Liter und lässt sich am Ende auf bis zu 1810 Liter erweitern. Spätestens dann werden sogar Erinnerungen an den seligen Roomster wach.
Das Design frisch und neu, und der Innenraum macht mit der ganzen Elektronik einen Zeitensprung. Doch der Karoq wäre kein Skoda, wenn er nicht auch wieder ein paar pfiffige Details hätte. Und damit meinen die Entwickler längst nicht mehr den obligatorischen Eiskratzer im Kofferraumdeckel oder den Regenschirm unter dem Beifahrersitz. Sondern mit verschiebbaren Taschenhaken im Kofferraum und einer neuartigen Laderaumabdeckung zum Beispiel spinnen sie den Faden von Simply Clever wieder ein wenig weiter.
Mit dem Karoq könnte Skoda einmal mehr den Nerv der Zeit getroffen haben. die Kunden mag das freuen, doch bei der Konzernmutter in Wolfsburg werden sie das mit geteilter Freude registrieren. Denn so groß der Kuchen der kompakten Geländewagen auch sein mag, könnten sich die beiden Bären aus Tschechien als ziemlich gefräßige Tiere erweisen und damit bei VW einen gewissen Futterneid auslösen.