Der neue Traum von alter Größe: Mit der Civic Limousine schielt Honda in die Mittelklasse
Bislang hat der Honda Civic vor allem auf den VW Golf und die anderen Kompakten gezielt. Doch wenn die Japaner zum Fünftürer jetzt die Limousine nachreichen, dann verschiebt sich der Focus ein wenig. Denn mit 4,65 Metern Länge, reichlich Platz auf allen Plätzen und einem Kofferraum von gewaltigen 519 Litern ist das Stufenheck dem Golfplatz längst entwachsen und schielt frech in die Mittelklasse.
Das kommt nicht von ungefähr. Vor allem natürlich, weil der zehnte Civic ein globales Projekt ist, auch jenseits des Atlantiks verkauft wird und es die Amerikaner schließlich gerne eine Nummer größer haben. Aber das Wachstum passt auch den Europäern gut in den Kram. Schließlich haben sie vor zwei Jahren den Accord eingestellt und deshalb oberhalb des Civic keine andere Limousine mehr zu bieten. Da passt so ein Aufsteiger an der Nahtstelle zur Mittelklasse gut ins Programm.
Zumal der Civic den Klassensprung beim Antrieb gut rechtfertigen kann. Unter der Haube steckt schließlich ein Vierzylinder-Turbo, der zwar nur 1,5 Liter Hubraum hat, dafür aber auf 182 PS kommt und entsprechend engagiert zur Sache geht. 240 Nm reichen für einen Sprint von 0 auf 100 in 8,1 Sekunden und dass dem Auto bei 210 km/h schon wieder die Luft ausgeht, wird die eher rationale Kundschaft bei Honda weniger stören. Schon deshalb nicht, weil der downgesizte Motor zwar absolut vibrationsarm läuft, sich auf der Autobahn aber ordentlich in den Vordergrund spielt und alles andere als ein Leisetreter ist.
Auch bei der Ausstattung haben die Japaner so einen Sprung gemacht, dass sich der Civic vor Passat & Co nicht verstecken muss. Er hat zwar kein animiertes, aber immerhin digitales Cockpit, eine große Touchscreen-Navigation und schon in der Grundausstattung mehr Assistenten, als manche Importmodelle in der Mittelklasse gegen Aufpreis bieten. Nicht umsonst sind Spurführungshilfe mit Lenkunterstützung genauso serienmäßig wie die automatische Abstandsregelung und die vorausschauende Notbremse.
Nur beim Ambiente hakt es noch ein wenig. Denn auch wenn alles hübsch ordentlich angerichtet ist, sich vornehm anfasst und man an jeder Ecke über eine praktische Ablage bis hin zur multifunktionalen Mittelkonsole stolpert, fehlt der düsteren Plastiklandschaft die Finesse, der Glanz und der Glamour, die in der Mittelklasse mittlerweile sogar die Koreaner bieten. Da merkt man dann doch, dass der Civic im Grunde seines Herzens ein Kompakter geblieben ist, der nur ein bisschen aus dem Leim gegangen ist.
Das gilt übrigens auch für die Preise, die wie das ganze Auto zwischen den Klassengrenzen angesiedelt sein. Weil es die Limousine anders als den Fünftürer nicht mit dem 129 PS starken Dreizylinder gibt und die Ausstattung so umfangreich ist, gehen die erst bei 25 520 Euro los. Für ein kompaktes Stufenheck, das in der Praxis mit Autos wie dem Toyota Corolla oder dem Mazda 3 konkurriert, ist das eine stolze Ansage. Aber für eine Limousine, die es zumindest auf dem Papier mit einem Passat oder gar einem Dreier aufnehmen kann, ist das fast ein Schnäppchen. Erst recht, wenn der Viertürer nominell auch noch etwa 2 000 Euro günstiger ist das das gleich angetriebene aber besser ausgestattete Schrägheck.
Natürlich wissen sie auch bei Honda, dass sie es trotz des guten Platzangebots, der umfangreichen Grundausstattung und des virtuellen Preisvorteils nicht wirklich mit Passat& Co aufnehmen können. Erst recht nicht, weil die Japaner auf dem in dieser Klasse so wichtigen Flottenmarkt keine Rolle spielen. Doch ändert das nichts an ihren Erwartungen. Nachdem sie bislang nur wenige Hundert Limousinen veekauft haben, wollen sie den Anteil jetzt auf 20 Prozent steigern und über 1 000 Viertürer pro Jahr auf die Straße bringen.