Google war gestern: Mit diesem Robo-Taxi will sich VW fit für die Zukunft machen
Beamen können sie zwar noch nicht. Doch wenn es nach den Vorausdenkern im VW-Konzern geht, fehlt dazu bald nicht mehr viel. Denn während sich die Serienentwickler gerade auf die Elektromobilität eingrooven, machen sie bereits den nächsten Schritt und träumen von einer Flotte autonomer Shuttlefahrzeuge, die ganz ähnlich wie die mittlerweile wieder in der Versenkung verschwundenen Eier von Google wie von Geisterhand elektrisch durch die Metropolregionen surren, die individuelle Mobilität in überfüllten Mega-Cities sicherstellen und zugleich den Verkehrsinfarkt zumindest hinaus zögern sollen. Und damit es nicht bei Phantasiegebilden bleibt, geben sie dieser Vision jetzt auf dem Genfer Salon mit dem Forschungsfahrzeug „Sedric“ erstmals Gestalt.
Auf den ersten Blick sieht dieses Self Driving Car fast so aus wie eine noch futuristischere Variante des in Detroit vorgestellten ID Buzz. Doch bis auf die gemeinsame Architektur aus dem Modularen Elektrizitätsbaukasten MEB, dem etwa 100 kW starken E-Motor an der Hinterachse, der für rund 400 Kilometer ausgelegten Lithium-Ionen-Batterie im Wagenboden und die kubische Grundform haben die beiden nicht mehr viel gemein. Denn wo es im ID Buzz zumindest noch ein reduziertes Cockpit gibt, sieht man in seinem deutlich kleineren Bruder von Übermorgen hinter den weit aufschwingenden Portaltüren überhaupt kein Lenkrad und keine Pedale mehr. Stattdessen blickt man in der vergleichsweise nüchtern eingerichteten Kabine auf vier gegenüberliegende Sitze auf einem flachen Holzboden und einen großen, transparenten OLED-Bildschirm, über den das Infotainment-Programm läuft.
Die Rolle des Fahrers übernimmt im Robo-Taxi der Autopilot, der sich mit einem halben Dutzend Kameras, Radarsensoren und den beiden Laserscannern auf dem Dach sein eigenes Weltbild macht. Und für den Dialog zwischen Mensch und Maschine reichen in der Vision der VW-Entwickler drei Knöpfe auf der Armlehne: Einer zum Starten, einer zum Anhalten und einer, der einen immer dann mit einem Callcenter verbindet, wenn man sich nicht auf die Sprachsteuerung oder die Smartphone-App verlassen möchte.
Buchstäblich zum Schlüsselelement in diesem Szenario wird allerdings der so genannte VW OneButton. Das ist eine Mischung aus Mitgliedskarte und Fernsteuerung, die mit einem Knopf und einem leuchtenden Ring noch schlichter ist als der allererste iPod. Auf ihr sind nicht nur alle persönlichen Daten und Einstellungen gespeichert. Sondern mit einem Knopfdruck ruft sie auch das nächstgelegene Fahrzeug heran, öffnet die Tür und startet die Mietzeit.
Für den Vertrieb von Sedric, den es mit unterschiedlichen Ausstattungen und Aufbauten als schlichten VW genauso geben soll wie als vornehmen Audi oder als luxuriösen Benltey hat VW zwei Szenarien im Sinn, die beide ineinander greifen. Zum einen planen die Niedersachsen mit Carsharingflotten, die fremde Unternehmen oder womöglich auch der Konzern selbst ausrollen wollen. Und zum anderen sind sie davon überzeugt, dass es für solche Fahrzeugkonzepte durchaus aus auch Einzelkunden gibt, die ein Robotaxi als Zweit- oder Drittwagen für den Weg ins Büro oder die Fahrt zum Kindergarten nutzen wollen. Und weil Stillstand schädlich ist und Sedric obendrein wohl deutlich mehr kosten wird als ein heutiger Golf, muss man den Wagen zwischen den Einsätzen nicht auf den Parkplätzen herumstehen lassen, sondern kann ihn stunden- oder tageweise an die Sharing-Flotte ausleihen und so zumindest teilweise refinanzieren.
Zwar ist die Vorstellung für viele noch ein bisschen fremd und selbst VW-Chef Matthias Müller räumt ein, dass er sich an dieses Szenario erst gewöhnen muss. Doch viel Zeit dafür bleibt Konzern wie Kunden nicht mehr. Denn die Zukunft ist näher als man denkt – und soll Anfang des nächsten Jahrzehnts beginnen.