Vom Spießer zum Held der Generation Smartphone: Mit einem großen Update zieht der Golf auf dem Datenhighway nach links
Erfolg hat auch seine Schattenseiten. Denn so deutlich der VW Golf auch seit Jahren die Zulassungsstatistik dominiert, so laut wird er als Spießer verhöhnt. Zu langweilig, zu verstaubt, zu brav und zu bieder, lautet das Geunke der Kritiker, die ihn damit zum Auto für Rentner und Reihenhaus-Besitzer stempeln. Doch das muss VW nicht länger auf sich sitzen lassen. Denn wenn die Niedersachsen Ende Februar zu Preisen ab 17 850 Euro ihr großes Facelift an den Start bringen, dann beginnt die große Digitalisierung auf dem Golf-Platz und der Bestseller wird zum Helden der Generation Smartphone.
Während man die Änderungen von außen nämlich lange suchen muss und sie am Ende doch nur an den aufpreispflichtigen LED-Leuchten anstelle der bisherigen Xenon-Brenner erkennt, tut sich im Cockpit eine ganze Menge: Hinter dem Lenkrad flimmern jetzt animierte Armaturen, wie es sie bislang nur im Passat gegeben hat, und daneben prangt ein Touchscreen, der zu den größten in dieser Klasse zählt. So wird er nicht nur zur perfekten Bühne für das eigene Smartphone, sondern auch zur Plattform für ein umfangreich erweitertes VW-Infotainment. Das reicht von der nahezu perfekten Kartendarstellung bei der Navigation über einen Fotoplayer und neue Online-Guides bis hin zu Apps, mit denen man aus dem Auto heraus daheim die Türen kontrollieren, mit Gästen sprechen und auf Wunsch schon mal die Wohnung öffnen kann. Muss man natürlich nicht haben, ist aber eine nette Spielerei, mit der man seine Kumpels schwer beeindrucken kann. Damit man sich in der Vielzahl dieser Möglichkeiten nicht völlig verliert, gibt es ebenfalls zum ersten Mal in dieser Klasse jetzt zumindest für einige Menüs wie Sender- und Titellisten oder die Galerie der eigenen Erinnerungsfotos jetzt sogar erstmals in dieser Klasse eine Gestensteuerung: Mit Wischen und Winken kann man sich so einfach durch die Menüs wedeln.
Zwar hat sich VW diesmal vor allem auf der Datenautobahn bewegt und nennt die Modellpflege deshalb selbst im Slang der Computer-Nerds ein Update. Doch so ein bisschen neue Hardware gibt es schon auch. So stehen neben zwei bekannten 2,0-Liter-TDI-Triebwerken mit 150 oder 184 PS eine Reihe neuer Benziner in der Startaufstellung: Den Einstieg markiert dort deshalb jetzt ein Dreizylinder-Turbo mit 85 PS, der die bekannte 110 PS-Version flankiert. die bisherigen 1,4-Liter weichen einem wunderbar leisen und sehr kultivierten 1,5-Liter mit Zylinderabschaltung, der mit 150 PS startet und im Sommer auch als Sparmodell mit 136 PS kommt. Und beim GTI gibt es einen kleinen Schluck aus der Doping-Pulle, mit dem die Leistung auf 230 PS für das Standard-Modell und 245 PS für den Performance steigt. Weil außerdem ein neues DSG-Getriebe mit sieben statt bislang sechs Gängen kommt, sinkt der Verbrauch im besten Fall um bis zu 0,3 Liter.
Allerdings hat die Sache mit dem Update einen kleinen Haken. Während die Generation Smartphone so etwas einfach herunter lädt und dafür in der Regel nicht einmal etwas zahlen muss, gibt es den Golf VII.1 nur beim Händler – und der bittet dafür kräftig zur Kasse: 1 085 Euro für die LED-Scheinwerfer, 2 385 Euro für das große Touchscreen-Navi mit Gestensteuerung, 665 Euro für das digitale Cockpit und 205 Euro für die App-Übernahme durch Car-Net – es hat niemand behauptet, dass man auf der Datenautobahn zum Nulltarif überholen kann.