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Vitamin A: Mit einem Rudel junger Wilder soll der Stern auch in der Kompaktklasse noch heller strahlen

Published in motosound.de

Wer in diesen Tagen zu Gast bei Mercedes ist, der kommt selbst im nebelgrauen Januar kaum ohne Sonnenbrille aus. Denn nachdem die Schwaben zum Jahreswechsel den Thron der erfolgreichsten Premiummarke zurückerobert haben, strahlen die Manager in Stuttgart jetzt mit dem Stern um die Wette. Aber ihre Führungsposition verdanken sie nicht allein Luxusmodellen wie der S-Klasse und dem Maybach, der E-Klasse und ihren Dauerbrennern auf der Buckelpiste. Sondern es waren vor allem die kleinen Baureihen, mit denen Mercedes in den letzten Jahren groß herausgekommen ist: A-Klasse und GLA sowie die anderen Ableger der so genannten Modularen Frontantriebsarchitektur (MFA) gelten als das Fundament dieses Erfolges und haben mit ihrem frechen Design zudem viel Staub vom Stern geblasen. Um so wichtiger ist es für Mercedes, dass es jetzt einen reibungslosen Generationswechsel gibt und die zweite MFA-Familie den Schwung ins nächste Jahrzehnt mitnimmt.

Zwar wird es wohl Anfang 2018, bis die nächste Auflage der jungen Wilden tatsächlich zu den Händlern rollt. Doch schon jetzt stimmen die Schwaben deshalb so langsam auf den Generationswechsel ein. Bereits am Rande der Detroit Motor Show im Januar haben sie angekündigt, dass es künftig acht statt fünf Ableger geben wird und so zum Beispiel indirekt die Gerüchte über einen etwas kantigeren, dafür aber praktischeren Geländewagen GLB bestätigt. Und wenn sie in vier Wochen auf dem Genfer Salon das Licht anschalten, dann bekommt man einen Vorgeschmack auf den nächsten Neuzugang und sieht schon mal die Silhouette der A-Klasse Limousine. Nicht minder schnittig gezeichnet als der CLA aber ein bisschen gedrungener und trotzdem geräumiger soll sie vor allem in China reüssieren, könnte aber auch bei uns zum veritablen Erben des seligen Baby-Benz werden.

Die weiterhin nur als Fünftürer lieferbare A-Klasse als direkter Golf-Gegner, die B-Klasse als Alternative zum BMW Active Tourer, CLA und CLA Shooting Break als Designerstücke, der GLA als kleinstes SUV mit Stern und dazu noch A-Klasse Limousine und GLB – das sind allerdings nur sieben Varianten und über die achte kann man nur spekulieren. Doch nachdem Mercedes nun wirklich kein weiteres Cabrio mehr braucht, das Segment mit zwei Cabrios gut bedient ist und die Kritik am BMW Grand Tourer nun wirklich nicht zur Nachahmung animiert, wird es wohl gerade mit Blick auf China auf eine Langversion der Limousine oder des GLB hinauslaufen.

Während Designchef Gordon Wagner einmal mehr die Kunst des Verzichts üben, noch ein paar Linien aus dem Blech nehmen und die glatten Flächen dafür noch stärker skulpturieren wird, ohne daraus wie beim letzten Modellwechsel gleich wieder eine große Revolution zu machen, haben die Ingenieure ein deutlich dickeres Lastenheft: Sie müssen vor allem innen mehr Platz schaffen und den Bonsai-Benz auf Augenhöhe mit C-Klasse & Co bringen, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen.

Das wollen sie vor allem mit Assistenz und Infotainment bewerkstelligen, hört man aus Stuttgart und erfährt von Prototypen, die innen eine ähnliche Bildschirm- und Bedienlandschaft haben wie die E-Klasse – die Blackberry-Tasten am Lenkrad und das Touchpad auf dem Mitteltunnel inklusive. Dazu gibt es eine Panorama-Kamera fürs einfachere Rangieren, aus den schmaleren Scheinwerfern strahlen LED-Brenner und im Bordcomputer arbeitet ein Vital Coach, der die MFA-Modelle zu Langstrecken-Autos machen soll. Denn so, wie es Mercedes auf der CES in einem Maybach demonstriert hat, wird es künftig auch in den kleinsten Modellen spezielle Wellness-Programme geben, die den Fahrer mit Licht und Luft, Massage und Musik stimulieren oder entspannen. Und zum ersten Mal sollen bei A-Klasse & Co die Sitze so programmiert werden, dass der gesamte Bewegungsapparat angeregt wird und man fitter aus- als einsteigt. „Denn Sitzen ist das neue Rauchen“, sagt Ergonomiechef Götz Renner mit dem Kompakten der Volkskrankheit Nummer 1 den Kampf an.

Während zumindest innen also doch wieder eine kleine Revolution angezettelt wird, gibt es unter dem Blech vor allem Evolution. Denn im Grunde bleibt es wohl bei den bekannten Drei- und Vierzylindern, die alle ein bisschen mehr Leistung bekommen und ein bisschen weniger verbrauchen werden. Und wo bislang die B-Klasse den Stromer gab, wird künftig wohl am ehesten die A-Klasse oder der GLA optional der elektrischen Submarke EQ zugeschlagen.

Wer dagegen in der alten Welt verharrt,für rund 100 PS mit dem Basismodell kalkuliert und nach oben bis etwa 250 zählt, der liegt wahrscheinlich nicht ganz daneben. Außer er denkt an AMG. Denn die schnellen Schwaben sind diesmal gut für 400 PS und sollen sich so auch auf der Überholspur die Pole-Position sichern.