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Der Spießer wird zum Schocker: Mit diesem Manga-Mobil will Toyota die SUV-Schwemme aufmischen

Published in motosound.de

„No more boring cars! Baut mir bloß keine langweiligen Autos mehr!“ Die Ansage von Akio Toyoda war klar und unmissverständlich. Und keiner folgt dem Chef des größten Autoherstellers darin so bedingungslos wie Hiroyuki Koba . Denn er ist der Chief Engineer für den C-HR und hat in den letzten drei Jahren einen kleinen Geländewagen auf die Räder gestellt, mit dem Toyota vom Spießer zum Schocker wird. Wenn das kantige Coupé im hoffnungslos überzeichneten Manga-Look im Januar zu Preisen ab 21 990 Euro in den Handel kommt, wird man deshalb nicht nur Toyota mit neuen Augen sehen, hofft Koba san. Sondern vor allem wird man bei Konkurrenten wie dem Nissan Juke, dem Opel Mokka X oder dem Renault Captur jenes Gähnen nicht mehr unterdrücken können, das einen früher immer nur bei Toyota-Modellen überkommen hat. Das Design des C-HR muss einem nicht gefallen, räumen die Japaner freimütig ein. Aber es fällt auf, lässt niemanden mehr gleichmütig und vermittelt klar eine eindeutige Botschaft: Wir sind aufgewacht!

Das beschränkt sich beim C-HR nicht nur auf Äußerlichkeiten. Sondern auch innen gehen die Japaner einen neuen, wilden Weg. Wo früher in grauem Plastik zementierte Langeweile herrschte, gibt es jetzt grelle Farben und verrückte Formen. So läuft ein quietschblaues Band durch Türen und Konsolen und umschließt auch den großen Touchscreen, der über dem Armaturenbrett thront, überall flinkert und funkelt ein ins Plastik geprägtes Diamanten-Relief und man fühlt sich von der hohen Mittelkonsole und dem raumgreifenden Cockpit umschlossen wie in einem Sportwagen. Fehlen eigentlich nur noch digitale Instrumente, dann würde man sich wie Captain Future fühlen.

So konsequent, wie Koba und sein Team den Wagen auf Krawall gebürstet haben, bleiben aber ein paar praktische Fähigkeiten auf der Strecke: So bietet der C-HR für seine 4,35 Meter Länge und 2,64 Meter Radstand zwar nicht nur vorne, sondern selbst im Fond überraschend viel Platz und reichlich Kopffreiheit. Doch die Fenster sind so klein und die Heckscheibe so schmal, dass sich Hinterbänkler vorkommen wie im Kerker und der Fahrer beim Rangieren den Blindflug wagt. Und was nützt ein mit 377 Litern überraschend großer Kofferraum, wenn es vorne kaum Ablagen gibt und man nicht einmal weiß, wohin mit seinem Mobiltelefon.

Aber so ganz zu Ende gedacht haben die Japaner ihren Wirbelwind ohnehin nicht. Denn während der C-HR beim Auftritt den jungen Wilden gibt, bleibt er bei Antrieb und Ausstattung ein konventioneller Kompakter. Aufgebaut auf einer neuen globalen Architektur bietet er technisch solide Hausmannskost: Es gibt das Safety-Sense-System mit Abstandsregelung, Notbremsautomatik, Verkehrszeichenerkennung und Spurführungshilfe sowie einen Einpark-Roboter, Lenkradheizung und das übliche Infotainment-Paket samt mobilem Internetzugang und unter der Haube steckt ein ungewöhnlich schmächtiger Vierzylinder mit gerade einmal 1,2 Litern Hubraum.

Mit Hilfe eines Turbos kommt das Triebwerk aber immerhin auf 116 PS und macht dem Bonsai-SUV mit bis zu 185 Nm sogar ganz ordentlich Dampf. Zumindest, wenn man den Handschalter wählt. Dann beschleunigt der C-HR in 10,9 Sekunden auf Tempo 100 und schafft bis zu 190 km/h. Wer dagegen die stufenlose Automatik bestellt, kann zwar auch den Allradantrieb dazu ordern und muss sich nicht mit einem Schein-SUV begnügen, büßt dafür aber auch den letzten Rest an Fahrspaß ein, so zäh und nervig orgelt das CVT-Getriebe.

Doch Toyota wäre nicht Hybrid-Weltmeister, wenn es den C-HR nicht auch mit der Kraft der zwei Herzen gäbe., für den sich die Japaner in Europa einen Anteil von mehr als 50 Prozent ausrechnet. Auf der gleichen Plattform konstruiert wie der Prius, übernimmt er deshalb 1:1 den 1,8 Liter-Benziner mit 98 PS, den 68 PS starken E-Motor und den kleinen Puffer-Akku wird so zum perfekten Stadtflitzer. Mit einer Systemleistung von 122 PS und 142 Nm beim Ampelsprint weit vorn dabei, kann man zwar nur ein paar hundert Meter rein elektrisch fahren. Doch im Stopp-And-Go der Rushhour stromert und rekuperiert der Doppelback, dass es eine wahre Freude ist, wenn man gelegentlich auf den Bordcomputer schaut und den Verbrauch fallen sieht.

Zwar ist der auf der Autobahn nur 170 km/h schnelle Teilzeit-Stromer jenseits des Ortschildes ähnlich spaßbefreit wie der Prius. Und auch in der Stadt wird es schwer mit dem Pulsrasen. Doch sieht C-HR nicht nur besser aus als der Biedermann für die Öko-Fraktion. Sondern er ist mit 27 390 Euro auch noch 800 Euro billiger als sein braver Bruder. Und mit einem Verbrauch von 3,8 Litern taugt er allemal als grünes Trostpflaster fürs schlechte SUV-Gewissen.

Wildes Design und zahme Fahrleistungen, so ganz kann der Spießer Toyota offenbar auch beim C-HR nicht aus seiner Haut. Und so gut die Mannschaft den High Rider auch abgestimmt haben, will der Funke der Fahrfreude so recht kein Feuer schlagen. Dabei hat der C-HR bereits bewiesen, dass er auch anders kann, und ist nicht umsonst beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gefahren. Niemand weiß das besser als Chief Engineer Hiroyuki Koba, der schließlich selbst Rennfahrer ist und bei der Eifelrunde ebenfalls ein paar Stunden am Steuer saß. „Da kommt noch was“, lässt er deshalb durchblicken und weiß, dass es auch für ihn jetzt mit den langweiligen Zeiten vorbei ist.