Bizeps statt Business: Mit 612 PS macht AMG die E-Klasse zum Athleten im Anzug
Der Termine im Kalender zu eng und die Tage zu kurz? Für Vielfahrer mit wenig Zeit und viel Geld bringt AMG jetzt wieder etwas Entspannung in die persönliche Agenda. Denn ein Jahr nach dem Generationswechsel der E-Klasse trainiert die schnelle Mercedes-Schwester beim dicken Benz fürs große Business den Bizeps und lässt den neuen E 63 von der Leine. Publikumsdebüt ist Mitte November auf der Autoshow in Los Angeles und n den Handel kommt der neue Kraftmeier im Frühjahr 2017.
Dabei haben die Angaser aus Affalterbach mehr modifiziert als je zuvor: „Bei den neuen E 63 Modellen haben wir den größten Entwicklungsschritt vollzogen, den wir je bei einem Generationswechsel gemacht haben“, sagt AMG-Chef Tobias Moers mit Blick auf den weiter erstarkten V8-Motor, die neue 9-Gang-Automatik mit nasser Anfahrkupplung, den modifizierten Allradantrieb und einen vom Design komplett umgestalteten Vorderwagen.
Das Ergebnis ist ein Auto, das sich von einem waschechten Sportwagen nur noch in der Form aber beileibe nicht mehr bei den Fahrleistungen unterscheidet. Nicht umsonst leistet der vier Liter große V8-Motor im E 63S jetzt irrwitzige 612 PS und geht mit bis zu 850 Nm zu Werke. Das reicht für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in faszinierenden 3,5 Sekunden und für ein Spitzentempo, das bei 250 km/h in der Serie und 300 mit AMG Drivers Package eher willkürlich limitiert ist. Die Kraft jedenfalls dürfte der E-Klasse da noch lange nicht ausgehen.
Und wer sich mit dem Grundmodell E63 bescheidet, fährt kaum schlechter. Denn mit 571 PS und bis zu 750 Nm dauert der Sprint nur eine Zehntelsekunde länger und am Spitzentempo ändert sich nichts. Genauso wenig hat die Wahl des Motors Einfluss auf den Verbrauch: In beiden Fällen liegt er – der Zylinderabschaltung sei dank – auf dem Prüfstand bei mageren 8,9 Litern.
Damit die Kraft noch schneller fließt, hat AMG die neue Neungang-Automatik dabei zum ersten Mal mit einer nassen Anfahrkupplung ausgerüstet. Und damit sie sauber auf die Straße kommt, gibt es den E 63 nicht nur mit einem aufwändig getunten Fahrwerk, sondern auch noch serienmäßig mit Allrad-Antrieb. Doch die schnellen Schwaben wissen um den Reiz der Querkräfte und wollen den erfahrenen Kunden den Spaß nicht verderben. In den Tiefen des Menüs findet sich deshalb auch ein Drift-Modus, der alle Kraft nach hinten leitet, die E-Klasse zur Heckschleuder macht und den entsprechenden Nervenkitzel in die Kurven zurückbringt.
Verpackt ist das Kraftpaket in einem neuen Bug, den AMG komplett umgestaltet hat. Die Motorhaube ist nun wie bei den Coupés stärker zwischen Frontmaske und Kotflügeln eingebettet, die Radhäuser sind 17 Millimeter weiter ausgestellt und der neue Kühler ist im Stil des GT R so weit aufgerissen, dass einem Angst und Bange wird, wenn sich der im Rückspiegel breit macht.
Zwar gab es bislang keine E-Klasse, die so viel Lust aufs Selberfahren gemacht hat. Doch auch vor AMG machen die neuen Assistenzsysteme nicht halt. So haben sie in Affalterbach zwar auch eine Race-App entwickelt, mit der man seinen Fahrstil schulen und ein paar heiße Runden auf der Rennstrecke mit den Buddies in den sozialen Netzwerken teilen kann. Aber es gibt eben auch den Intelligent Drive aus der Großserie, mit dem man beinahe autonom über die Autobahn fahren kann. Vielleicht ist das gerade dann von Vorteil, wenn es im Terminplan mal wieder besonders knapp geworden ist. Nicht weil man damit schneller am Ziel wäre, sondern weil einen das vor teuren Knöllchen schützt. Und bei einem geschätzten Grundpreis von 100 000 Euro kann ja ein bisschen Sparsamkeit sicher nicht schaden.